Europabüro Erika Mann 1
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Europabüro Erika Mann
Odeonstr. 15/16
D – 30159 Hannover
Erika Mann
Mitglied des Europäischen Parlaments
Mittwoch, 5. März 2008
Betreff: Breitbandversorgung im ländlichen Raum
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den vergangenen Wochen wurde ich des Öfteren auf das Thema Breitbandversorgung im
ländlichen Raum angesprochen; deshalb möchte ich Ihnen diesbezüglich einige Hinweise
und Anregungen geben.
Darüber hinaus werde ich diese Thematik auch im Rahmen meiner "Europa Gespräche" in
der ersten Jahreshälfte 2008 in Hannover aufgreifen. Der Chef des Kabinetts von Frau Viviane
Redding (Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien), Herr Rudolf Strohmeier
hat zugesichert, dass er zu diesem Termin kommen wird. Sobald das genaue Datum
feststeht, werde ich Ihnen selbstverständlich eine Einladung zukommen lassen. Die Experten
der Deutschen Telekom für Fragen der kommunalen Versorgung im Breitbandbereich
haben mir ebenfalls zugesichert, dass sie gerne zu einem Termin nach Niedersachsen
kommen würden, um die Thematik vor Ort zu besprechen.
Sehr gerne können Sie mich jederzeit ansprechen. Ich verfüge über eine breite Kenntnis im
gesamten Telekommunikationssektor und möchte dazu beitragen, dass sich die Situation in
Niedersachsens ländlichen Regionen positiv verändert.
Mit freundlichen Grüßen
Erika Mann
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Breitbandversorgung im ländlichen Raum
"Weiße Flecken"
Der Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums weist eine Flächendeckung für Breitband
in Deutschland von 97,7% aus, wobei hier alle Möglichkeiten des Breitband-Empfangs, nicht nur
DSL, berücksichtigt sind! Dennoch gibt es nach wie vor so genannte "weiße Flecken" bei der Versorgung
mit Breitband.
Derzeit haben ca. 700 Gemeinden in Deutschland keine DSL. Hinzu kommen eine Reihe von
Gemeinden, in denen einzelne Ortsteile nicht angeschlossen sind; allerdings können in diesen
Regionen alternative Zugangsmöglichkeiten verfügbar sein
(
http://www.zukunft-breitband.de/Breitba ... bandatlas-2007-01,property=pdf,bereich=breitband__portal,sprache=de,rwb=true.pdf S. 34).
„Neues Handlungskonzept“ und „Umfrage“ zur Breitbandversorgung
Erstens: Die Deutsche Telekom und der Deutsche Städte- und Gemeindebund werden in wenigen
Wochen ein "Handlungskonzept" für den kommunalen Breitbandausbau veröffentlichen
und breit kommunizieren. Bereits vor der Veröffentlichung könnte ich Ihnen dazu, falls gewünscht,
einige Details zukommen lassen. Die Deutsche Telekom möchte zudem in jedem Bundesland zwei
Kreise als Pilotgebiete auswählen für eine Erfassung des weiteren Breitbandbedarfs und zur Untersuchung
der besten Anschlussmöglichkeiten (ein 100%iger Anschluss ist nicht geplant). Die
Entscheidung, um welche Kreise es sich handelt, ist noch nicht getroffen!
Zweitens: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Deutscher Landkreistag haben ein
Aktionsbündnis mit dem Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten
(VATM -
http://www.vatm.de) gebildet, um die so genannten "weißen Flecken" bei der Breitbandversorgung
zu beseitigen. Für das Frühjahr 2008 ist eine Umfrage über die Breitbandversorgung in den
Kommunen geplant.
Anhand des ermittelten Ergebnisses soll dann zusammen mit den Kommunen erörtert werden, wie
eine firmenneutrale Breitbandversorgung sichergestellt werden kann. Dabei werden auch Alternativen
zu den relativ schnellen Kabel- und DSL-Netzen in Betracht bezogen.
Ich möchte Ihnen empfehlen, den Fragebogen des Aktionsbündnisses auszufüllen; erst die umfassende
Überprüfung der Situation in Niedersachsen kann Auskunft darüber geben, in wie
weit und unter welchen Bedingungen öffentliche Investitionen sinnvoll sein werden. Keinesfalls
darf der Eindruck entstehen, dass die Breitbandversorgung eine reine Aufgabe der öffentlichen
Hand ist. Im Prinzip ist es Aufgabe der Unternehmen in Europa, eine Modernisierung ihrer Infrastrukturen
vorzunehmen. Selbstverständlich sollte dies nicht dazu führen, dass bereits eingeleitete
Aktionen unterbleiben, aber eine gewisse Rationalisierung der Planung kann durchaus sinnvoll
sein.
