spokesman hat geschrieben:...
Netzneutralität heißt ja auch QoS...
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Nein, QoS kann genau die Technologie sein, um Netzneutralität zu verhindern, indem andere Dienste oder Nutzer bevorzugt behandelt werden und die anderen sich dann bei erhöhtem Bandbreitenbedarf "hinten anstellen dürfen".
bkt hat geschrieben:Echte Diskriminierung kann es eigentlich nur zwischen gleichen Diensteklassen geben, also z.B. zwischen verschiedenen Streamingangeboten, wenn eins gedrosselt wird und das andere nicht.
Juristen sagen dazu (richtigerweise), "dass man nur gleiches mit gleichem vergleichen darf".
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Dann legt der Netzanbieter fest, was "gute" (zu bevorzugende) und was "schlechte" (bei Bedarf zu benachteiligende) Daten sind?
Soweit sollte es möglichst nicht kommen.
Eine zulässige Ausnahme von der Netzneutralität sehe ich - wenn überhaupt - nur bei VoIP, weil man sonst das Telefonnetz weiter parallel betreiben müsste.
Wenn man "Echte Diskriminierung " nur auf die jeweilige Dienstklasse beschränkt sieht, lässt man zu, dass
im Extremfall die Streaming-Angebot-Nutzer mit ihrem Bandbreitenverbrauch den Nutzern anderer Angebote (Webseiten, E-Mail usw.) die Leitung soweit herunterdrosseln dürfen, dass (fast) gar nichts mehr geht. Die Netzbetreiber verweisen dann darauf, dass ja keinen Unterschied zwischen den Streaming-Angebot-Nutzern gemacht wird und für die anderen eben keine Bandbreite mehr übrig war. Dass man sich in dieser Art aus dem weiteren Ausbau des eigenen Kernnetzes (oder wie ihr es nennen wollt) mogelt, sollte man nicht zulassen.
bkt hat geschrieben:...
Wenn ich in einer Tafelapfelortieranlage kleine Äpfel durch das Raster fallen lasse, die nicht der Tafelobstnorm entsprechen, dann diskriminiere ich sie gegenüber den maßhaltigen Äpfeln. Wenn da jetzt Pflaumen drüberrollern, fallen sie alle durch das Raster - ohne dabei diskriminiert zu werden - denn dies ist eine Apfelsortieranlage und keine für Pflaumen.
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Wenn Du auf Dauer keine Pflaumen verarbeiten kannst, weil der Provider eine Vorliebe für Äpfel hat, könnte dies zum Problem werden...
bkt hat geschrieben:...
Das gilt aber alles nur solange es keinen UD gibt. Innerhalb des UD gibt es keine Ausrede für den Netzbetreiber mehr, mit der er irgendeinen Dienst Drosseln darf.
Bsp. UD= 6 MBit/s. Dann gilt absolute Nutzungsneutralität für alle Dienste (die nicht mehr als 6 MBit/s benötigen)
Wird mehr angeboten, als dieser UD vorschreibt, dann darf problemlos auf bis zu 6 MBit/s durch QoS heruntergedrosselt werden, aber nicht weiter.
Wenn das nicht reicht, muß das Netz weiter ausgebaut werden.
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Eben. Er kann - wenn er will - anbieten, dass man selber wählt, was man auf seiner Anbindung bis zum Netzknoten ggf. bevorzugt übertragen will.
Aber er soll es nicht vorschreiben dürfen - von dem VoIP-Dienst ggf. abgesehen.
bkt hat geschrieben:...
Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, darauf zu achten, dass es innerhalb des UD keinerlei Datenmengenbeschränkungen geben darf. Was innerhalb von 24h mit der vom UD garantierten Bandbreite durch den Draht geht, sollte auch geliefert werden können.
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Hier bleibt die Frage, ob eine Überbuchung zulässig bleibt und ob die dadurch verursachte Drosselung ggf. später durch höhere Bandbreite wieder ausgeglichen werden müsste?
bkt hat geschrieben:...
Nur beginnt genau da das Problem. Durch die Unkalkulierbarkeit des individuellen Nutzerverhaltens kann keine wirtschaftliche Netzoptimierung stattfinden (Überbuchung). Das Netz müßte größer zu dimensionieren sein, als eigentlich objektiv nötig. Und damit wird das Netz teurer, da zu viel Reserve vorgehalten werden muss.
