Ich finde das Schreiben enthält derart viele Statements, dass ich es gleichsam im Forum zu Bewertung gestellt habe. Wir müssen versuchen, daraus Rückschlüsse für unserer weitere Vorgehensweise im Kampf gegen die digitale Spaltung zu ziehen. Immerhin stammen die Informationen...
a) aus erster Quelle
b) von einer Person, deren Partei derzeit die Regierung stellt
und sich später an solchen Aussagen messen lassen muss.
Ich plane in der weiteren Korrespondenz mit Fr. Krogmann die "Stimme des Forums" einfließen lassen um endlich mal den "Alleingängen" ein Ende zu bereiten. Der Kontakt "nach oben" steht, jetzt liegt es an uns, wie wir uns selbigen zu Nutze machen. Übrigens werde ich jeglichen unflätigenden oder beleidigenden Äußerungen in diesem Thread sofort löschen und dem Urheber eine Verwarnung aussprechen!
Also wie steht Ihr zu den Aussagen?
Gruß
barty
Sehr geehrter Herr Bartosch,
für Ihre mail vom 16. November danke ich Ihnen. Die Frage, ob die DSL-Versorgung als Universaldienstleistung in das TKG aufgenommen werden sollte, ist sehr facettenreich:
Ein schneller breitbandiger Zugang zum Internet ist für viele Geschäftsmodelle und Dienste unverzichtbar. Zukünftig werden noch mehr Angebote nur mit einem schnellen Zugang zum Netz genutzt werden können. Diejenigen Nutzer, die nur einen analogen oder ISDN-Anschluss haben, werden von vielen Anwendungen ausgeschlossen sein. Deutschland ist unter Rot-Grün bei der Breitbandpenetration im internationalen Vergleich zurückgefallen. Nur 17 % aller Haushalte in Deutschland nutzen einen Breitbandanschluss. Damit liegen wir weiterhin hinter den USA, Japan und Südkorea und noch unter dem europäischen Durchschnitt von 20 %.
Viele Regionen in Deutschland sind von der Breitbandnutzung gewissermaßen ausgeschlossen. Dies stellt einen gravierenden strukturellen Standortnachteil dar: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Unattraktivität als Wohnort sind die Folge. <>
Wir müssen Chancengleichheit zwischen Ballungszentren und ländlichen Regionen herstellen. Alle Deutschen müssen gleichermaßen an den Potentialen und Chancen von Breitband-Internet teilhaben können, so dass nicht eine weitere Dimension sozialer Ungleichheit entsteht. Eine Spaltung der Gesellschaft in Online und Offline, in Breitband und Schmalband können wir uns nicht leisten, wenn wir unseren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie unseren Wohlstand nachhaltig bewahren wollen. Besonders wichtig ist dabei die Verfügbarkeit von Breitband für Regionen, die von den wirtschaftlichen Zentren und Ballungsräumen weit entfernt liegen. Erst eine leistungsfähige Internet-Anbindung sorgt dafür, dass Entfernungen im Wirtschaftsleben einer zunehmend auf Dienstleistung fokussierten Gesellschaft eine immer geringere Rolle spielen. Gerade für den ländlichen Raum birgt diese Entwicklung große Chancen.
Durch das Engagement der CDU/CSU-Fraktion und der CDU/CSU-regierten Bundesländer konnten bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes im letzten Sommer erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung durchgesetzt werden. Wir haben uns im Interesse eines diskriminierungsfreien und dynamischen Wettbewerbs für einfache und übersichtliche, in sich stimmige Regelungsstrukturen eingesetzt.
Derzeit dominiert die Deutsche Telekom AG noch mit 5,7 Mio. DSL-Anschlüssen (dies entspricht etwas mehr als 86%) den Markt für breitbandige Internet-Zugänge. Andere bundesweit oder regional beschränkt tätige Anschlussnetzbetreiber haben derzeit einen Marktanteil von 13,6%. Seit der Verabschiedung des TKG hat in den Ballungszentren ein wettbewerbsbedingter Preiskampf verschiedener Anbieter von DSL-Anschlüssen und anderen breitbandiger Dienste eingesetzt. Im ländlichen Regionen und in weiten Teilen der neuen Bundesländer stehen der Entwicklung in den Ballungszentren aber nach wie vor erhebliche Versorgungsdefizite gegenüber. CDU/CSU und SPD fordern daher in dem Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 die Telekommunikationsunternehmen auf, den Ausbau der Infrastruktur einer modernen Kommunikationstechnik im ländlichen Raum voranzutreiben.