Ich möchte Ihnen auch noch aus einem anderen Grund empfehlen, den Fragebogen auszufüllen.
Die Deutsche Telekom nimmt neue Investitionen zur Errichtung des VDSL2- Glasfasernetzes vor.
Zurzeit hat sie 27 Städte (insgesamt 8,2 Mio. Haushalte) angeschlossen, bis Ende 2008 ist der
Anschluss weiterer 50 Städte geplant. Selbst dann, wenn dieser Zeitrahmen nicht vollständig einzuhalten
ist, ist bereits heute abzusehen, dass sich die Kluft in der Versorgung zwischen Land
und Stadt vergrößern wird. Hinzu kommt der Ausbau unabhängiger Glasfasernetze in Großstädten
wie etwa Hanse-Net in Hamburg, Net-Cologne in Köln oder M-Net in München. Dadurch nimmt
die Attraktivität von Städten weiter zu, die der ländlichen Regionen kann hingegen weiter abnehmen.
Dies ist eine ausgesprochen ungesunde Entwicklung, weil damit der ländliche Raum von
vielen neuen Entwicklungen nahezu ausgeschlossen bleibt. Ich habe die große Hoffnung, dass die
Befragung einen Impuls auslösen wird, diese Situation zu verändern. So könnte eine gute Analyse
auch darüber Aufschluss geben, welche Investitionen getätigt werden müssten, um Regionen an
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VDSL2-Glasfasernetze anzuschließen, sofern sie in der Nähe dieser Netze liegen. Offensichtlich
ergeben sich bei der Planung von VDSL2- Glasfasernetzen auch Hindernisse dadurch, dass in
den städteplanerischen Erwägungen die Einrichtung von Schaltkästen nicht ausreichend vorgesehen
ist.
Wie kann eine Breitbandversorgung flächendeckend gewährleistet werden?
Zuständig für die Versorgung mit Breitband sind im Prinzip die Unternehmen. Die Versorgung
sollte in erster Linie marktwirtschaftlichen Kräften folgen. Allerdings ist festzustellen, dass besonders
in ländlichen Räumen eine flächendeckende Versorgung nicht vorhanden ist. Aus diesem
Grund hat das Europäische Parlament beschlossen, dass eine finanzielle Förderung im Rahmen
der europäischen Regionalpolitik auch für diesen Bereich möglich sein soll. Die Chancen, die
sich für eine moderne Wirtschaft und Gesellschaft durch einen Breitbandanschluss ergeben können,
sollten allen Regionen in Europa eröffnet werden.
Niedersachsen wird aus den Europäischen Strukturfonds im Zeitrahmen zwischen 2007 und 2013
für alle Projekte insgesamt rund 2,5 Mrd. Euro erhalten. Eine Versorgung ländlicher Regionen mit
Breitband ist in einigen Fällen nicht allein mit privaten Mitteln zu ermöglichen, deshalb muss als
ultima ratio ein Zufluss durch öffentliche Mittel erwogen werden. Die "Richtlinie über die Gewährung
von Zuwendungen zur Förderung breitbandiger elektronischer Kommunikation" befindet
sich zurzeit noch im Abstimmungsverfahren in den niedersächsischen Ministerien. Zusätzlich
zu den bereit gestellten Fördermitteln müssen die Kommunen eine entsprechende Kofinanzierung
gewährleisten, damit eine Zuwendung dieses Betrages erfolgen kann. Die Notwendigkeit zur Kofinanzierung
wird einige Kommunen vor große Herausforderungen stellen. Die Haushaltslage der
Kommunen ist nach wie vor angespannt und die Kommunalaufsicht verweigert häufig ihre Zustimmung
bei Ausgabenplanungen, die nicht die Pflichtaufgaben einer Kommune umfassen.
Die niedersächsische Landesregierung sieht staatliche Beihilfen im Rahmen unternehmensnaher
Infrastrukturen vor. Mit deren Hilfe sollen Marktmängel in ländlichen und abgelegenen Gebieten
korrigiert werden. Die niedersächsische Landesregierung sieht in der Programmplanung der EUStrukturförderperiode
2007-2013 dieses vor. Dazu lautet das Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Zu
diesem Zweck wird in Osterholz-Scharmbeck das Breitbandkompetenzzentrum ins Leben
gerufen, das als erste Anlaufstelle für Landkreise dient, in denen die Breitbandanbindung bisher
nicht, bzw. unzureichend realisiert ist. Das Kompetenzzentrum soll als Informationszentrum
arbeiten. Es soll die jeweilige Situation analysieren und mit den Beteiligten nach Lösungen suchen.
Gleichzeitig sollen technische Alternativen zur klassischen T-DSL-Anbindung gefunden werden, da
diese zum Teil preiswerte Lösungen zulassen und zudem gute Versorgungsqualitäten ermöglichen.
