TKV fällt mit neuem TKG weg

Allgemeine Initiativen und Breitband Themen

TKV fällt mit neuem TKG weg

Beitragvon governet » 15.07.2006 21:13

So wie ich grade hier im Entwurf fürs neue TKG, der an den Bundesrat gehen soll, gelesen habe, soll mit Inkraftreten des neuen TKG das TKV wegfallen. Die meisten Regelungen wurden zwar übernommen aber folgende nicht:

§2 Nichtdiskriminierung
§3 Entbündelung

Für uns Verbraucher könnte das schlechte Auswirkungen mit sich bringen.

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Beitragvon M0rGu3 » 15.07.2006 21:33

Da könnte einem glatt der Gedanke kommen, die Telekom ist die Regierung... §2 hab ich schon immer als Strick für die Telekom gesehen.
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Beitragvon vauwe » 16.07.2006 00:15

Ich habe mir die TKG-Neufassung noch nicht durchgearbeitet. Zu einigen Passagen kann ich mir aber dennoch einen Kommentar nicht verkneifen.

Erstmal zum "alten TKV" Rechtsstand:

TKV §2 hat geschrieben:Marktbeherrschende Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit haben diese Leistungen jedermann zu gleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, es sei denn, daß unterschiedliche Bedingungen sachlich gerechtfertigt sind.

Dieser Paragraph ist ohnehin Quatsch. Die Kernaussage ist soweit ok, jedoch wird der Sinn dieser Vorschrift dank des Zusatzes "daß unterschiedliche Bedingungen sachlich gerechtfertigt sind" ad absurdum geführt, da man für alles eine "sachliche Rechfertigung" finden kann. Das ist Kaugummimasse, die in jede beliebige Richtung gedehnt werden kann und diese Vorschrift sinnbefreit erscheinen läßt.

TKV §3 hat geschrieben:Marktbeherrschende Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit haben diese Leistungen entsprechend der allgemeinen Nachfrage am Markt in dem Umfang, in dem sie sachlich gegeneinander abgegrenzt werden können, als eigenständige Leistungen anzubieten.

Auch hier ist wieder die Kernaussage verständlich, kann aber durch den Einschub "entsprechend der allgemeinen Nachfrage" wieder ausgehebelt werden. Vorschriften, zu denen scheunengroße Hintertüren offen stehengelassen und mit großen, roten Notausgangs-Schildern geschmückt werden, sind absolut sinnfrei.

Nun zum neuen Entwurf:
TKG-2006 hat geschrieben:Die europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) sollen weiter konkretisiert werden.

"...weiter konkretisiert" kann alles mögliche heißen. Dies könnte heißen, daß der Begriff Universaldienstleistung weiter eingeschränkt oder ausgeweitet wird.

§45f (Vorausbezahlte Leistung) ist mir beim Überfliegen besonders ins Auge gesprungen:
Entsprechend der Universaldienstrichtlinie wird klargestellt, dass es sich bei der Dienstleistung „Vorausbezahlte Leistung“ um eine Universaldienstleistung handelt. Das heißt, es reicht aus, dass der Verbraucher ein entsprechendes Produkt am Markt in Anspruch nehmen kann. Sofern dies nicht der Fall ist, kann die Bundesnetzagentur ein Unternehmen zum Angebot einer entsprechenden Dienstleistung verpflichten.

hmm... Telekommunikationsleistungen müssen auch als Prepaid-Variante angeboten werden (mindestens ein Produkt aus einem Sortiment) und die BNetzA kann ein Unternehmen bestimmen, welches ein solches Produkt anzubieten hat, wenn es nicht bereits einen Marktanbieter dafür gibt.

Sehr interessant, wie einfach so etwas geregelt werden kann. Wieso kann dann nicht auch die BNetzA gebietsweise Carrier zum Angebot von akzeptablen (z.B. breitbandigen) Internetanbindungen verpflichten? Wie der aktuelle Gesetzestext zeigt, kann man sowas doch bei Prepaid-Produkten "einfach so" machen. Sollte es dann am mangelnden polititschen Willen fehlen, gleiches auch für Internetanbindungen zu tun?

Achso und Prepaid-Leistungen gelten als Universaldienstleistung. Somit muß man also nicht mehr überall einen Telefonanschluß bekommen können, sondern es würde dann reichen, daß am gewünschten Ort ein GSM-Signal empfangbar ist, das per Prepaid zur Verfügung steht. So einfach kann man sich aus der Verpflichtung mogeln, überall einen Telefonanschluß haben zu dürfen.

Wie gesagt, ich habe den Entwurf nur überflogen.
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Beitragvon governet » 16.07.2006 00:37

Ich habe aber meinen Brief an die Bundesnetzagentur genau mit §§ 2 und 3 aus Kundensicht begründet. So unsinnig finde ich die beiden nun nicht. Ich warte mal ab, was die Verbraucherzentrale noch zu sagen hat.

