LR Erich Pipa Landkreis Main-Kinzig-Kreis

[dachscher]

Breitbandversorgung im Landkreis Main-Kinzig-Kreis

Sehr geehrter Herr Pipa,

Das Internet durchdringt mittlerweile alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Der Zugang ist somit für die Bürgerinnen und Bürger eine Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe und entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit Gewerbetreibender. Dabei hat sich Breitband zum Standard unter den Netzzugängen entwickelt. Eine sinnvolle Nutzung des Internets zu erschwinglichen Preisen ist in zunehmendem Maße nur mit einem Breitbandanschluss möglich.

Die Bundesregierung hat das Problem inzwischen erkannt und versucht, gegenzusteuern. Allerdings muss festgestellt werden, dass der bevorzugte Weg einer Regelung über den Markt zunehmend an seine Grenzen stößt. Kann man in bisher komplett unversorgten Kommunen kaum noch eine rentable Lösung finden, so wird der Ausbau von Versorgungslücken (von denen es sehr viele gibt) wohl auf absehbare Zeit für kein Unternehmen wirtschaftlich sein. Hier helfen offenbar auch keine geförderten Studien. Die Betroffenen kommen sich zehn Jahre nach dem DSL-Vermarktungsstart inzwischen vergessen und verlassen vor. Ein häufig anzutreffendes Symptom ist daher Resignation. Hinzu kommt, dass nach unseren Beobachtungen Bürgermeister und Verwaltungen mit dem Thema oftmals überfordert sind. Für Studien und Joint Venture stehen selten die erforderlichen Eigenmittel zur Verfügung.

Als größte bundesweite nichtkommerzielle Initiative setzt sich geteilt.de seit nunmehr mehr als 3 Jahren für eine flächendeckende, faire und ungetaktete Breitbandversorgung in Deutschland ein. Die stetig wachsende Zahl unserer Mitglieder, mittlerweile über 3000, ist ein deutliches Zeichen für die Notwendigkeit, das Thema Breitbandversorgung offensiv anzugehen.
Hierzu möchten wir Ihnen einige Fragen stellen, die wir mit der Antwort auf der Homepage unserer Initiative veröffentlichen werden. Alternativ besteht für Sie auch die Möglichkeit, die Antwort selbst unter viewtopic.php?f=517&t=7209 online zu stellen.

1. Welchen Stellenwert messen Sie einer flächendeckenden Versorgung mit Breitbandinternetanschlüssen, insbesondere hinsichtlich der Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe und der Schaffung von Arbeitsplätzen zu?
2. Welchen Standpunkt vertritt der Landkreis beim Breitbandausbau im Bezug auf Dringlichkeit und Notwendigkeit?
3. Erhält der Landkreis ausreichende Informationen von der Landesregierung über Fördermöglichkeiten? Wie sieht die Unterstützung durch das Land und den Bund aus?
4. Welche Rückmeldungen kommen von den Kommunen und welche Unterstützung erhalten diese vom Landkreis?
5. Bestehen die Möglichkeiten und die Einsicht in die Notwendigkeit, eine Anlaufstelle für betroffene Bürger, Initiativen, Unternehmen und Kommunen zu schaffen, welche als Informationsplattform für Ausbaupläne, Ausbauprogramme und Ausbaufortschritte fungiert?
6. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt der Landkreis, um die weißen Flecken zu schließen?
7. Welche Unterstützung würden Sie sich seitens der Landes- und Bundesregierung wünschen? Was sollte ggf. anders gemacht werden?
8. Unsere Initiative setzt sich für eine gesetzlich garantierte Grundversorgung in Form der Aufnahme von Breitbandanschlüssen in den Katalog der Telekommunikationsuniversaldienste ein. Teilen Sie unsere Auffassung?

Wir würden uns freuen, wenn wir neben der Antwort auf unsere Fragen auch dauerhaft einen Meinungsaustausch führen könnten. Es entspricht unseren Erfahrungen, dass Probleme am besten gelöst werden können, wenn Politik, Wirtschaft und Bürger gemeinsam handeln. Insofern sollten Sie unser Schreiben auch als eine Möglichkeit sehen, offensichtlichen Problemen bei der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung auf den Grund zu gehen.