Betroffen sind 4,8 Millionen Haushalte und Unternehmen, die von der DSL-Versorgung ausgeschlossen sind:
1,8 Millionen Kunden in den so genannten OPAL-Gebieten mit Glasfasernetz in weiten Teilen der neuen Bundesländer und auch in Westdeutschland,
eine Million Kunden in ländlichen Regionen und Stadtrandgebieten, in denen die maximale Kupferkabelreichweite von 4,5 Kilometern überschritten wird,
zwei Millionen Kunden in Regionen mit zu geringer Nachfrage, in denen sich die Investitionen zum DSL-Ausbau für die Unternehmen betriebswirtschaftlich lohnen würden.
Erste negative Folgen dieser Entwicklung gibt es schon jetzt: Viele Firmen und Freiberufler, die zunehmend auf einen schnellen Internetzugang angewiesen sind, wandern aus den benachteiligten Regionen ab, andere Unternehmen siedeln sich in Gegenden ohne bezahlbaren Breitbandanschluss gar nicht erst an.
Das zentrale Problem fehlender Flächendeckung ist die derzeitige Fokussierung in Deutschland auf DSL: 97% aller Breitbandanschlüsse entfallen darauf. Alternative Zugangstechnologien wie Fernsehkabel, - mit Abstrichen hinsichtlich der Rückkanalfähigkeit – Satellit oder Powerline (Zugang über Stromleitung) haben nur äußerst geringe Marktanteile. Insbesondere der Zugang über das Fernsehkabelnetz (CATV) – in anderen Ländern die Alternative zu DSL – spielt in Deutschland bislang keine große Rolle.
Eine flächendeckende Versorgung mit DSL wäre technisch wegen der erforderlichen technischen Infrastruktur nur mit großem Aufwand möglich. Volkswirtschaftlich wäre dies wenig sinnvoll. Versorgungslücken könnten jedoch durch neue Zugangstechnologien geschlossen werden.
Gerade neue Funktionstechnologien (UMTS, WiMAX) werden nach den momentanen Erwartungen bis 2010 für eine andere Gewichtung sorgen und gerade für die bisher benachteiligten Gebiete erhebliche Chancen bieten.
Die ersten Pilotprojekte haben bereits erfolgreich den Betrieb aufgenommen. Dabei ist zu beobachten, dass diese Lösungen ein etwas höheres Preisniveau als die bekannten DSL-Flatrates haben – dafür aber einen breitbandigen Netzzugang bieten, der sonst nicht zur Verfügung stünde.
Bei dem zu erwartenden Preisverfall für die neuen Technologien ist damit zu rechnen, dass immer mehr Gebiete zu wirtschaftlich sehr attraktiven Bedingungen einen Breitbandzugang erhalten werden.
Diese Entwicklung zeigt, dass der Infrastrukturwettbewerb – nur Tschechien und Kroatien haben nach einer Studie von Arthur D. Little weniger Wettbewerb bei den Zugangstechniken und weniger Wachstum der Breitbandanschlussrate – in Deutschland dringend gesteigert werden muss.
Der Wettbewerb der Infrastrukturen ist auch deshalb zu bevorzugen, da nur so eine flexible, auf dem Stand der Technik befindliche Versorgung eines großen Teils der Bevölkerung zu wirtschaftlich sehr attraktiven Konditionen gesichert werden kann. Insofern ist der von Ihnen angeführte Vergleich mit der Wasser- und Stromversorgung nicht zielführend, da diese nur durch regionale Monopole und/oder direktes staatliches Engagement erreicht werden konnte. Vergleichbare Strukturen in einem so innovativen und pulsierenden Markt wie der Telekommunikation zu schaffen, wäre eine Fessel für den technischen Fortschritt und eine Perpetuierung des Mittelmaßes.
In denjenigen Staaten dagegen, in denen ein Infrastrukturwettbewerb über Kabel oder andere alternative Netze gegeben ist, erbringt der Markt die beste Versorgungsabdeckung. Aufgrund der historischen Entwicklung besteht in Deutschland aber momentan keine Konkurrenz zum Telefonnetz des marktbeherrschenden Unternehmens.
Ein tragfähiger Netzwettbewerb muss das langfristige Ziel sein. Die Ergänzung der Universaldienste um die Bereitstellung von DSL-Zugängen ist derzeit aus zwei Gründen nicht sachgerecht: Zum einen sieht die EU-Universaldienstrichtlinie, die auch für die Rechtslage in Deutschland maßgeblich ist, in Art. 2 Abs. 2 lit. b vor, dass ein öffentliches Telefonnetz, das zu den Universaldiensten gehört, lediglich die Datenübertragung zwischen Netzabschlusspunkten gewährleisten muss. Die Richtlinie fordert keine bestimmten Mindeststandards.
Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass es Ende 2004 rund 6,9 Mio. Breitband-Internetzugänge in Deutschland gab. Damit verfügten etwa 18 % aller Haushalte in Deutschland über einen eigenen breitbandigen Internetzugang via DSL, Kabel oder vergleichbare Techniken. Diese Zahl rechtfertigt keine entsprechende Ausdehnung der Universaldienstverpflichtung, die ein erheblicher Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Marktteilnehmer ist und daher verfassungsrechtlich sehr gut begründet sein muss.
Vorerst gilt es daher, dafür zu sorgen, dass Deutschland nicht ganz den Anschluss zu verpassen. Um kurzfristig eine bessere Nutzung des DSL-Angebots zu erreichen, muss zuerst mehr Wettbewerb auf dem bestehenden Netz dem Markt neue Impulse geben. Um dieses Ziel zu erreichen, könnten beispielsweise die Preise durch Wettbewerbsdruck auf ein niedrigeres Niveau gebracht werden.
Dies sieht auch die EU so: Eine Studie der britischen Telekommunikationsberatung SPC Network zeigt, dass EU-weit mit jedem Prozent Abnahme der Marktkonzentration bei Breitband-Zugängen ihre Verbreitung um 3% gestiegen ist.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass auf Grund einer Intervention der Regulierungsbehörde seit 2002 eine Quersubventionierung der DSL-Anschlüsse durch die Gewinne aus analogen oder ISDN-Anschlüssen nicht mehr zulässig ist.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass wir eine Henne-Ei-Problematik in Deutschland haben: Breitbandige Internet-Zugänge bieten dem normalen Bürger mangels ansprechender Angebote noch keinen attraktiven Mehrwert. Ein Boom anspruchsvoller und innovativer Angebote ist aber nicht zu erwarten, solange die Breitbandpenetration in Deutschland noch gering ist.
Dies muss anders werden. Dabei kommt der Politik eine entscheidende Rolle zu. In einem modernen, zukunftsfähigen Staat muss die öffentliche Hand selbst attraktive Dienstleistungen und Inhalte online anbieten und so Impulse setzen. Neue Dienste im Bereich e-government, e-health und e-learning bedingen in der Regel einen breitbandigen Internet-Zugang und machen damit das Breitband für den Bürger noch interessanter, da es ihm die Teilnahme am wirtschaftlichen und kulturellen Leben erleichtert und gleichzeitig viele staatliche und kommunale Dienstleistungen vor Ort ermöglicht.
Schließlich dürfen Investitionen und Innovationen nicht durch regulatorische Hindernisse behindert oder verzögert werden. Dazu ist eine schnelle und konsequente Umsetzung der Rechtsvorschriften und Wettbewerbsregeln der EU unerlässlich: Schnelligkeit ist von grundlegender Bedeutung in einem sich derartig rasch entwickelnden Sektor. Jede Verzögerung bei Marktanalysen oder der Erlassung der daraus resultierenden Regulierungsmaßnahmen hat äußerst negative Signalwirkung auf Unternehmen und Verbraucher. Geplante Investitionen bleiben aus, solange ein entsprechender verlässlicher Rechtrahmen fehlt und den Bürgern werden Innovationen vorenthalten. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass das geplante Lizenzvergabeverfahren für die WiMAX-Frequenzbänder so schnell wie irgend möglich abgeschlossen wird - die Investoren brauchen schnellstmöglich Sicherheit und die Bevölkerung Breitband-Zugänge!
Praktisch alle Industrieländer haben das Potential und die Wichtigkeit von Breitband erkannt und die Rahmenbedingungen für starkes Wachstum geschaffen, sei es durch Verschärfung des Wettbewerbs, Stimulation der Nachfrage oder durch Subventionen und die Schaffung von Anreizen. Es besteht die unbedingte Notwendigkeit nachhaltigen politischen Engagements, um Hindernisse für weitere Investitionen zu beseitigen und den Rückstand bei der Breitbandpenetration nicht noch größer werden zu lassen.
Die o.a. Analyse hat gezeigt, dass in Deutschland die Möglichkeiten, die Breitband für Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum bietet, bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Deutschland hat im Vergleich mit den Ländern Westeuropas eine unterdurchschnittliche Versorgung mit breitbandigen Internet-Anschlüssen. Hier müssen wir dringend aufholen. Dies erfordert in den nächsten Jahren Investitionen in Milliardenhöhe, sichert aber auch den wirtschaftlichen Aufbruch Deutschlands und damit Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze.
Daher wird die CDU/CSU innerhalb der Koalition die weitere Entwicklung durch eine Optimierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu betreiben, um die Versorgung der benachteiligten Regionen Deutschlands mit Breitband-Anschlüssen weiter verbessern.
Mit einer Veröffentlichung dieses Textes auf Ihrer homepage bin ich einverstanden.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Erläuterungen gedient zu haben, und stehe für weitere Informationen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Martina Krogmann
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Dr. Martina Krogmann MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin