Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU)

Schreiben an die Verantwortlichen

Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU)

Beitragvon bru62 » 15.02.2009 18:41

Hier der Entwurf eines Schreibens an Herrn Freiherr von und zu Guttenberg:

Breitbandstrategie der Bundesregierung

Sehr geehrter Bundesminister von und zu Guttenberg,

gestatten Sie mir eingangs, Ihnen namens der Initiative gegen digitale Spaltung -geteilt.de- herzliche Glückwünsche zu Ihrer Ernennung zum Bundesminister auszusprechen. Wir verbinden dies mit der Hoffnung auf eine konstruktive Zusammenarbeit im Sinne der von der digitalen Spaltung der Gesellschaft betroffenen Menschen unseres Landes.

Ihnen ist das Problem sicher nicht unbekannt. Einem Bericht der Frankenpost vom 03.02.2009 konnten wir entnehmen, dass auch in Ihrem Heimatkreis Kulmbach-Land erheblicher Nachholbedarf bei der Versorgung mit Breitbandinternetanschlüssen besteht. Sicher stimmen Sie auch mit uns überein, dass ein schneller Zugang zum Internet heute immer mehr gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger sowie mit der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist. Auch das Europäische Parlament hat erst unlängst festgestellt, dass Breitband zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählt.

Trotzdem können noch immer mehrere Millionen Menschen in Deutschland nicht darüber verfügen. Für viele betroffene Orte und Ortsteile wird die Erschließung als nicht wirtschaftlich eingeschätzt. Der Markt versagt in diesen Regionen bereits seit Jahren. Die Menschen in den un- und unterversorgten Gebieten wissen oft nicht, wo sie mit ihrem Problem einen Ansprechpartner finden. Die Deutsche Telekom als erster Anlaufpunkt teilt lapidar mit, dass eine bessere Versorgung nicht möglich ist. Bürgermeister meinen oft, nicht zuständig zu sein. Selbst wenn sie das Problem erkennen, finden sie in den meisten Fällen keine Lösung. Nicht zuletzt ist die finanzielle Belastung der Kommunen meist derart angespannt, dass keinerlei Eigenmittel für die Inanspruchnahme von Förderungen aufgebracht werden können. Das Problem der Breitbandunterversorgung wird dann als nachrangig und weniger wichtig eingestuft. Da wundert es nicht, wenn wir immer wieder bei Betroffenen auf Resignation stoßen. Doch auch die Kinder dieser Menschen gehen in Schule, die wie selbstverständlich voraussetzt, dass Lernstoff im Internet recherchiert wird. Auch diese Menschen sollen sich aus meinungsbildungsrelevanten Quellen informieren, zu denen das Internet zweifelsohne längst gehört. Viele andere Beispiele können genannt werden. Was kann und sollte man also tun?

Es steht bestimmt außer Frage, dass der Thematik das erhöhte Augenmerk der Politik gelten muss. Die Bundesregierung hat das Problem offenbar erkannt und berät im Moment eine Strategie zur weiteren Vorgehensweise. Erste Verlautbarungen lassen allerdings Zweifel aufkommen, ob tatsächlich die richtigen Instrumente gewählt werden.

Für uns liegt der Schlüssel zu einer nachhaltigen Lösung in der Deklaration von Breitbandinternetanschlüssen als Universaldienst in der Telekommunikation. Es sind leider vor allem auch Vertreter Ihres Hauses, die dies strikt ablehnen. Dies findet nicht zuletzt im vom BMWi und Tk-Unternehmen erstellten „Strategiepapier Breitband der Zukunft für Deutschland“ seinen Niederschlag. Unsere Initiative hat zu den dort geäußerten Argumenten bereits ausführlich Stellung bezogen. Gleichwohl möchte ich Ihnen in der gebotenen Kürze einige Kernpunkte unserer Auffassungen darstellen.

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass die Aufnahme von Breitband als Universaldienst durchaus mit EU-Recht kompatibel ist. Die Diskussion innerhalb des Europäischen Parlamentes lässt darauf schließen, dass ohnehin über kurz oder lang eine europaweite Regelung zu erwarten ist. Es stünde der größten Wirtschaftsmacht Europas sicher gut zu Gesicht, hier nicht zu bremsen, sondern voranzuschreiten. Aber die Universaldienstrichtlinie lässt auch heute schon die Ausdehnung des Universaldienstes zu. Allerdings könnte man heute die Kosten nicht auf die Unternehmen umlegen. Der Staat müsste sie tragen. Doch stehen nicht im Konjunkturprogramm II Mittel für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur bereit? Wir gehen nach wie vor davon aus, dass diese Gelder dem Schließen der „weißen“ und „grauen Flecken“ dienen sollen.