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Vielleicht lässt sich dieses Problem lösen, indem man vorgibt, unter welchen Bedingungen der vorgegeben Wert (Beispiel 6 MBit/s) wie unterschritten werden darf. Bei der Verfügbarkeit der Telefon- oder Breitbandanbindung gibt es doch auch solche Werte.
Beispiel: 98 % - bedeutet bei Bezug auf den 31-Tage-Monat, dass bei 2% dieser 31 Tage die Verbindung ausfallen darf, ohne dass die Vorgaben überschritten wurden.
Außerdem wäre vorzugeben, dass diejenigen, welche gegen zusätzliche Bezahlung ihre Schnellstraßen bekommen, nicht über das UD-Maß hinaus zu einer Drosselung der anderen Internet-Nutzer führen. Somit muss der Netzbetreiber für diese dann auch zusätzlich bzw. besser ausbauen, anstatt nur zu bevorzugen. Sonst kann er die festgelegten QoS bei den Vorzugskunden nicht mehr einhalten.
bkt hat geschrieben:...
Ansonsten wird das Netz (so wie heute bereits) zu bestimmten Zeiten mehr oder weniger im Leerlauf dahindümpeln und zu anderen Zeiten erhebliche Engpässe aufweisen.
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Solange da keine Bevorzugung bestimmter Dienste oder Nutzer passiert, steht dies nicht mit der Netzneutralität in Konflikt.
bkt hat geschrieben:...
Und hier beginnt der spannende Teil.
Es wäre nämlich durchaus gerecht, wenn man sich für einen teureren Tarif sozusagen eine dedizierte Leitung oder Faser anmietet (früher hies sowas Standleitung), dann hat man auch einen alleinigen Nutzungsanspruch.
Das ist wie beim Privat-PKW. Der ist teurer als ÖPNV, dafür ist aber immer ein eigener Sitzplatz für mich reserviert (und ich darf sogar selbst bestimmen, wann und wohin ich fahren will
)
Wer keine dedizierte Leitung anmietet, der fährt sozusagen mit dem ÖPNV.
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Um bei dem Beispiel zu bleiben: Der ÖPNV wäre bei Engpässen hier aber zumindest anteilig pro Fahrgast zu behandeln und eine PKW-Bevorzugung bei Engpässen nicht zulässig.
bkt hat geschrieben:...
Insofern ist eine "Nutzungsneutrale" Netzneutralität ein Widerspruch in sich.
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Warum?
Es geht ja nicht um die
zusätzlichen Schnellstraßen für
zusätzlich bezahlende Kunden.
Es geht nur um die gemeinschaftlichen Straßen, wo die zusätzlich zahlenden Kunden nicht per "Blaulicht und Martinshorn" oder genereller Vorfahrtsregelung den Rest des Verkehrs ggf. zum Erliegen bringen.
Ob zwischen Kunde und Anbieter eigene Vorfahrtsregelungen
frei vereinbart werden, damit eigene zeitkritische Daten vor den zeitlich unkritischen Daten übertragen werden, kann ja als Möglichkeit (aber eben nicht als Zwang) bestehen bleiben.
bkt hat geschrieben:...
Eine Datenmengenbezogene Netzneutralität wäre dagegen schon etwas völlig anderes.
Soll heißen: Flatrates und Netzneutralität schliessen sich gegenseitig aus, da man dann das, was die Kosten produziert nicht mehr adäquat bepreisen dürfte.
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Ich sehe es nicht so, dass Flatrates und Netzneutralität sich ausschließen.
Das eine ist eine Abrechnungsmodell (pauschale Kosten für individuellen Verbrauch) und das andere eine Frage, ob bestimmte Daten bevorzugt übertragen werden dürfen.
Es ist wohl eher so, dass die Flatrates manche Kunden zur umfangreichen Nutzung des Angebots einlädt und dies dann die Engpass-Probleme erhöht.
Hier bleibt dann die Frage, wie man auf diese Lage reagiert, ohne die anderen Nutzer dabei zu benachteiligen oder eine Mangel-Wirtschaft einzuführen.
bkt hat geschrieben:...
Und daher gab es zu Zeiten, in denen die Flatrate noch nicht erfunden war auch keine Probleme mit der Netzneutralität.
Was dann aber eher an der fehlenden QoS-Technik gelegen haben wird.
Denn selbst wenn man keine Flatrate nutzen kann, kann man mit seiner zeitabhängig abgerechneten Verbindung durchaus im Stau stehen, der durch andere, ggf. bevorzugte Nutzer (mit) verursacht wurde.
... - erleben was verhindert.
"Grenzen gabs gestern" - heute gibts Verhinderungen.