Internetausschuss im Bundestag

Diskussion und Neuigkeiten zur Enquete-Kommission

Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon bru62 » 28.01.2014 16:30

Der zunächst von der Großen Koalition angekündigten und dann zunächst doch nicht eingerichtete Internetausschuss soll nun doch kommen. Das berichtet am 28.01.2014 tagesschau.de. Geführt wird er von dem CDU-Politiker Jens Koeppen (noch nicht gewählt). Allerdings sei zu befürchten, dass es sich um ein Feigenblatt handeln könnte: "Der kommende Ausschuss bekommt zwar einen höheren Status als der alte Unterausschuss Neue Medien, wird aber ein zahnloser Tiger.", wird Petra Sitte, parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, zitiert. Denn federführend sei der Ausschuss nicht, d.h. er hat nur einen "mitberatenden Status". Die Kernentscheidungen werden also weiter in den alten Ausschüssen fallen, meint Sitte. So wichtig ist der GroKo ihre eigene digitale Agenda. Schade.

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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon grapevine » 28.01.2014 17:57

Ich denke über dieses Thema nach, seit die Diskussion im Raum steht. Inzwischen bin ich der Meinung, dass ein "Internetausschuss" keine gute Idee ist. Ich möchte das wie folgt begründen:

Es gibt in unserer Gesellschaft und auch in den Reihen der Politik viele Menschen, die auch heute noch der Auffassung sind, das Internet sei eine Parallelwelt. Es ist eine Parallelwelt, die diese Menschen bewusst betreten ("ins Internet gehen", "für uns alle Neuland"), zum Beispiel wenn sie etwas "im Internet" bestellen. Wenn die Waren, die sie "im Internet" bestellt haben, dann tatsächlich vom Paketdienst geliefert werden, sind sie überrascht. Wenn bei allem Treiben "im Internet" etwas schief geht, dann rufen sie danach, dass "das Internet kein rechtsfreier Raum" sein dürfe. In vielen Schulen wird diese Parallelwelt von 8 bis zum Nachmittag abgeschaltet.

Man erkennt diese Menschen daran, dass Online-Banking für sie eine Last ist, weil sie ihren Computer hochfahren müssen, um eine Überweisung zu beauftragen.

Nun haben diese Menschen bemerkt, dass die Parallelwelt für viele Menschen an Bedeutung gewinnt, und folgerichtig errichten sie einen putzigen Ausschuss, in dem die putzigen Internetleute sich mit ihrer putzigen Parallelwelt beschäftigen dürfen. Die wichtigen Dinge kann man dann weiterhin wie gewohnt handhaben. Puh, nochmal Glück gehabt!


Als ich in den 90er Jahren bei meiner Sparkasse Online-Banking übers Internet machen wollte, bin ich von den Sparkassen-Angestellten angeschaut worden, als wollte ich mit dem Fahrrad auf den Mond fahren.

Tatsächlich finde ich, dass das Internet als Gesamtphänomen unsere Gesellschaft seit Jahren umwälzt. Es hat dazu geführt, dass viele Menschen die Art, wie sie leben und arbeiten komplett neu erfunden haben. Die Entwicklung ist für unsere Gesellschaft vermutlich von Vorteil, allerdings nicht für jeden einzelnen. Niemand kann sich ihr entziehen, und sie beeinflusst nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens. Kein wichtiger Bereich der Politik kann heute ohne Berücksichtigung des Internet mehr gedacht werden. Das Bewusstsein darum gehört in die Köpfe aller, und nicht in einen Ausschuss.
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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon spokesman » 29.01.2014 11:32

grapevine hat geschrieben:Es gibt in unserer Gesellschaft und auch in den Reihen der Politik viele Menschen, die auch heute noch der Auffassung sind, das Internet sei eine Parallelwelt. Es ist eine Parallelwelt, die diese Menschen bewusst betreten ("ins Internet gehen", "für uns alle Neuland"), zum Beispiel wenn sie etwas "im Internet" bestellen. Wenn die Waren, die sie "im Internet" bestellt haben, dann tatsächlich vom Paketdienst geliefert werden, sind sie überrascht. Wenn bei allem Treiben "im Internet" etwas schief geht, dann rufen sie danach, dass "das Internet kein rechtsfreier Raum" sein dürfe. In vielen Schulen wird diese Parallelwelt von 8 bis zum Nachmittag abgeschaltet.

