vauwe hat geschrieben:Catbert,
danke für Deine erschöpfende Antwort.
Wenn ich Deine Ausführungen interpretiere, fokussiert sich NGN mehr auf die höheren Netzebenen (PDH/SDH - ich nenne es jetzt der besseren Veranschaulichung "Telekommunikations-Backbone", in dem die Signalisierung und Übertragung von Sprache und Daten stattfindet).
Ja, das kann man so sehen. Aber was noch hinzu kommt, ist dass Transport- und Diensteebene getrennt ist. Das ist das wirklich Neue im Vergleich zur klassischen Technik. NGN ist eine reine Signalisierungsgeschichte und Resourcenmanagement und findet daher nur im eigentlichen Backbone statt. Alles hinter der Ortsvermittlungsstelle.
Wenn ich nun weiter interpretiere, ist es derzeit (mangels Standard) dem Netzbetreiber überlassen, wie er die TAL handeled? Auf der TAL wird aber bei NGN nur noch Paketverkehr (IP-Pakete) vermittelt (oder bezieht sich NGN _nur_ auf die höheren Netzebenen?).
Die TAL hat eigentlich nichts mit NGN zu tun. Es gibt einige regulatorische Sachen von wegen Entbündelung und so. Aber streng genommen kümmert sich NGN nicht darum. Im NGN gibt es einen Access-Bereich; da kann man alles anschließen, egal welche Technologie und Qualität. Um es einfach auszudrücken: NGN nimmt alles, was da ist. Natürlich ist das Fernziel aber, Multimediaanwendungen im NGN zu implementieren (Stichwort triple play). Das setzt dann einen vernünftigen Zugang voraus.
Wenn es nun also noch keinen Standard für NGN gibt und es dem Netzbetreiber überlassen ist, die TAL "nach seinem Geschmack" zu betreiben, dann kann es also vom einem Betreiber NGN-Lösungen auf DSL-Basis (z.B. S-DSL) geben und vom anderen Netzbetreiber NGN-Lösungen auf Basis z.B. MPLS, ATM, X.25 was auch immer?
Vielleicht habe ich mich da ungenau ausgedrückt. Der Rahmen für NGN steht schon. Die grundsätzliche Architektur, wie Dienste eingebunden werden, die Signalisierung läuft und das Resourcenmanagement funktioniert. Was noch strittig ist, ist alles, was mit QoS (Quality of Service) zusammenhängt. Also, wie genau ein Dienst implementiert wird, wie sieht es an den Netzübergängen zwischen den Betreibern aus usw. Um es kurz zu fassen: Verbindungen können mit zusätzlichen Informationen (Bandbreite, Echtzeit, Abrechnung usw.) hergestellt werden, aber wie bekomme ich die Inhalte korrekt (mit definierter Qualität) über die Verbindung rüber.
Jetzt wird es zwar spekulativ, aber andersrum gefragt: Wie könnte die wahrscheinlichste NGN-Lösung der T-Com (auf der TAL) aussehen? Daraus würde sich dann die Antwort darauf ableiten lassen, ob sich für den Kunden positive Auswirkungen ergeben.
Das ist alles spekulativ. Aber es entseht auf der Europäischen Ebene eine NGN mit einem SIP-basierten IMS. Was die TAL angeht, wird sich in der unmittelbaren Zukunft das NGN auf Produkten wie dem jetzt diskutirten Bitstream-Access und der IP-Interconnection abstützen. Aus den Vorgaben kann man ableiten, wie die Infrastruktur ausgebaut werden wird. Die Details stehen noch nicht fest. Wer interessiert ist, sollte also verfolgen, welche regulatorischen Vorgaben getroffen werden.
In jedem Fall kann man davon aus gehen, dass auch die T-Com sich an die europäischen Standadrs, die momentan bei ETSI erstellt wurden/werden halten wird. Für den der sich da reinfuchsen will,
hier ein Dokument mit einer Liste der derzeitig veröffentlichten Standards. Zusätzlich kann man noch auf der
Site und dann unter TISPAN verfolgen, was so passiert. Ist aber nicht alles öffentlich.