In diesem Sinne verbleiben wir in der Hoffnung auf baldige Antwort

mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag der Initiative gegen digitale Spaltung geteilt.de
Rene Regel
Nonnengasse 2
99100 Dachwig

www.geteilt.de

[dachscher]

Folgende Zwischeninfo ging heute per Mail ein:

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben Ihre E-Mail an das Büro des Landrates weitergeleitet.

Mit freundlichem Gruß
i.A.

Maren Müller

Bürgerportal
Ihre Serviceadresse im Main-Kinzig-Forum
Barbarossastr. 24
63571 Gelnhausen

[dachscher]

Folgende Antwort ging am 27.07.2009 per Mail ein:

Sehr geehrter Herr Regel,
sehr geehrte Damen und Herren,

haben Sie vielen Dank für Ihre Mail vom 12. Juli 2009.

Als größter Kreis Hessens messen wir dem Ausbau einer flächendeckenden Versorgung Priorität bei. Das sind keine Lippenbekenntnisse, sondern wir unterstützen die Bürgerinnen und Bürger ganz konkret. Gemeinsam mit den Kreiswerken Main-Kinzig haben wir erste Pilotprojekte gestartet, die bisher un- oder unterversorgte Gebiete besonders im ländlichen Raum erreichen.

Das Breitband-Internet sorgt für neue Märkte und Angebote, für wirtschaftliches Wachstum, neue Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Qualität von Informationen. Breitband-Internet erhöht die Effizienz von Geschäftsprozessen und öffnet für Existenzgründer und den Mittelstand den Zugang zu einem weltweiten Absatzmarkt.

Ein Beispiel aus dem täglichen Alltag eines kleinen mittelständischen Betriebes: Der KFZ-Lackierbetrieb steht in ständigem Kontakt mit Versicherungen, Händlern und Zulieferern. Der Datenaustausch kann – schon alleine wegen der Schnelligkeit – nur über den Computer funktionieren. Wenn dieser Betrieb keine Breitbandlösung bekommt, kann die Arbeit weder schnell genug für den Endkunden, noch betriebswirtschaftlich darstellbar für die Firma geleistet werden.

Leider gibt es auch im Main-Kinzig-Kreis noch viele weiße Flecken in der Breitbandversorgung. Derzeit herrscht sowohl hinsichtlich der Versorgungslage als auch hinsichtlich der Angebote der verschiedenen Anbieter eine mangelnde Transparenz. Das muss sich ändern. Insbesondere in den eher ländlich strukturierten Teilen des Main-Kinzig-Kreises zeichnet sich eine immense Unterdeckung der Haushalte mit breitbandigen Telekommunikationslösungen ab. Die Telekom leistet keine flächendeckende Arbeit und investiert nur geringfügig in ländlichen Gebieten. Lange Zeit waren Gespräche mit der Telekom und Verhandlungen über kommunale Beteiligungen die einzige viel versprechende Möglichkeit breitbandige Angebote zu bekommen.

