Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Neuigkeiten zum Thema Telekommunikation und Breitband

Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon Meester Proper » 18.02.2011 20:03

Unter dem Titel "Marktversagen bei der Breitbandversorgung" hat die Fraktion DIE LINKE im Bundestag eine Kleine Anfrage gestellt, am 08.02.2011 ist hierzu eine Antwort eingegangen. Kernpunkt der Nachfragen betrafen das Thema Universaldienstleistung und die Bewertung der Bundesregierung dazu. So heißt es in Frage Nr. 15:

15. Wie begründet die Bundesregierung, dass „Mit Blick auf die außerordentlich gute Marktentwicklung und die vielfältigen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen (…) eine Ausweitung des Universaldienstes auf Breitbandanbindungen derzeit allerdings nicht zweckmäßig (ist), da hierdurch positive Ansätze gerade in der Fläche konterkariert würden.“ (siehe Bundestagsdrucksache 17/935)?

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Breitbandversorgung rasch erreicht werden wird. Bei der Ausweitung des Universaldienstes sind grundsätzlich auch mögliche negative Auswirkungen auf die Ausbauaktivitäten der Wirtschaft zu berücksichtigen. Derzeit stehen hinreichend Fördermittel zur Verfügung, mit denen nach entsprechenden Ausschreibungsverfahren in Gebieten, in denen Marktlösungen nicht realisierbar sind, Finanzierungslücken geschlossen werden können. Technologieneutrale Ausschreibungen wären auch im Falle einer Ausweitung des Universaldienstes durchzuführen. Insoweit brächten Universaldienstlösungen keine Zeitersparnis. Im Gegenteil würden sie Gebiete, in denen bei gemeinsamer Anstrengung aller Beteiligten Marktlösungen realisierbar sind, zu Subventionsgebieten machen, da kein Anreiz mehr für Eigenanstrengungen bestünde.
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon bkt » 18.02.2011 20:44

Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Breitbandversorgung rasch erreicht werden wird. Bei der Ausweitung des Universaldienstes sind grundsätzlich auch mögliche negative Auswirkungen auf die Ausbauaktivitäten der Wirtschaft zu berücksichtigen.

Mich würde mal interessieren, welche das sein sollen? :shock:

Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Derzeit stehen hinreichend Fördermittel zur Verfügung, mit denen nach entsprechenden Ausschreibungsverfahren in Gebieten, in denen Marktlösungen nicht realisierbar sind, Finanzierungslücken geschlossen werden können.

Und die Babies bringt der Klapperstorch. :lol:

Fördermittel setzen sich fast ausnahmslos aus einem Teil Finanzierung durch den Richtliniengeber (EU oder Bund) sowie reichlich Komplementärmittel der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften zusammen.

Spätestens wenn die Kommunen ihren Eigenanteil nicht "stemmen" können, hat sich's was mit "Fördermittel sind ausreichend da".

Und in den übrigen Fällen reichen die Fördermittel auch nur, wenn man den Ausbaustandard so niedrig ansetzte, dass möglichst viele Gebiete von vornherein aus der Förderung herausfallen, da sie schon "grundversorgt" sind.

Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Technologieneutrale Ausschreibungen wären auch im Falle einer Ausweitung des Universaldienstes durchzuführen. Insoweit brächten Universaldienstlösungen keine Zeitersparnis.

:?: :?: :?: :?:
Was für eine Zeitersparnis denn ?

Ein Universaldienst müßte EU-weit ausgeschrieben werden.
Beim Offenen Verfahren (Europaweite Ausschreibung) beträgt die Angebotsfrist (Abgabetermin) grundsätzlich mindestens 52 Tage (als Tage gelten alle Tage einschl. Feiertage, Sonntage und Sonnabende).

Das sind knapp 8 Wochen (=56 Tage).
Laut VOL § 19 beginnt die Zuschlagsfrist mit dem Ablauf der Angebotsfrist.
Die Zuschlagsfrist ist so kurz als möglich und nicht länger zu bemessen, als für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote benötigt wird.
Es ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist (Bindefrist).

Da geben wir doch mal ganz großzügig ein viertel Jahr zum"zügigen Prüfen und werten der Angebote" aus. Dann bin ich bei 5 Monaten von der Ausschreibung bis zum Zuschlag.

Also wenn das das einzige Problem wäre.
Das könnte man glatt noch abwarten. ;-)

Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Im Gegenteil würden sie Gebiete, in denen bei gemeinsamer Anstrengung aller Beteiligten Marktlösungen realisierbar sind, zu Subventionsgebieten machen, da kein Anreiz mehr für Eigenanstrengungen bestünde.

:?: :?: :?: :?:
Wie kommen die denn auf sowas ?
Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass wir uns die aktuellen Subventionsgebiete im ländlichen Raum (und auch in den Städten) alle nur einbilden :o

Also immer weiter nach dem Prinzip:
Gewinne privatisieren (->Aktionäre) - Verluste solidarisieren (->Steuerzahler)
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon bru62 » 18.02.2011 21:49

Ja, hier hat ein gewisser Dr. H. wieder tolle Antworten gefunden. Mein Favorit:

Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass Internetanschlüsse nicht in Zeit und Volumen begrenzt sein dürfen, etwa um Informationsfreiheit zu gewähren?
Nein.
Die Informationsfreiheit ist nach Auffassung der Bundesregierung durch die bestehenden Angebote für Internetanschlüsse gesichert.