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Beitragvon governet » 16.07.2006 11:30

Mal ein simples Beispiel, was man machen könnte, wenn der §2 rausfällt:

Dann wäre es nämlich möglich Dienste zu beschneiden. Wenn man jetzt die Nutzer aufs V-DSL-Netz zwingen möchte, bräuchte man blos paar Webseiten sperren bei A-DSL oder A-DSL2+, wie z. B. ebay, amazon oder sonstwas. Der Nutzer könnte sich dann aber nicht mehr wehren. Also müßte er wechseln.

Anderes Beispiel:

Über A-DSL2+ wäre auch IPTV möglich. Soll aber nur für V-DSL kommen. Also zwingt man den Nutzer auf die teurere Technik.

Problem erkannt?

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Beitragvon catbert » 17.07.2006 05:32

Hallo, die Entbündelung und Nichtdiskriminierung sind auch weiterhin im TKG. Die wurden schon in das TKG 2004 übernommen und müssen deswegen nicht beim Wegfall vom TKV übernommen werden. (TKG (2004) §§ 19, 21, 38, 84) Der Gesetzesentwurf Bundesregierung, der wohl am 7.07.06 vom Bundesrat angenommen wurde, ist nur ein Delta-Dokument, das größtenteils Praragraphen zum TKG 2004 hinzufügt und bei den Begriffsbestimmungen Änderungen vornimmt.

Btw, zur Überarbeitung des EU-Richtlinienpakets zum TK-Recht gibt es eine Absichtserklärung. Die muss zwar noch bis Mitte September von den Mitgliedsstaaten bestätigt werden. Ist aber schon recht stabil.
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Beitragvon governet » 17.07.2006 09:18

§ 19 und 21 gelten für Unternehmen, die Zugang haben möchten.

§ 38 Regelt nur die nachträgliche Entgeltregulierung.

§ 84 gilt nur für Universaldienstleistungen.

Sagen wir es anders. Für die DSL-Losen hat es keine Auswirkungen, aber für alle, die DSL (von der T-Com) kriegen können, kann es welche haben.

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Beitragvon catbert » 17.07.2006 09:32

Okay, stimmt. Hatte ich übersehen. Beim TKV ist jede juristische Person berechtigt.
Nach nochmaligen (spitzfindigem) Durchlesen komme ich aber zu dem Schluss, dass sich §§ 2 und 3 nur auf Leistungen, die in der TKV genannt werden beziehen und nicht auf jede theoretisch denkbare TK-Dienstleistung. Und das sind Sprachkommunikationsdienste und Übertragungswege. DSL oder Breitbandzugang war also noch nie drin, oder?
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Beitragvon governet » 17.07.2006 09:36

Gut sie beziehen sich nur auf Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung. Ich glaube schon, dass es sich auf alle TK-Leistungen bezieht. Nach TKG muss ja auch DSL usw. dazu zählen, da sie sonst diesen Sektor nicht Regulieren dürften.

Nachtrag: Welche Leistungen werden denn im TKV genannt?
Nach §3 Nr. 24 TKG werden Telekommunikationsdienste wie folgt definiert:

"Telekommunikationsdienste" in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über
Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen;




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Beitragvon catbert » 17.07.2006 10:26

Gut, ich hatte mich geirrt. Es sind prinzipiell alle (theoretischen) TK-Dienstleistungen gemeint.

Aber §§ 2 und 3 sagen doch nur aus, dass es diskriminierungsfrei sein muss, also nicht für die gleiche Leistung von einem Kunden etwas anderes verlangen als von einem andern Kunden, und dass sie marktnachfrageentsprechend entbündelt angeboten werden muss.

Von Flächendeckung oder Recht auf Breitband lese ich da nichts heraus. Der Anbieter muss nicht jedem Kunden das gleiche anbieten. Nur wenn er ein Produkt mehreren Kunden anbietet, muss er es dann zu gleichen Bedingungen tun. Er kann aber immer noch einigen Bürgern das Produkt nicht anbieten, also sie nicht als Kunden annehmen.

Dies ist die bekannte Lage und ich denke mal, dass sich das juristisch auch so aus dem dann geänderten TKG so herausfiltern lässt.

Aber ich bin kein Jurist. ;-)
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Beitragvon governet » 17.07.2006 11:11

Leider bin ich auch keiner. Und da Gesetze meist sehr schwammig gehalten sind, sind sie meist auch Auslegungssache.

Wie schon geschrieben, bei der Begründung meines Briefes an die Netzagentur, konnte man das aus Kundensicht, sehr gut mit den beiden Paragraphen begründen.

Wenn die beiden wegfallen, fehlt schon was aus Kundensicht.

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