"Breitbandinternet für alle Europäer": Kommission stößt Diskussion über die Zukunft des Universaldienstes an
Wie kann die EU erreichen, dass alle Europäer von Nordfinnland bis Süditalien und von Westirland bis Ostrumänien Zugang zum Breitbandinternet haben? Das ist die Hauptfrage eines heute von der Kommission vorgelegten Berichts. Von 2003–2007 hat sich die Breitbandnutzungsrate in der EU auf nun 36 % der Privathaushalte verdreifacht. Dennoch haben 7 % der europäischen Bevölkerung noch keinen schnellen Internetzugang (in ländlichen Gebieten: 30 %). Es gibt dabei bedeutende Unterschiede innerhalb der EU: Dänemark, Luxemburg und Belgien können einen Versorgungsgrad von 100 % vorweisen, während in Rumänen noch über 60 % der Einwohner ohne Breitbandzugang sind (auf dem Lande sogar 75 %). Auch in wirtschaftsstarken Ländern wie Italien und Deutschland sind 18 % bzw. 12 % der Landbevölkerung noch nicht an ein Breitbandnetz angeschlossen. Angesichts der Tatsache, dass der Breitbandzugang eine immer größere Rolle im Lebensalltag spielt, sollten politische Entscheidungen auf Gebieten wie Frequenzverwaltung und Satellitenmobilfunkdienste von einer breit angelegten öffentlichen Diskussion über den Universaldienst in der Telekommunikation begleitet werden. Der Universaldienst dient als ein Sicherheitsnetz, das bestimmte Mindestdienste wie den Anschluss an ein Telefonnetz und einen einfachen Internetzugang garantiert, falls die Marktkräfte diese Grundbedürfnisse nicht erfüllen.
„Das Hochgeschwindigkeitsinternet ist der Schlüssel zur Informationsgesellschaft und eine entscheidende Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum. Deshalb hat sich die Kommission das politische Ziel gesetzt, dass bis 2010 alle Europäer Zugang zum Breitbandinternet haben“, sagte die für Telekommunikationsfragen zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding. „In den letzten vier Jahren ist schon viel erreicht worden, und Neuentwicklungen wie die Satellitenbreitbandtechnik sind gut vorangekommen. Wir können uns auch darüber freuen, dass die acht besten EU-Länder bei der Breitbandeinführung deutlich vor den USA liegen. Aber Breitbandseinführung setzt Anschlüsse voraus, und die fehlen noch in einigen Teilen der EU. Wir müssen daher unsere Anstrengungen verstärken, damit alle Bürger bald ihren schnellen Internetzugang bekommen.“
Die Kommission hat heute einen Bericht veröffentlicht, in dem sie darlegt, dass die meisten EU-Bürger dank wettbewerbsbestimmter Breitbandmärkte heute über einen erschwinglichen Breitbandinternetzugang verfügen. Um das Ziel „Breitband für alle“ zu erreichen, sind aber noch weitere Anstrengungen notwendig. Die EU fördert bislang die Breitbandtechnik in dreifacher Weise:
Telekommunikationsvorschriften für mehr Wettbewerb und Investitionen. In Europa gab es im Januar 2008 nahezu 100 Millionen Breitbandanschlüsse. Bei täglich 52 000 Neuanschlüssen im Jahr 2007 beträgt die Zuwachsrate 20 % (IP/08/460). In der vergangenen Woche veröffentlichte die Kommission weitere Grundsätze für die Regulierung, die den Wettbewerb und die Investitionstätigkeit im Bereich der Glasfasernetze vorantreiben sollen (IP/08/1370).
Ein neues System zur Förderung der Satellitenmobilfunkdienste, die in der gesamten EU Breitbandverbindungen per Satellit ermöglichen, wurde in diesem Sommer aufgebaut. Für die Genehmigung solcher Dienste haben das Europäische Parlament und der Rat ein einheitliches Verfahren geschaffen: anstelle von 27 Einzelverfahren brauchen Satellitenmobilfunkbetreiber nun nur einen einzigen Antrag bei der Kommission zu stellen (IP/08/1250).