Gruß
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Diskriminierungsfreies "Breitband für alle" wird es nur geben, wenn Menschen sich dafür engagieren.
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon bkt » 18.02.2011 22:52

13. In wie vielen Städten und Gemeinden wird der Ausbau des Breitbandnetzes
durch eine halb oder vollständig kommunale Gesellschaft unternommen
bzw. ist dies geplant (bitte einzeln auflisten)?
Der Bundesregierung liegt derzeit keine vollständige und belastbare Übersicht
von Unternehmen in kommunaler Trägerschaft, die den Breitbandausbau übernehmen,
vor.

So, so. Keine vollständige und belastbare Übersicht von Unternehmen in kommunaler Trägerschaft.
Und was ist mit den Unternehmen mit kommunaler Beteiligung? (z.B. mit Sacoin)
Und den seit Jahren bekannten Stadtwerken oder Stadtwerketöchtern? (z.B. Wilhelm Tel)

Und deshalb wird nicht etwa eine Auflistung der Gemeinden vorgelegt, die bereits bekannt sind, mit der Bemerkung, dass diese nicht abschliessend sei ...

Da hätten wir ja eine bessere Antwort liefern können. :roll:

Sie hätten auch schreiben können. "Wir haben keinen blassen Schimmer".
Diese Unkenntnis Ist zwar verzeihlich, den schliesslich gibt es dafür keine Meldepflicht. Daher müßte man alles mühsam selber recherchieren.
(Das Problem kennen wir zur Genüge)

Aber die Antwort ist absolut blaß.

Im Zweifel einfach mal hier im Forum recherchieren. :D
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon Nenunikat » 19.02.2011 20:50

Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Breitbandversorgung rasch erreicht werden wird.
...

Hierzu trifft Folgendes von bkt genau den Nagel auf den Kopf
bkt hat geschrieben:...
Fördermittel setzen sich fast ausnahmslos aus einem Teil Finanzierung durch den Richtliniengeber (EU oder Bund) sowie reichlich Komplementärmittel der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften zusammen.
Spätestens wenn die Kommunen ihren Eigenanteil nicht "stemmen" können, hat sich's was mit "Fördermittel sind ausreichend da".
...

Solange die verantwortlichen Politiker nicht begreifen, welchen weltfremden Murks sie hier weiterhin verzapfen, kann es einem nur noch Angst und Bange um die weitere Entwicklung der Breitbandversorgung werden...
...
Nebenbei:
Ein paar Wochen warten wäre für viele Betroffenen das geringste Problem, wo sie doch bisher schon länger als 10 Jahre auf eine vernünftige Breitbandversorgung warten mussten.
Antwort der Bundesregierung hat geschrieben:Im Gegenteil würden sie Gebiete, in denen bei gemeinsamer Anstrengung aller Beteiligten Marktlösungen realisierbar sind, zu Subventionsgebieten machen, da kein Anreiz mehr für Eigenanstrengungen bestünde.

Als wenn derzeit außerhalb der Ballungszentren überhaupt noch einen nennenswerter, "subventionsfreier" Ausbau erfolgen würde ...
bkt hat geschrieben:...
Gewinne privatisieren (->Aktionäre) - Verluste solidarisieren (->Steuerzahler)
...

... ach deshalb wechseln manche Politiker später in die Wirtschaft ... ;)
... - erleben was verhindert.
"Grenzen gabs gestern" - heute gibts Verhinderungen.
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon Meester Proper » 20.02.2011 18:22

Eine Stellungsnahme auf die Antwort der Bundesregierung durch MdB Johanna Voß gibt es hier (bisher nicht auf den Fraktionsseiten zu finden).
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Re: Bundestag: "Marktversagen bei der Breitbandversorgung"

Beitragvon Haupti76 » 09.03.2011 09:07

Ich hab da mal in Antwortschreiben vom BMWi gestöbert und folgendes gefunden.
Ich zitiere Herrn Jörg Hachmeyer im Schreiben vom 22.05.2009

Mit Blick auf den Umstand, dass heute ca. 2000 Kommunen nicht oder nicht zureichend versorgt sind, lässt sich trotz vieler Fortschritte Kritik in Einzelfällen nicht vermeiden, zumal mit der intensivierten öffentlichen Breitbanddebatte auch die Forderungen aus dem ländlichen Raum immer größer werden.

Lösungen "über Nacht" sind aber trotz der umfangreichen Anstrengungen aller Beteiligten nicht zu haben; realistisch ist weiterhin, dass wir das Flächendeckungsproblem (1 Mbit/s) gemeinsam mit dem Markt bis Ende 2010 lösen.


Wie realistisch das ist sehen wir ja heute. Weiter schreibt er:

Derzeit betrachten wir den Universaldienst als Option für eine Notlösung.


Dann ist diese Option doch heute anzuwenden, oder?
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