Aktuelle europäische Diskussionen
Universaldienst
Die "Überarbeitung des Rechtsrahmens für Telekommunikation (TK)" beinhaltet auch einen
Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der geltenden Universaldienstrichtlinie
(2002/22/EG). Den derzeitigen Anwendungsbereich und den Begriff des Universaldienstes in der
EU lässt dieser Vorschlag allerdings unberührt, da diese Aspekte erst in einer getrennten Konsultation
erörtert werden sollen. Diese Konsultation wird mit der Veröffentlichung eines "Grünbuchs"
zu den Universaldiensten Ende 2008 beginnen.
Die Einrichtung eines Universaldienstes durch den Gesetzgeber gewährleistet eine Grundversorgung
im Telekommunikationsbereich; zurzeit ist der Breitbandbereich nicht eingeschlossen. In
Europa wird die Notwendigkeit der Ausdehnung des Universaldienstes im Breitbandbereich von
vielen in Zweifel gezogen, die Schweiz hat jedoch bereits diesen Weg eingeschlagen.
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Eine Ausdehnung des Universaldienstes auf Breitband wäre eine elegante Lösung, um eine
flächendeckende Versorgung in Europa zu gewährleisten. Im Rahmen der Überarbeitung des TKRechtsrahmens
werde ich mich dafür einsetzen, dass alle vernünftigen Möglichkeiten für eine Versorgung
mit Breitband im ländlichen Raum ausgeschöpft werden. Dazu gehört auch die Untersuchung
der Frage, ob die Anwendung des Universaldienstes auf den Bereitbandbereich in naher
Zukunft nicht möglich ist. Eine kostengünstige, effiziente und umfassende Versorgung sollte das
oberste Leitprinzip bei der Entscheidungsfindung sein.
Nach derzeitigem Stand ist eine Abstimmung zur "Überarbeitung des Rechtsrahmens für Telekommunikation"
im federführenden Industrieausschuss für Ende Juni 2008 geplant. Die Abstimmung
im Plenum soll bereits im Juli 2008 erfolgen. Der Zeitplan ist ambitioniert und meiner Meinung
nach nur mit großen Schwierigkeiten einzuhalten. Dabei rate ich dazu, Sorgfalt vor Schnelligkeit
zu stellen. Von dem Telekommunikationssektor hängen viele Arbeitsplätze ab, die durch einen
falschen Regulierungsrahmen gefährdet werden können. Für die Sozialdemokratische Fraktion bin
ich zuständig für den Bereich der Regulierungsbehörde.
Zur Überarbeitung des TK-Rechtsrahmens werden spätestens Mitte März 2008 umfangreiche Informationen
auf unserer Webseite veröffentlicht werden. Bereits heute finden Sie dort zahlreiche
Texte, die Ihnen einen guten Überblick über das Thema vermitteln.
http://erikamann.com/themen/aktuelleeur ... echnologieSpektrumvergabe
Die Versorgung mit Breitband wird im Rahmen der "Überarbeitung des Rechtsrahmens für Telekommunikation
(TK)" angesprochen. Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang
bereits im November 2007 Vorschläge zur Nutzung der so genannten "Digitalen Dividende" vorgelegt.
Danach soll das Funkfrequenzspektrum effizienter verwaltet werden, damit ein umfangreicherer
und leichterer Zugang zu Frequenzen hergestellt wird. Dadurch besteht auch die Möglichkeit,
frei gewordene Rundfunkfrequenzen für drahtlosen Breitbandanschluss zu nutzen.
Beispiele für diese Technik sind WiMAX und Mobilfunk. Ich bezweifle allerdings, dass diese Lösungen
für alle Regionen geeignet sind. Ein schneller Zugang kann durch WiMAX nicht automatisch
gewährleistet werden.
Breitband über Energienetze
Eine weitere, noch weniger verbreitete Möglichkeit zur Breitbandversorgung bieten Energienetze.
WiMAX hat wie gesagt den Nachteil, dass es nicht überall mit hohen Geschwindigkeiten funktioniert.
Die Technik des Einsatzes von Breitband über Energienetze ist in Europa noch nicht besonders
bekannt, in den USA allerdings bereits in einigen Regionen im Einsatz.
Ich selber bin seit geraumer Zeit mit einem Unternehmen im Gespräch, welches diese Breitbanddienste
über Energienetze anbietet. Die Technologie, die dabei zur Anwendung kommt ist denkbar
einfach. Damit die Geschwindigkeit stimmt, wird mit einem Glasfaserkabel eine Brücke zwischen
Energieträgern hergestellt. Der Anschluss zum Internet für den Verbraucher ist dann die Steckdose.