Hier der business-panorama.de - Artikel vom 02.05.2011 im Wortlaut:
Breitband für alle? Der Unmut wächst
"Breitband für alle" hieß es noch vor zwei Jahren aus den Mündern von Politikern und Netzbetreibern. Der flächendeckende Ausbau von schnellem Internet in ganz Deutschland lässt aber weiter auf sich warten. Der "Bundesverband Initiative gegen digitale Spaltung" (geteilt.de) hat jetzt zum wiederholten Mal seinen Unmut darüber geäußert und bezichtigt die Lobbyverbände der Wirtschaft VATM, Breko und Bitkom der bewussten kollektiven Abwehrhaltung. Nach Ansicht des geteilt.de-Sprechers Bernd Rudolph wolle die Wirtschaft offenbar nicht für den flächendeckenden Ausbau des deutschen Breitbandnetzes verantwortlich gemacht werden.
Grund für deren Aufregung sei wohl der außer von der FDP von allen im Bundestag vertretenen Parteien diskutierte Weg hin zu einer gesetzlich garantierten Breitbandversorgung für alle. Wie Telefon, Strom und Wasser sollte danach bald allen Bürgern der Zugang zum schnellen Internet ermöglicht werden - also ein sogenannter "Universaldienst", den geteilt.de bereits seit Jahren fordert.
Stattdessen versuche die Wirtschaft immer noch vergeblich, die digitale Spaltung vom Markt auflösen zu lassen. Doch auch zwölf Jahre nach dem Start der DSL-Vermarktung seien noch immer Millionen Haushalte un- oder unterversorgt. Seit einigen Jahren werde ohne Förderung fast gar nichts mehr ausgebaut. "Ein solches Marktversagen als Erfolgsmodell zu verkaufen, ist dreist", urteilt Rudolph.
Den Verweis auf Funktechnologien wie LTE (Mobilfunk der 4. Generation) lässt die Initiative dabei nicht gelten. Denn um diese Netze vor Überlastung zu schützen, würden die Volumen seitens der Betreiber begrenzt. Zudem dürften in den Funkzellen mit zehn Kilometern Durchmesser und hunderten Nutzern die Bandbreiten schnell deutlich unter die bei Anbietern so beworbene "bis zu"-Grenze absinken. Rudolph: "Mobilfunk ist kein Festnetzersatz und wird dies wohl auch nie sein. Die Unternehmen sollten aufhören, den Bürgern hier ein X für ein U vorzumachen."
Zumal der Ausbau der LTE-Netze offenbar sowieso nicht recht in die Gänge kommt. Nach Informationen des Fachmagazins "Computer Bild" gibt es den Mobilfunk 4G bisher nur bei der Telekom und Vodafone. E-Plus habe erst gar keine dieser Frequenzen ersteigert und O2 will seinen Ausbau erst Mitte des Jahres starten. Die Telekom hat erst 200 000 der avisierten 1,3 Millionen Haushalte mit LTE versorgt. Und dort, wo es LTE schon gibt, scheint die Realität den Kritikern Recht zu geben: Beim Telekom-Angebot "Call & Surf Comfort via Funk" etwa gibt es für knapp 40 Euro pro Monat bislang höchstens drei Megabit pro Sekunde - theoretisch verspricht die Technologie aber maximal 100 Megabit pro Sekunde. Zum Vergleich: Im DSL-Netz sind 16 Mbit/s bei der Telekom fünf Euro günstiger.
Auch der Vorwurf der Geschwindigkeitsdrosselung ab einer bestimmten monatlichen Datenmenge ist laut dem Magazin zutreffend: Flatrates ohne Limit gebe es via LTE weder bei Vodafone noch bei der Telekom. Zu guter Letzt bleibt das Problem der Monopolisierung: LTE im Gegensatz zu DSL sorgt dafür, dass es vielerorts keinen echten Wettbewerb zwischen Anbietern gebe und die Kunden deshalb auf Wohl und Wehe von Monopolisten wie der Telekom angewiesen seien.
Von der Politik fordern die Interessenvertreter der von digitaler Spaltung betroffenen Bürger, den jetzt eingeschlagenen Weg hin zum Universaldienst "konsequent weiter zu gehen". Das Internet sei heute gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Teilhabe und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, sagt Bernd Rudolph von geteilt.de. "Es muss allen Menschen, egal wo sie leben und arbeiten, in annähernd gleichem Maße zur Verfügung stehen. Alle probierten Wege, ohne gesetzliche Festlegungen zum Ziel zu kommen, sind gescheitert." (vm/cid)