Desweiteren behindert der Universaldienst den Wettbewerb nicht. Er bevorzugt auch per se keine spezielle Technologie. Wir gehen vielmehr davon aus, dass der Wettbewerb eher befördert wird. Denn um was geht es denn? Die Bundesnetzagentur würde die Unterversorgung eines Gebietes feststellen und mit einem Ausschreibungsverfahren Unternehmen zur Abhilfe aufrufen. Hier wird der Wettbewerb geradezu herausgefordert. Erst wenn kein Unternehmen bereit ist, die Versorgung sicherzustellen, würde der staatliche Zwang hinzutreten. Das ist es aber wohl, was die Unternehmen fürchten. Deshalb stehen sie dem Universaldienst ablehnend gegenüber und bringen ihre Lobbyverbände in Stellung.

Die Unterversorgung mit Breitband hat eine entscheidende Ursache nicht zuletzt in der schlechten Verfügbarkeit belastbarer Daten über den Versorgungsstand der Regionen. Der Breitbandatlas des BMWi basiert auf freiwilligen Angaben der Unternehmen. Über die Ungenauigkeit ist schon viel gesprochen und geschrieben worden. Auch wir wissen von etlichen Fehlaussagen dieses kostspieligen Projektes. Die Aufnahme von Breitband als Universaldienst würde die Bundesnetzagentur zur Marktbeobachtung verpflichten. Die unmittelbare Folge wäre die Verfügbarkeit verlässlicher Daten. Damit würde die Grundlage geschaffen für eine schnelle -auch wettbewerbliche- Erschließung unversorgter Gebiete.

Wenn von Universaldienst gesprochen wird, wird oft auf das Beispiel der Schweiz verwiesen und die dort als Untergrenze benannte Bandbreite als unzureichend benannt. Wir halten diese Untergrenze auch für überholt. Jedoch gibt es eben Millionen Menschen in Deutschland, die noch nicht einmal über ein solches Angebot verfügen können. Das ist der Unterschied. Außerdem kann und muss man regelmäßig über die Höhe dieser Untergrenze nachdenken und Anpassungen vornehmen. Das halten wir für selbstverständlich.

Breitband als Universaldienst würde bedeuten, dass jeder Mensch und jedes Unternehmen mindestens ein Angebot vor Ort vorfindet, ohne dass er sich erst intensiv mit verschiedenen Zugangstechnologien auseinander setzen oder selbst im Sinne bürgerschaftlichen Engagements aktiv werden muss. Es würde bedeuten, dass auf diesem Gebiet tatsächlich gleichwertige Lebensbedingungen bestehen. Es würde bedeuten, dass kein Ort über Standortnachteile bei der Niederlassung junger Menschen und von Unternehmen klagen müsste.

Es gibt also gute Argumente für die Aufnahme von Breitband als Universaldienst. Nicht zuletzt wird dies von einer Reihe von Experten ebenso gesehen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

unsere Auffassung ist es, dass die Lösung solcher die gesamte Gesellschaft betreffenden Fragen am besten gelingt, wenn Politik, Verwaltung und Bürger an einem Strang ziehen. Daher bieten wir Ihnen unsere Mitarbeit an. Wir sind zum Dialog bereit. Vielleicht können wir Sie dazu bewegen, sich mit unseren Argumenten auseinanderzusetzen und die Meinung in Ihrem Haus einer Revision zu unterziehen.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
______________
bru62
ehemals 2. Vorsitzender des Bundesverbandes Initiative gegen digitale Spaltung -geteilt.de- e. V.

Diskriminierungsfreies "Breitband für alle" wird es nur geben, wenn Menschen sich dafür engagieren.
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Re: Bundesminister v.u.z. Guttenberg

Beitragvon essig » 15.02.2009 19:17

wie immer perfekt. vor allem der hinweis auf die schlechte situation in seinem eigenen heimatkreis und dass es ausgerechnet seine mitarbeiter sind die die vermutlich einzige nachhaltig funktionierende lösung blockieren.

super ;)
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Re: Bundesminister v.u.z. Guttenberg

Beitragvon snapper11 » 15.02.2009 21:55

Da schließe ich mich gern an sehr gutes Schreiben und vor allem Sehr schnell auf die Personalsituation reagiert. Klasse
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FritzBox 7050 -Null Probleme- Seit 4.2.2010 FB 7270 = deutlich bessere Leitungswerte ! Seit 8.3.2010 Ram Profil mit max ca. 736 / 256 es schwankt mittlerweile stark. Angeblich VDSL Ausbau ab 4.Quartal 2015
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Re: Bundesminister v.u.z. Guttenberg

Beitragvon Söldner » 15.02.2009 23:43

jepp
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