Wenn man nämlich nicht die DSL-Technologie einsetzen würde (deren Beschränkungen wir hier ja zu genüge kennen), könnte man auch eine andere Übertragungstechnik auf Basis von zwei Cu-Adern einsetzen, die für den Kunden Vorteile bringen könnte (mehr Bandbreite, höhere Reichweite).
Läßt man die DSL-Problematik beiseite, könnte auf jedem Anschluß mindestens 2 MBit/s (PMX-Technik) gefahren werden. Würde man dies in die NGN-Technologie einfließen lassen, wäre wohl allen geholfen (allerdings ist die Technik auch teurer, als die mittlerweile preiswerte DSL-Technologie).
Wie gesagt, dass ist unabhängig vom NGN. Das kommt auf den Netzbetreiber an, wie er sein Netz ausbauen und welche Dienste er später anbieten will. Danach richtet sich die Entscheidung, welche Technologie benutzt wird.
Sind irgendjemandem technische Details bekannt, wie die BT ihr Netz auf der TAL derzeit aufbaut?
Ein Netz wird eigentlich nicht über den Anschlussbereich aufgebaut. BT will aber bis 2009 ein NGN zur Verfügung stellen. Dabei sollen dann auch Multimediaanwendungen laufen. Nach und nach wird das Backbone auf IP umgestellt. Wen es interessiert
hier der gültige Übertragungsplan in UK. Bei BT läuft das unter dem Namen 21CN (21st Century Networks). Man wird sich auch dort an die ETSI-Standards halten. Man kann annehmen, dass die TAL entsprechend ausgebaut wird, um alles unterstützen zu können.
IN UK läuft im Moment das gleiche ab, wie hier: Bitstream-Access und IP-Interconnection. Das ist die Basis vom zukünftigen NGN (von der Hardware her gesehen). Wen es interessiert
hier die Haltung der englischen Regulierungsbehörde.
@barty
Was soll diese segensreiche Technik uns Otto-Normalverbrauchern dann bringen?
Der Hintergrund ist der, dass auf jeden Fall die Infrastruktur auf IP umgestellt werden wird. IP arbeitet aber von Hause aus nur auf
best effort-Basis. Wenn man also vergleichbare Dienste wie im bisherigen PSTN an bieten will, muss man eine Architektur und Protokolle entwickeln, die garantierte Dienstqualitäten unterstützen. Das soll NGN leisten; nicht mehr und nicht weniger. Zusätzlich entsteht noch eine Plattform, die es reinen Diensteanbietern einfacher machen wird, zusätzliche Leistungen anzubieten. Wegen der Trennung der Transport- und Dienstebene.
Ich persönlich sehe ich da noch eine zweite Komponente: Man könnte ja einfach alles auf IP umstellen, ohne NGN. Dann könnte aber auch der Endkunde selber Dienste bereitstellen. Das Netz hätte dann nur noch Transportfunktionen. Ein Diensteanbieter müsste dann in Konkurrenz zu seinen eigenen Kunden auftreten. Das verhindert man am besten dadurch, dass man den Netzzugang - wie bisher - mit einem streng geregelten Diensteportfolio verbindet. Dann ist der Kunde in seinen Möglichkeiten limitiert und man kann für jede zusätzliche Leistung auch ein Entgelt verlangen. Über NGN können sich die klassischen Anbieter ihre Geschäftsmodelle also erhalten.
Aus Sicht von "geteilt.de" bringt das natürlich alles nichts. Man muss halt der Wahrheit ins Gesicht sehen (soll jetzt nicht zynisch klingen

):
Nach der Liberalisierung der TK-Welt, wird nach streng marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden. Es gibt auf der Basis keine flächendeckende Versorgung; das rechnet sich nicht. Durch NGN wird sicherlich mehr in die Infrastruktur investiert, aber es wird auch weiterhin weiße Flecken auf der Landkarte geben. Die können nur über politische Vorgaben, sprich Universaldienst, getilgt werden. Der Wettbewerb macht das nicht.