Diese Schilderung ist sicher damit begründet, dass zu wenig Wissen über dieses "Internet" vorhanden ist. Gerade dein Beispiel mit der Bestellung erscheint mir wie - ich werfe einen blauen Stein von einem Berg und wundere mich das er nach unten Fällt, bin überrascht den Stein am Fuße des Berges zu finden.

grapevine hat geschrieben:Man erkennt diese Menschen daran, dass Online-Banking für sie eine Last ist, weil sie ihren Computer hochfahren müssen, um eine Überweisung zu beauftragen.
ja da ist es leichter 15km zur nächsten Bank zu fahren, weil das Auto kennen sie ja schon 30, 40, 50 Jahre..
Ich denke das wird sich in Zukunft ändern.

grapevine hat geschrieben:Nun haben diese Menschen bemerkt, dass die Parallelwelt für viele Menschen an Bedeutung gewinnt, und folgerichtig errichten sie einen putzigen Ausschuss, in dem die putzigen Internetleute sich mit ihrer putzigen Parallelwelt beschäftigen dürfen. Die wichtigen Dinge kann man dann weiterhin wie gewohnt handhaben. Puh, nochmal Glück gehabt!
Volle Zustimmung, weil eben genau die Generation da drin sitzt die lieber das Auto nimmt um eine Überweisung zu tätigen als sich mit neuer Technik zu befassen. Klar gilt das nicht für alle, es gibt Leute die wollen ein Leben lang lernen..

Da wir diesen Zustand scheinbar die nächsten 4 Jahre haben und wenn das so weiter geht auch noch min. weitere 4 Jahre müssen wir wohl damit umgehen und mit diesem Ausschuss arbeiten. Natürlich werden die Regierungsparteien versuchen daraus ein Schaulauf der Wirtschaftsverbände und Unternehmen zu machen, doch sollen wir deshalb den Kopf in den Sand stecken und den Kampf verlieren weil wir es nicht versuchen, ich denke nicht.

grapevine hat geschrieben:Das Bewusstsein darum gehört in die Köpfe aller, und nicht in einen Ausschuss.
auch hier stimme ich dir zu, doch wie soll das am besten geschehen? Es gibt einfach Leute die mit dem Status Quo in dieser Hinsicht zufrieden sind und sich nicht mit diesem "Internet-Zeugs" befassen wollen. Mit großer Sicherheit wird da diskutiert wie man eine Initiative dazu bringt ihren Mund zu halten "ich hab schon wieder eine Anfrage von der Internet-Initiative was machen wir jetzt damit" wird nicht selten sein.
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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon bru62 » 13.02.2014 12:12

Die Bildung eines ständigen Ausschusses "digitale Agenda" steht heute auf der Tagesordnung der Plenarsitzung. Dem liegt ein Antrag aller Fraktionen (Drs. 18/482) zugrunde. Dem Ausschuss sollen 16 Mitglieder angehören.

Im Informationsdienst des Bundestages heißt es u. a.:

Da nach Ansicht der Abgeordneten die Themen des Ausschusses sich als Querschnittsthemen weder einem Ressort in der Bundesregierung noch einem Parlamentsausschuss zuordnen ließen, ist vorgesehen, dass der Ausschuss „Digitale Agenda“ bei Vorlagen zu Fragen des Internets und der digitalen Agenda in der Regel mitberatend tätig wird. Um diesen Aspekten der Digitalisierung und Vernetzung gerecht zu werden und Fragestellungen ressort- und ausschussübergreifend zu diskutieren, soll der Ausschuss seine Beratungsergebnisse an den jeweils federführenden Ausschuss übermitteln ... Darüber hinaus könne sich das Gremium im Wege der Selbstbefassung mit allen Themen der digitalen Agenda beschäftigen.