Im November 2007 unterbreitete die Kommission Vorschläge für eine Frequenzverwaltungsreform, die darauf abzielt, Ressourcen für neue drahtlose Dienste bereitzustellen (IP/07/1677). Die Vorschläge wurden am 24. September 2008 vom Europäischen Parlament weitgehend gebilligt (MEMO/08/581). Wenn nun auch der Rat dieser neuen Form der Frequenzverwaltung zustimmt, kann die „digitale Dividende“ – d. h. die Funkfrequenzen, die dank Umstellung vom analogen auf das digitale Fernsehen frei werden – nicht nur für neue Digitalfernsehkanäle, sondern auch für neue drahtlose Breitbanddienste genutzt werden.
In dem heute vorgelegte Kommissionsbericht wird auch die Frage gestellt, ob die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichen oder ob über eine neue Universaldienstverpflichtung nachgedacht werden sollte.
Ferner wird im Bericht ein starker Anstieg der Zahl der Europäer, die ein Mobiltelefon haben, festgestellt. Seit dem Amtsantritt der derzeitigen Kommission ist die Mobilfunknutzungsrate von 85 % auf 112 % gestiegen. „Diese Zahlen stellen das große Vertrauen der Mobilfunknutzer in die Gesundheit der europäischen Mobilfunkbranche unter Beweis“, erklärt EU-Kommissarin Viviane Reding. „Sie zeigen, dass es derzeit nicht notwendig ist, den Mobilfunkbetreibern Universaldienstverpflichtungen aufzuerlegen – auch wenn einige ihrer Lobbyisten dieser Tage versuchen, uns durch Negativbotschaften vom Gegenteil zu überzeugen.“
Hintergrund: Gemäß der EU-Universaldienstrichtlinie von 2002 bedeutet Universaldienst, dass die Bürger Anspruch auf einen Anschluss an das öffentliche Telefonnetz an einem festen Standort, auf Zugang zu öffentlichen Telefondiensten für die Sprach- und Datenkommunikation sowie einen funktionalen Internetzugang haben. Darüber hinaus schreibt die Richtlinie vor, dass den Verbrauchern Telefonauskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, öffentliche Münz- und Kartentelefone sowie besondere Einrichtungen für Behinderte zur Verfügung stehen müssen. Die Kommission muss den Anwendungsbereich der Universaldienstrichtlinie alle drei Jahre überprüfen (IP/05/594, IP/06/488). In dem heutigen Bericht werden das Europäische Parlament, der Ministerrat und die nationalen Regulierungsbehörden, aber auch Telekommunikationsunternehmen, Verbraucherverbände und die Bürger aufgerufen, sich aktiv an der Diskussion über die Verwirklichung des „Breitbandzugangs für alle“ in der EU zu beteiligen. Die eingehenden Beiträge werden in eine Mitteilung der Kommission, die für die zweite Jahreshälfte 2009 geplant ist, und gegebenenfalls 2010 in entsprechende Gesetzgebungsvorschläge einfließen.
Das Europäische Parlament stimmte gestern für Vorschläge der Kommission zur Stärkung anderer Nutzerrechte, die durch die Richtlinie garantiert werden: das Funktionieren des einheitlichen europäischen Notrufs 112, insbesondere auch für Behinderte, und das Recht, den Festnetz- oder Mobilfunkanbieter unter Beibehaltung der Rufnummer innerhalb eines Werktages zu wechseln.
Den heute veröffentlichten Bericht über den Universaldienst finden Sie unter: http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/current/consumer_rights/unive%20rsal_service/index_en.htm
Siehe auch MEMO/08/583.
Die gesamte Meldung mit Anhang ist hier abrufbar.