Vorgangsnummer 2005-06-27-0021
Verbraucherservice der Regulierungsbehörde
Sehr geehrter Herr Kreutzer,
vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie sich darüber beklagen, dass die Versorgung mit breitbandigen Anschlüssen (z. B. DSL) nicht flächendeckend ist.
Gestatten Sie, dass ich zunächst näher auf die rechtlichen Möglichkeiten einer Verpflichtung von Unternehmen zur Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen für ihre Kunden eingehe. Gemäß § 78 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22.06.2004 (BGBl. I Nr. 29 S. 1190) sind Universaldienstleistungen ein Mindestangebot an Diensten für die Öffentlichkeit, für die eine bestimmte Qualität festgelegt ist und zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen und deren Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist. Gemäß § 78 Abs. 2, Tz. 1 TKG wird als Universaldienstleistung u.a. "der Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz an einem festen Standort und der Zugang zu öffentlichen Telefondiensten an einem festen Standort bestimmt. Das öffentliche Telefonnetz wiederum muss einen funktionalen Internetzugang ermöglichen (§ 3 Nr. 16 TKG). Das Angebot von breitbandigen Anschlüssen unterliegt hingegen im TKG nicht der Universaldienstverpflichtung. Der Gesetzgeber hat die RegTP nicht mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet. Damit ist kein Anbieter verpflichtet, Sie mit einem breitbandigen Anschluss (im folgenden DSL genannt) zu versorgen.
Die Entscheidung darüber, in welchen Regionen DSL-Anschlüsse den Kunden angeboten werden, obliegt daher den Unternehmen. Aus Sicht eines Anbieters von DSL-Anschlüssen ist es durchaus rational, die Markterschließung in den besonders profitableren Gebieten zu beginnen und dann im Zeitablauf etwa auch ländlichere Regionen zu erschließen. DSL-Anschlüsse werden von der Deutschen Telekom AG (DT AG) und den anderen Anbietern im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten und gegenwärtig noch abhängig von örtlichen und qualitativen Gegebenheiten der Teilnehmeranschlussleitung angeboten. Die Anbieter prüfen daher je Kunde individuell die spezifischen Möglichkeiten zum Betreiben von DSL über die jeweilige Teilnehmeranschlussleitung (verfügbare Bandbreite) und teilen das Ergebnis zur Verfügbarkeit ihren Kunden mit. Dabei ist festzustellen, dass es heute durchaus noch eine ganze Reihe von Einsatzfällen gibt, wo eine technische Machbarkeit mit der gegenwärtig unter vertretbarem Aufwand verfügbaren Technik, z. B. bei längeren Teilnehmeranschlussleitungen, noch nicht beherrschbaren Beeinflussungsproblemen in einem Anschlussbereich oder bestimmten Varianten von Glasfaser -Teilnehmeranschlussleitungen, noch nicht gegeben ist. Dies deutet darauf hin, dass es in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird, alle Teilnehmeranschlüsse unmittelbar auf DSL umzurüsten.
Die Anbieter dieser Dienstleistung haben zunächst damit begonnen, in wirtschaftlich für sie besonders interessanten Ballungsgebieten bzw. in Gebieten mit ausreichend großer Nachfrage den mit erheblichem Investitionsaufwand verbundenen Ausbau dieser neuen Technik vorzunehmen. Insofern ist Ihnen und den Kunden in Ihrem Anschlussbereich zu raten, mit der DT AG und den in der jeweiligen Region ggf. bereits tätigen anderen Telekommunikationsunternehmen weiterhin in engem Kontakt zu bleiben, um so frühestmöglich zu erfahren, wann die DSL-Technologie auch für einen Einsatz unter den Randbedingungen, die sich offensichtlich dort vor Ort in Ihrem Anschlussbereich ergeben, verfügbar ist. Ich denke, dass dies auch für die DT AG und die anderen DSL-Anbieter wichtig ist, weil letztlich der Umfang der DSL-Nachfrage auch für das Unternehmen Anreize gibt, auf eine Beschleunigung der entsprechenden Technologieentwicklung hinzuwirken bzw. die entsprechenden Investitionen dazu zu tätigen. Im Zusammengang mit der sich gegenwärtig in der Standardisierung befindlichen WiMax -Technologie wird von allen Breitbandanbietern versucht, auch die Bereiche zu versorgen, die technisch und wirtschaftlich gegenwärtig keinen drahtgebundenen Anschluss zulassen.
Erwähnen möchte ich noch, dass in einigen anderen Ländern durch die Nutzung von Kabel -TV-Zugängen zwar eine schnellere Markterschließung erfolgt ist, jedoch entwickelt sich nunmehr dank wettbewerbsfördernder Maßnahmen meiner Behörde der Markt auf dem Gebiet des Angebots von DSL in Deutschland sehr positiv. Gegenüber einem Bestand von 4,5 Mio. DSL-Anschlüssen Ende 2003 konnten bis Ende 2004 bereits ca. 7 Mio. DSL-Anschlüsse eingerichtet werden.