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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon News » 13.02.2014 13:15

Zur Installation des Ausschusses äußert der BITKOM in einer Pressemitteilung vom 13.02.2014 seine Meinung wie folgt:

Internetausschuss muss ressortübergreifend Akzente setzen

- Ausschuss „Digitale Agenda“ kommt

Der Bundesverband BITKOM hat die für heute vorgesehene Einsetzung des Bundestagsauschusses „Digitale Agenda“ ausdrücklich begrüßt. „Der neue Ausschuss wird deutlich mehr Internetkompetenz in den Bundestag bringen“, sagte Dr. Bernhard Rohleder, BITKOM-Hauptgeschäftsführer. Rohleder war in der vergangenen Legislaturperiode Mitglied der Enquete-Kommission ‚Internet und digitale Gesellschaft‘. „Wir sehen den Ausschuss als Chance, Kompetenz zu netzpolitischen Themen zu bündeln und über Ressortgrenzen hinweg in die Breite zu tragen. Das Gremium wird anderen Ausschüssen wie Inneres, Wirtschaft oder Justiz wichtige Impulse geben.“ Die Mitglieder des Internetausschusses könnten sich mit allen Gesetzesvorhaben mit netzpolitischer Relevanz beschäftigen. Dass der Ausschuss vor allem beratend tätig wird, ist aus Sicht des BITKOM im ersten Schritt nicht entscheidend. „Jetzt geht es darum, netzpolitische Themen fest im Bundestag zu verankern“, betonte Rohleder. Perspektivisch solle der Internetausschuss die Federführung für spezielle Themen der Netzpolitik erhalten.

In der praktischen Arbeit des Ausschusses „Digitale Agenda“ komme es darauf an, sich zu fokussieren. „Der Ausschuss darf sich in Anbetracht der Fülle und Vielfalt der netzpolitischen Themen nicht verzetteln“, sagte Rohleder. „Die Folgen der NSA-Affäre müssen aufgearbeitet und auch politische Lösungen entwickelt werden, um IT-Sicherheit und Datenschutz zu gewährleisten.“ Innovationspolitisch müssten die Digitalisierung der Industrie und der Aufbau intelligenter Infrastrukturen in Bereichen wie Energie, Gesundheit und Verkehr forciert werden. Grundlage dafür sei ein beschleunigter Breitbandausbau der nächsten Generation. Dauerbrenner sind die Themen Bildung, Medienkompetenz und Fachkräftemangel. Rohleder: „Vor allem aber braucht die noch zu entwickelnde Digitale Agenda der Bundesregierung kompetente Impulse aus dem Bundestag und eine breite Unterstützung der Abgeordneten. Dafür ist der Internet-Ausschuss die richtige Plattform.“
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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon spokesman » 13.02.2014 22:41

2 Jahre Enquete Kommission und jetzt haben wir einen Ausschuss der einen Ausschuss zuarbeiten kann, wenn das kein Ausschuss ist?

Die Zeit leitet mit folgenden Worten ein:
zeit hat geschrieben:Der Bundestag hat jetzt einen Ausschuss für die Digitale Agenda. Der könnte
wichtige Impulse setzen – oder gleich in der politischen Bedeutungslosigkeit
versinken.


Mit dem Ausschuss möchte man die dezentral verteilten Netzthemen in einem Ausschuss zusammenführen, daraus ergibt sich die Frage warum man es nicht schafft die Themen in einem Ministerium unterzubringen.

Abgeordneter und Netzpolitiker der Grünen Konstantin von Notz sieht die akute Gefahr einer "Quasselbude" und dennoch wird er diesem Ausschuss beiwohnen wie viele andere bekannte Gesichter aus der Enquete Kommission.

Es bleibt nun abzuwarten wie sich der Ausschuss etablieren kann, sicherlich spielen an der Stelle die künftig geladenen Experten des Ausschusses eine Rolle. Auch sicher ist aber, dass diese Experten all zu oft nicht im Sinne der Verbraucher argumentieren werden.
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Re: Internetausschuss im Bundestag

Beitragvon bru62 » 20.02.2014 17:15

Der Ausschuss für "digitale Agenda" hat sich am 19.02.2014 konstituiert. Vorsitzender ist Jens Koeppen (CDU/CSU), stellvertretender Vorsitzender ist Gerold Reichenbach. Außerdem gehören dem Ausschuss an:

CDU/CSU: Maik Beermann, Hansjörg Durz, Thomas Jarzombek, Jens Koeppen, Andreas Nick, Tankred Schipanski, Christina Schwarzer
SPD: Saskia Esken, Christian Flisek, Christina Kampmann, Lars Klingbeil, Gerold Reichenbach
Die Linke: Herbert Behrens, Halina Wawzyniak
Bündnis 90/Die Grünen: Dieter Janecek, Konstantin von Notz

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