Das hat sich zum Glück geändert. Der Main-Kinzig Kreis ist bekannt dafür, dass wir nicht nur nach Wiesbaden oder Berlin schielen und auf Hilfe warten, bis etwas getan wird. Es ist uns fremd, untätig dazusitzen und zu warten, bis uns von anderswo Lösungen auf dem Tablett serviert werden. Wir sind als Landkreis aktiv, wir müssen uns in der kommunalen Familie, mit den Städten und Gemeinden, aber auch mit den Unternehmen, mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Verbänden und Vereinen zusammen tun. Nur von hier aus können wir etwas erreichen. Es ist nicht damit getan Gelder bereit zu stellen, wie das oftmals von Bundes- oder Landesebene getan wird, um vor allem vor Wahlen gut da zu stehen. Nein, in der Region ist am Besten bekannt, wo welche Technologie den meisten Sinn für die Verbraucher macht. In der Region ist auch das Wissen vorhanden und die Akzeptanz, die Dinge schnell, pragmatisch und vor allem kostengünstig umzusetzen.
In punkto Breitbandversorgung zeigt das unsere Initiative der Gründung des Unternehmens Versorgungsservice GmbH in den Kreiswerken Main-Kinzig. Die Kreiswerke Main-Kinzig sind eine Tochter des Main-Kinzig Kreises, und als kommunal Verantwortliche haben wir der neuen GmbH ins Stammbuch geschrieben, dass auch die Unterstützung der Breitbandanbindung ein wichtiger Unternehmensbaustein sein muss. Die Versorgungsservice Main-Kinzig GmbH bietet von der Beratung für Kommunen bis hin zu schnellen Internetlösungen für Gewerbeparks und Unternehmen alle Dienstleistungen rund um die breitbandige Versorgung bisher nicht oder unterversorgter Gebiete an. Die Versorgungsservice Main-Kinzig GmbH veranstaltet mit Kommunen gemeinsam Bürgerinformationen, übernimmt die Koordination der Projekte und steht mit Informationen auch den interessierten Bürgern zur Seite. Das ist unsere Art, Probleme anzugehen.

Wir haben in den letzten Monaten einige Projekte in Zusammenarbeit mit den Kommunen gestartet. So ist zum Beispiel ein Gewerbepark, der vorher nahezu keine Anbindung an Internetdienstleistungen hatte, in der Zwischenzeit mit einem breitbandigen Angebot versorgt. Die Kreiswerke Main-Kinzig, der Landkreis, die Kommune und selbstverständlich auch die Unternehmer haben hier gemeinsam informiert, diskutiert, aber am Ende eben auch gemacht.

Ich will mich noch einmal deutlich ausdrücken: Das schnelle Internet ist ein wesentlicher Standortfaktor für die Unternehmen geworden und spielt auch für die Ausweisung neuer Bau- und Gewerbegebiete in den Gemeinden eine immer wichtigere Rolle. Der Breitband-Zugang ist inzwischen unverzichtbarer Teil der Basis-Infrastruktur einer Region. Die Versorgung des Ländlichen Raums mit den Dienstleistungen der Neuen Medien stellt für die Kommunalpolitik eine äußerst wichtige Zukunftsaufgabe dar. Entfernungsbedingte Nachteile müssen abgemildert und zum Beispiel gerade kleinen und mittleren Unternehmen die Chance eröffnet werden, im schwieriger werdenden Wettbewerb mitzuhalten, Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Insofern ist die Forderung nach einer gesetzlichen Verankerung in unserem Technologiezeitalter sinnvoll und nachvollziehbar.

Mit freundlichen Grüßen


Erich Pipa
Landrat

[bru62]

Jawoll. Von der Sorte müssten alle Landräte sein.

Gruß

[Haupti76]

Der letzte Satz gefällt mir am Besten

[dachscher]

Ich denke mal, das ist der erste Landrat, der es wirklich und ganz deutlich auf den Punkt gebracht hat.
Haupti hat es ja schon gesagt, der letzte Satz ist für uns natürlich Musik in den Ohren. Aber auch andere Aussagen finde ich echt Klasse:

Der Main-Kinzig Kreis ist bekannt dafür, dass wir nicht nur nach Wiesbaden oder Berlin schielen und auf Hilfe warten, bis etwas getan wird. Es ist uns fremd, untätig dazusitzen und zu warten, bis uns von anderswo Lösungen auf dem Tablett serviert werden.

Oder auch:

Es ist nicht damit getan Gelder bereit zu stellen, wie das oftmals von Bundes- oder Landesebene getan wird, um vor allem vor Wahlen gut da zu stehen.

Leider haben wir auch von vielen Landkreisen bisher nichts gehört. Immerhin sind bereits 197 Landkreise angeschrieben worden.

[essig]

wirklich beeindruckend.