essig hat geschrieben:da diese thematik hier im forum bereits einige male angerissen wurde freut es um so mehr, dass es endlich in einem eigenen thema behandelt wird. da ich es selbst für spinnerei gehalten habe, habe ich mir nie so recht gewagt in diese richtung öffentlich zu denken
Das ging mir ähnlich. Ich habe dieses Thema in verschiedenen Threads angesprochen, hätte aber niemals gedacht, daß es eines Tages auf die politische Tagesordnung kommen könnte. Liest Frau Reding hier etwa mit?
ungeachtet dessen, dass eine teilung des konzerns unser versorgungsproblem nicht kurzfristig löst
Das sehe ich (teilweise) anders (mittelfristig könnte sich etwas ändern). Die T-Com als ganzes, die alle Leistungen (Netz + Dienstleistungen) aus einer Hand anbietet, hat natürlich ein Interesse, die Speckstückchen für sich zu nutzen und im Konzern zu halten. Ob das für die Netzinfrastruktur gut ist, bleibt eine Fragestellung, denn hier entsteht IMHO ein Interessenskonflikt im Konzern selbst.
Um diesen Gedanken zu vermitteln, müssen wir uns angucken, welches (akzeptable) Vorbild im Kopf von Frau Reding steht:
In den USA dominierte früher AT&T als staatliches Unternehmen den TK-Markt. Sowohl Netz, wie auch Gesprächsabwicklung war landesweit in deren Hand. In den 70er Jahren setzte dann die Liberalisierung in den USA ein und das hatte zur Folge, daß zwar die AT&T einen Teil des Leitungsnetzes und der Vermittlungstechnik behielt, sich aber aus den Endkundengeschäften heraushalten mußte.
Fortan gab es die Baby-Bells (Abkömmlinge der AT&T, die regional abgespalten und privatisiert wurden), Long-Distance Provider und AT&T als Netzbetreiber.
Im Grunde genommen läuft dies darauf hinaus, daß es ein Unternehmen gibt, dem das Netz gehört, was aber keine direkten Endkundengeschäfte abwickelt (deren Kunden also alternative Marktteilnehmer sind) und viele Unternehmen, die Geschäfte (z.B. Gesprächsvermittlung, Datenübertragung) über dieses Netz abwickeln.
Im Moment sieht es so aus, daß die T-Com ein ernsthaftes Interesse hat, (End-)Kunden zu halten und dort, wo sie dies erreichen will, in das Netz investiert (oder auch nicht). Da sie das neben den Endkundengeschäften auch das Netz betreibt, hat sie gleichzeitig die Macht, das Netz so zu strukturieren, daß ihr eigenes Endkundengeschäft davon profitiert und dort, wo es den eigenen Interessen nicht dient, wird nicht investiert.
Wäre nun das Netz in einer eigenständigen Gesellschaft (dies kann auch ein privatwirtschaftliches Unternehmen sein), die keine eigene Endkundenbeziehung hat, hätte sie ein größeres Interesse dort die Netzinfrastrukturen auszubauen, wo (alternative) MarktteilnehmerGeschäfte abwickeln wollen, da man als reiner Netzbetreiber eher ein Interesse daran hat, sein Netz mit allen Merkmalen überall anzubieten, um überall den Marktteilnehmern Kapazitäten verkaufen zu können.
Das Netz gehört einfach auch vom Endkundengeschäft abgetrennt. Eine solche Netzgesellschaft wäre ohne Probleme überlebensfähig, wenn sie ihre Netzkapazitäten allen Marktteilnehmern zur Verfügung stellt.
Nicht die Netze sollten konkurrieren, sondern die Unternehmen, die Dienstleistungen darüber abwickeln. Es macht auch für den Kunden keinen Sinn, an einer Stelle drei Netze von verschiedenen Anbietern zu haben und an anderen Stellen gar nichts zu bekommen.
Genau diese Trennung (Spaltung) von Netz und Dienstleistung meinte ich auch immer, wenn ich vom "historischen Fehler der Liberalisierung" geredet habe.