Die Bundesregierung betonte in einer Antwort auf eine Große Anfrage im Deutschen Bundestag, dass DSL derzeit in der Öffentlichkeit zwar als die wichtigste zukünftige Technologie für den schnellen und breitbandigen Internetzugang betrachtet wird, jedoch nicht die einzige breitbandige Zugangstechnologie darstellt. Sie geht davon aus, dass "mittelfristig in Deutschland nahezu jeder Haushalt, der einen breitbandigen Internetzugang wünscht, diesen, unabhängig von der zugrunde liegenden Technologie, auch erhalten kann." Unterstützend will die Bundesregierung mit einem "Breitbandatlas" das kräftige Wachstum bei den breitbandigen Internet-Anschlüssen auf möglichst alle Haushalte in allen Regionen ausdehnen. Der "Breitbandatlas" soll einen Überblick über die "weißen Flecken" der Versorgung mit breitbandigen Anschlüssen verschaffen und bis zum Sommer 2005 fertig gestellt werden. Der Verfügbarkeit von Breitbandtechnologien und Anbietern sowie Anreizen für gezielte Investitionen in unterversorgten Gebieten soll damit Vorschub gegeben werden.
Zur Förderung des Wettbewerbs und damit zur Verbesserung der Versorgung mit breitbandigen Internetzugängen hat meine Behörde in einer grundlegenden Entscheidung kürzlich die Rahmenbedingungen für den weiteren Ortsnetzwettbewerb festgelegt. Danach wurde der monatliche Mietpreis für die "Mutterleistung" Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die sog. letzte Meile, zum 1. April 2005 um weitere 9,75 Prozent von derzeit 11,80 EUR auf jetzt 10,65 EUR gesenkt. Der Preis ist bis zum 31. März 2007 befristet. Die DT AG hatte einen Preis von 17,40 EUR beantragt. Auch im europäischen Vergleich liegen wir mit dieser Entscheidung im guten Durchschnitt der Länder, die nach dem gleichen Kostenmaßstab arbeiten. Der neue TAL-Preis ist als ein sachgerechter und kostenorientierter Preis Garant für einen langfristig angelegten und stabilen Wettbewerb im deutschen TK-Markt. Diese Entscheidung schafft jetzt für die nächsten zwei Jahre Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer und gibt damit auch zusätzlich Signale für die Förderung des Wettbewerbs und der Breitbandinfrastruktur in Deutschland."
Die schwierige Ausgangslage für die Wettbewerbsunternehmen im Festnetz hat durch das starke Wachstum des Breitbandmarkts entscheidende neue Impulse erhalten. Die Wettbewerbsgesellschaften haben im vergangenen Jahr die Marktanteile im Breitbandbereich mit großen Schritten gesteigert. Von den 7 Mio. DSL-Anschlüsse werden 20 Prozent von Wettbewerbsunternehmen betrieben. Im Vorjahr betrug dieser Anteil noch 11 Prozent und hat sich innerhalb eines Jahres somit fast verdoppelt. Im Neukundengeschäft bei Breitbandanschlüssen haben die Wettbewerbsunternehmen schon 33 Prozent Marktanteil erreicht und diese Tendenz hat sich zum Jahresende durch attraktive Angebote und das Resale-Modell der DT AG verstärkt. In einzelnen Regionen haben Wettbewerber inzwischen ca. 50 Prozent des DSL-Anschlussmarkts erobert. Bei den Internetzugangsdiensten mit breitbandigen Übertragungsraten beträgt der Anteil der Wettbewerber bundesweit schon 35 Prozent gegenüber 65 Prozent des DT AG Konzerns. Hier fand eine Steigerung von neun Prozentpunkten allein im vergangenen Jahr statt.
Der Wettbewerb leistet einen entscheidenden Beitrag bei der Verbreitung der Breitbandtechnologie und die teilweise geäußerte Auffassung, eine dauerhafte "Monopolisierung" dieses Marktes durch die Investitionen und Marketingmaßnahmen der DT AG seit dem Jahr 2000 sei zu befürchten, wird dank der derzeitigen Marktgegebenheiten widerlegt. Die Aufholbewegung beschleunigt sich rasant durch attraktive Paketangebote, in denen Wettbewerber einen ISDN-Anschluss mit DSL-Zugang und Internet-Flatrate schon unter 40 EUR zur Verfügung stellen. Wesentliches Vorprodukt für diese Angebote ist die Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Zwischenzeitlich sind über zwei Mio. TAL von den Wettbewerbern angemietet worden, allein 2004 war ein Zuwachs von 610.000 neuen Mietverträgen zu verzeichnen. Deutschland besitzt europaweit einen entscheidenden Vorsprung bei dieser Form auf weitgehend eigener Infrastruktur basierender Wettbewerberangebote. Ein stabiler und nachhaltiger Wettbewerb entsteht vor allem durch eine wachsende Unabhängigkeit der Wettbewerber von der Infrastruktur der DT AG. Gerade die attraktiven Angebote im Markt kommen von Anbietern mit starker eigener Infrastruktur. Deren Investitionen zahlen sich jetzt aus und geben ihnen signifikante Marktchancen. Das Jahr 2005 wird manche dieser Trends beschleunigen, vor allem, weil Voice over IP, Flatrates, Paketangebote und Verlagerung der Wertschöpfung auf den Anschlussbereich die Rahmenbedingungen des TK-Markts erheblich verändern werden.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich gegenüber Unternehmen kein Weisungsrecht hinsichtlich der Netzgestaltung und des Vorgehens in kundenbezogenen Einzelfällen habe. Hier handelt es sich um rein privatrechtliche Vertragsverhältnisse zwischen Kunden und Unternehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Thorsten Schildt
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04.07.05