Bär: Breitbandausbau Sache der Politik

Neuigkeiten zum Thema Telekommunikation und Breitband

Bär: Breitbandausbau Sache der Politik

Beitragvon bru62 » 30.03.2014 12:23

Die Versorgung mit Breitbandinternet gehört nach Aussage der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur Dorothee Bär zur "klassischen Daseinsvorsorge" und sei vergleichbar mit dem Kitaausbau in der letzten Legislaturperiode. Das sagte sie auf einer Veranstaltung der e-Plus-Gruppe am 20.03.2015. Der Konzern verbreitete dazu am 26.03.2014 auf portal-21.deeine Pressemitteilung. "In Deutschland gibt es keinen Ort, wo man kein Internet braucht.", wird Bär zitiert. Sie will die Wirtschaft für den Ausbau in die Pflicht nehmen, meint aber auch, dass eine Verlegung von Glasfaser bis "auf jedem Bauernhof und jede Hallig" unrealistisch ist. Sie befürwortet weiterhin eine Technologieneutralität, setzt auch auf Mobilfunk. Und sie will "keine staatlichen Netze". Am Rande wurde auch bekannt, dass Frequenzen nicht zwangsläufig versteigert werden müssen. Sie könnten auch mit entsprechenden Verpflichtungen verbunden an die Unternehmen abgegeben werden.

Gruß
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Re: Bär: Breitbandausbau Sache der Politik

Beitragvon spokesman » 30.03.2014 21:59

Frau Bär besucht eine e-Plus Veranstaltung und spricht sich für einen "möglichst" flächendeckenden Breitbandausbau aus und dieser soll natürlich stark vom Mobilfunk getragen werden. -> was hätte die gute Frau sonst sagen sollen, hat jemand von euch etwas anders erwartet? ich nicht.
Gleiches kann man über den Punkt der Frequenzvergabe sagen, Ausbauziele als Anreiz für Frequenzen? ehrlich?, das hat bei LTE ja bereits "perfekt" funktioniert.
Gern hätte ich von Frau Bär gehört was man aus der letzten Frequenzvergabe gelernt hat und wie man künftig Ausbauverpflichtungen effektiver einsetzen und umsetzen möchte - vllt. war sie in der letzten Legislatur noch nicht so im Thema, eine Entschuldigung ist das für mich aber nicht.

Bei dem nächsten Punkt kann man Frau Bär nur zustimmen.
MdB Bär hat geschrieben:Wenn es darum gehe, allen Menschen die gleichen Bildungschancen oder den Zugang zu neuen Technologien – etwa im Bereich der Medizin – zu ermöglichen, sei ein schneller Internetanschluss in Zukunft unverzichtbar.

Breitbandausbau als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Das in Zukunft kann man sicher Streichen, er ist heute und auch gestern unverzichtbar liebe Frau Bär.



MdB Bär hat geschrieben:Dorothee Bär wörtlich: „Dass die Frequenzen versteigert werden, ist nicht in Stein gemeißelt.“ Auch sei es denkbar, Einzelhaushalte an den Kosten des Anschlusses zu beteiligen, so wie das teilweise beim Zugang zur Wasserinfrastruktur der Fall sei. Eine Steuerfinanzierung sei hingegen nicht geplant.
Aha, ein Vergleich mit einem Wasseranschluss.
Passt mit dieser Aussage aber nicht ganz zusammen:
MdB Bär hat geschrieben:dass bis 2018 Glasfaser auf jedem Bauernhof und jeder Hallig liegt
Also doch kein Wasser oder Strom flächendeckend in Deutschland..

Mal ein Beispiel wie man viel, sehr viel Geld für wenig Menschen ausgeben kann und bekanntlich ausgeben muss.
Auf Helgoland wohnen 1370 Einwohner (Stand Ende 2012), mit dem Helgolandkabel sind sie an das Stromnetz angebunden. 53km Unterseekabel für 20 Mio Euro, rechnet euch mal die Kosten pro Haushalt aus. Ob jetzt jeder Haushalt für diese Kosten zahlen muss?

Scheinbar berechnen Gegner eines flächendeckenden Glasfaserausbaus die Gesamtausbaukosten und teilen diese durch die Haushalte die angebunden werden und auch zahlen. Diese setzen sich wie folgt zusammen (stark vereinfacht und ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
  • Zuleitung zum Ort
  • Verlegung im Ort durch alle/viele Straßen
  • Anbindung vom Straßenrand bis zum Haushalt
  • sonstiges
Wie wir auf unserer Jahreshauptversammlung gehört haben wird der Bürger an den Kosten vom Straßenrand bis zum Haus oft mit ins Boot genommen (egal ob Wasser, Strom, Telefon etc.).
Bei FTTH legt man das Gesamtprojekt so um, dass die Gesamtinvestition pro Haushalt durchschnittlich x-Euro kostet. Bei Strom und Wasser gibt es das freilich auch, hier müssen EVU und Zweckverbände natürlich langfristig kalkulieren.

Am Ende steht ein Strom- oder Wasseranschluss mit 500 EURO einem Breitbandanschluss mit 3800 EURO (auf dem Land) gegenüber (aus Bürgersicht).

Man muss die Frage stellen, ob man in den 90er Jahren ein flächendeckendes, elektrisches Kommunikationsnetz brauchte, wollte, gebaut und betrieben hat und ob man heute ein flächendeckendes, Kommunikationsnetz auf Glasfaserbasis braucht, bauen und betreiben möchte.

Die Regierung will dies scheinbar nicht, da kann man Berechnungen drehen wie man will, es findet sich immer ein Grund gegen ein solches flächendeckendes Netz.
Man bringt Totschlagargumente wie Kosten und Technologieneutralität.

Technologieneutral wäre für mich wenn bei mir eine Glasfaser im Haus neben der alten Kupferader liegt und mein Telefon 4G anzeigt. Wie unsere Politik und Wirtschaft dieser Forderung entgegnet ist schnell erklärt: Kosten.

Technologieneutralität geht eben nur so weit wie der Geldbeutel reicht. Da wir in diesem System nie wissen werden wie dieser Geldbeutel eigentlich beschaffen ist (da es ihn für den Breitbandausbau gar nicht gibt) kann eine flächendeckende Versorgung nie realisiert werden.

Förderprogramme scheinen vor diesem Hintergrund, wie ein Gießkanne halb voll mit etwas Taschengeld eine sehr "verstreute" Linderung zu schaffen.

Schau ich in meine Gemeinde liegen jetzt zwischen 5 von 18 Orten Glasfaserkabel, es wurde mit Fördermitteln ausgebaut, die Gemeinde musste selbst investieren - da Fördermittelquote "nur" 90%.
Für eine Gemeinde die seit 2009 6% der Einwohner verloren hat und seit 1990 einem noch höheren Abwanderungstrend unterlegen ist, sind derartige Aktionen ein wahrer finanzieller Kraftakt.

Anhand der eben geschilderten Quote an Glasfaserinfrastruktur in meiner Gemeinde kann man gut erkennen, dass die Breitbanderschließung zwar finanziell schmerzt doch die Gemeinde dadurch nicht vom Schuldenberater besucht wird.

Nehme ich Frau Bär beim Wort und freue mich über eine Kindergartenplatzgarantie fangen spätestens jetzt finanzielle Probleme der Gemeinden an, zumindest in Thüringen. Thüringen war mit unter den ersten Bundesländern in welchem Kindertagesplätze gesetzlich garantiert wurden. Jetzt arbeiten konservativ gerechnet über 60% der Beschäftigen der Gemeinde im Kindergarten, neues Personal musste eingestellt werden, finanziert durch die Gemeinde. Die Thüringer Gemeinden riefen nach finanzieller Unterstützung vom Land - was meint ihr was jüngst passierte? Richtig, das Land holt wieder die Gießkanne raus.

Ich freue mich schon bald in einer Gemeinde zu wohnen in der keine Verwaltung oder Gemeinderat über Finanzen entscheidet, dies wird dann von Vorschriften und "externen Verwaltern" übernommen. Der Kindergartenplatz wird dann 200 EURO im Monat kosten, gut kein Problem für den starken Thüringer Mittelstand, welcher für unter 5 EUR die Stunde für 5 Stunden am Tag die Waren der ersten Welt in die Regale räumt. Ihr merkt schon in unserem Land, nein besser in unserer Gesellschaft bröckelt es..

Mit nachdenklichen Grüßen einen schönen Start in die neue Woche x/
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Re: Bär: Breitbandausbau Sache der Politik

Beitragvon bru62 » 31.03.2014 09:46

Starke Worte. Vielen Dank. Und du hast absolut Recht.

Gruß
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