Auch der BREKO meldet sich zum Thema mit folgender Pressemitteilung vom 16.10.2013 zu Wort:
VDSL Vectoring im BREKO-Labortest: Ergebnisse sind vielversprechend
Paralleler Betrieb mit bestehenden ADSL-Anschlüssen ohne weiteres möglich
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) hat einen Labortest zum Einsatz von VDSL Vectoring durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. In dem Testverfahren hat der Verband, in dem sich ein Großteil aller Festnetz-Wettbewerber der Deutschen Telekom zusammengeschlossen haben, untersucht, wie leistungsfähig die Vectoring-Technologie ist, wie sie in der Praxis eingesetzt werden kann und ob es zu Problemen bei der gemeinsamen Schaltung mit „klassischen“ ADSL-Anschlüssen im selben Leitungsbündel kommt.
Mit dem Vectoring-Verfahren wird der Effekt des Übersprechens zwischen den verschiedenen Leitungen in einem Bündel weitgehend eliminiert. Dieser Prozess verlangt eine hohe Rechenleistung in den derart aufgerüsteten DSLAMs. Das System errechnet für jede einzelne Kupfer-Doppelader eines Bündels die jeweiligen Störeinflüsse und sendet neben dem eigentlichen Nachrichtensignal ein abhängig von den errechneten Störeinflüssen erzeugtes Gegensignal in die jeweilige Doppelader. Hierdurch wird nahezu eine Eliminierung der durch Übersprechen entstehenden Störsignale erreicht.
Vectoring unterliegt jedoch bestimmten technischen Restriktionen. Zum einen bleibt die Dämpfung der Leitung ein limitierender Faktor – das heißt, der Vectoring-Effekt auf der Kupferleitung nimmt ab einer Leitungslänge von etwa 500 Metern deutlich ab und ist ab einer Leitungslänge von 700 bis 800 Metern praktisch nicht mehr feststellbar. Vectoring ist daher nur vom Kabelverzweiger (KVz) aus sinnvoll einsetzbar und setzt voraus, dass der KVz per Glasfaser beziehungsweise Richtfunk an das Backbone-Netz angebunden ist.
Der Vectoring-Labortest des BREKO wurde an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) unter wissenschaftlicher Leitung des renommierten Experten Prof. Dr.-Ing. Kristof Obermann durchgeführt. Die Projektleitung hatte die Chemnitzer Tele-Kabel-Ingenieurgesellschaft (TKI). Als Endgeräte wurden handelsübliche VDSL-Modems samt spezieller Vectoring-Firmware eingesetzt, die DSLAM-Hardware stammte von der Hannoveraner Firma Keymile. Für die Kompatibilitäts-Tests mit ADSL-Anschlüssen kamen verschiedene DSL-Modems von TP-Link, D-Link sowie Arcor in Verbindung mit einem DSLAM von Alcatel-Lucent zum Einsatz.
Die wichtigsten Ergebnisse des BREKO-Labortests:
1. Selbst bei einem voll beschalteten Kabelbündel mit 50 Kupfer-Doppeladern (die Deutsche Telekom erlaubt in der Praxis eine maximale Beschaltung von 50 Prozent wegen der Übersprechen-Problematik) sind bei Kabellängen bis 800 Metern Datenraten von 50 MBit/s im Downstream realistisch.
Das gilt auch bei Aktivierung der Funktion „Downstream Power BackOff“ (DPBO). Diese wird eingesetzt, um die Sendeleistung der am Kabelverzweiger eingespeisten VDSL-Signale soweit abzusenken, dass andere (DSL-)Signale im Kabelbündel (ADSL / SDSL) nicht negativ beeinflusst werden.
2. Beim Einsatz von VDSL2-Vectoring mit DPBO werden bestehende ADSL-Anschlüsse nicht stärker beeinflusst als durch reguläre VDSL-Anschlüsse. Die Datenraten der ADSL-Leitungen waren mit und ohne Einsatz von VDSL Vectoring etwa vergleichbar.
3. Umgekehrt konnten im BREKO-Labortest bei aktiviertem DPBO auch keine Störeinflüsse durch bestehende ADSL-Systeme festgestellt werden. Die Datenraten der VDSL-Anschlüsse blieben auch im Falle parallel geschalteter ADSL-Anschlüsse in etwa gleich.
Professor Obermann: „Die im Labortest ermittelten Ergebnisse können je nach vorhandener Netzstruktur (z.B. unterschiedliche Kabel- / Aderdurchmesser, Anzahl von Stoßstellen, z.B. Muffen) abweichen. Dennoch zeigt unser Test, dass Vectoring in der Praxis wohl ohne nennenswerte Probleme eingesetzt werden kann.“ Der BREKO plant daher gemeinsam mit seinen Mitgliedsunternehmen die Durchführung eines Feldtests, um die bislang gewonnenen Ergebnisse zu festigen und weitere Erkenntnisse zum Einsatz der Vectoring-Technologie zu erlangen.
Vectoring ist kein Allheilmittel – und kann einen Glasfaserausbau nicht ersetzen
BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers betont unterdessen, dass VDSL Vectoring kein Allheilmittel für die Versorgung „weißer Flecken“ oder für die Erreichung der Breitband-Ziele der Bundesregierung (u.a. 50 MBit/s für alle Haushalte bis zum Jahr 2018) darstellt. „Vectoring ist eine gute Technologie, wenn sie dort eingesetzt wird, wo es Sinn macht. Bei hohen Leitungslängen, wie es gerade in ländlichen Regionen oft der Fall ist, brauchen wir aber Glasfaser-Netze, wie sie unsere Mitgliedsunternehmen auch bauen.“
Vectoring reizt die bestehende Kupfer-Infrastruktur weiter aus – kann einen Glasfaserausbau bis zum Endkunden (FTTB / FTTH) aber nicht ersetzen. Der BREKO sieht in Vectoring daher eine sinnvolle Übergangstechnologie, um die Bandbreiten vor allem bestehender Anschlüsse weiter zu erhöhen.
Das Vorgehen der Deutschen Telekom, die Vectoring derzeit vor allem auch in ländlichen Regionen als Mittel der Wahl bewirbt, hält BREKO-Geschäftsführer Albers für unseriös – insbesondere in Fällen, in denen der Bonner Ex-Monopolist erst dann aktiv wird, wenn seine Mitbewerber einen (Glasfaser-) Ausbau ankündigen.
Albers: „Wir stellen aktuell in einer ganzen Reihe von Fällen fest, dass die Telekom verstärkt auf Städte und Gemeinden zugeht, in denen bereits Carrier des BREKO in den Breitband-Ausbau investieren. Andere unterversorgte Gebiete lässt die Telekom hingegen links liegen.“