Ausbaugesetz für digitale Hochgeschwindigkeitsnetze kann den Breitbandausbau beschleunigen
Der von der Bundesregierung in der letzten Woche beschlossene Entwurf des Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) war Thema eines Treffens der IfKom mit dem Bundestagsabgeordneten Steffen Kanitz.
Nach Auffassung des Verbandes der Ingenieure für Kommunikation (IfKom e. V.) könnte dieser Gesetzesentwurf den Breitbandausbau beschleunigen. Das Gesetz trägt nach Bewertung der IfKom sicherlich zu einer höheren Verfügbarkeit von Infrastrukturkomponenten, wie Leerrohren oder Glasfasern, in kürzerer Zeit bei. Ob sich die von der Bundesregierung veranschlagten Kostensenkungen von bis zu 20 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren jedoch tatsächlich erzielen lassen, bezweifelt der Verband.
Den größten Kostenfaktor beim Netzausbau bildet der Tiefbau. Wenn Autobahnen, Straßen, Geh- und Fahrradwege neu gebaut oder saniert werden, lassen sich jedoch Kosten sparen, wenn im Zuge dieser Baumaßnahmen beispielsweise Leerrohre für Glasfasernetze verlegt werden. Daher sieht der Gesetzentwurf vor, Netzbetreibern Ansprüche auf die Mitverlegung von passiven Netzinfrastrukturen und Glasfaserkabeln bei öffentlich finanzierten Bauarbeiten und bei der Erschließung von Neubaugebieten einzuräumen. Außerdem erhalten Netzbetreiber Ansprüche auf die Nutzung existierender passiver Netzinfrastrukturen sowie auf Informationen über die tatsächliche Versorgungslage. Zur Kostensenkung sollen auch die bedarfsgerechte Mitverlegung von Glasfaserkabeln und Anpassungen bei den Wegerechtsregelungen im Telekommunikationsgesetz beitragen, beispielsweise durch die Möglichkeit der Verlegung in geringerer Verlegetiefe.
Die IfKom begrüßen die Konzentration auf Glasfasernetze als wichtige leistungsfähige und zukunftssichere Infrastruktur. Allerdings bestehen nach der ersten Diskussion noch Unklarheiten, insbesondere hinsichtlich der Kosten für die Mitverlegung von Infrastrukturkomponenten. Aus der Sicht des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, solle derjenige die Glasfaserleitungen verlegen, der die klassische Infrastruktur an der Stelle, beispielsweise eine Straße, baue. Aus Sicht der Opposition sei jedoch noch nicht eindeutig geregelt, wer letztlich für die Kosten aufkommen solle, die Kommune, die die Straße aufreißt, der Bund oder die Telekommunikationsunternehmen.
Die Ingenieure für Kommunikation halten das Ziel des Gesetzes für wichtig. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens, voraussichtlich im August 2016, lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob dieses Gesetz angesichts langfristiger Planungs- und Bauphasen noch einen wesentlichen Beitrag für die flächendeckende Verfügbarkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis zum Jahr 2018 leisten kann. Dieser Gesetzentwurf hätte auch schon mindestens ein Jahr früher vorgelegt werden können, denn die zu Grunde liegende EU-Kostensenkungsrichtlinie stammt bereits aus dem Mai des Jahres 2014.
Steffen Kanitz merkte an: Um Deutschlands Anspruch als Führungsnation im Bereich des Ausbaus der digitalen Infrastruktur hin zur Industrie 4.0 zu erhalten, muss kurzfristig ein Umdenken stattfinden. Der Ausbau von Breitband muss als Infrastrukturmaßnahme den gleichen Stellenwert haben, wie einst der Straßenausbau in den 50iger Jahren. Ohne Investitionen in einen gesicherten Zugang zu Breitband wird es eine Industrie 4.0 in Deutschland nicht geben. Steuerliche Anreize für den Ausbau könnten hier Projekte unterstützen, die sonst vielleicht nicht zustande kommen würden.
Die Unterstützung von Mittelständischen Unternehmen bei der Sicherung von Daten und Know-how, z.B. durch die Industrie- und Handelskammern, könnten mögliche Maßnahmen sein, um das geistige Eigentum in Deutschland zu sichern.
(hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf "zur Erleichterung des Ausbaus digitale Hochgeschwindigkeitsnetze" (18/8332) trifft bei Experten auf grundsätzliche Zustimmung. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur am Mittwoch deutlich. Ziel des Entwurfes ist die Kostensenkung und damit Beschleunigung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze. Dazu ist unter anderem vorgesehen, Netzbetreibern Ansprüche auf die Nutzung existierender passiver Netzinfrastrukturen einzuräumen. Weitere Synergien für den Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze verspricht sich die Bundesregierung von der Verpflichtung, bei öffentlich finanzierten Bauarbeiten eine bedarfsgerechte Mitverlegung von Glasfaserkabeln sicherzustellen.
Kontrovers diskutiert wurde im Verlauf der Anhörung die Frage des sogenannten Überbaus, also des Breitbandausbaus in Gebieten, in denen es schon leistungsfähige Netze gibt. Die in dem Gesetz festgeschriebenen Ansprüche dürften nur in unterversorgten Gebieten, sogenannten "weißen Flecken" gelten, forderte unter anderem Thomas Abel vom Verband Kommunaler Unternehmen. Zugleich sprach er sich dafür aus, die Gründe, die eine Ablehnung der Mitnutzung gestatten, im Gesetz nicht abschließend zu beschreiben sondern offen zu gestalten. Auch Sven Knapp vom Bundesverband Breitbandkommunikation forderte, den Überbau zu verhindern. In dieser Frage gehe der Entwurf noch nicht weit genug, urteilte er.
Gegen ein solches Überbauverbot sprach sich der Vertreter der Deutschen Telekom, Wolfgang Kopf, aus. Dieser "negativ konnotierte Begriff" des Überbaus stehe im Widerspruch zum Ziel der Förderung des wettbewerblichen Infrastrukturausbaus, wie in der mit dem Gesetz umgesetzten EU-Richtlinie und im Telekommunikationsgesetz verankert. Kopf verwies zudem auf die leistungsstarken 5G-Funknetze, die es in Zukunft geben werde und die "ein sehr engmaschiges Glasfasernetz benötigen". Für 5G werde es parallele Netze geben müssen, sagte er.
Gerade im ländlichen Bereich gebe es eben keinen Wettbewerb, sagte Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag. "Wenn es Überbau gibt, dann in den aus Sicht der Wettbewerber attraktiven Gebieten." Ritgen sprach sich zudem gegen die geplante Mitverlegung von Glasfaserkabeln etwa beim Straßenbau aus. Die Mitverlegung von Leerrohren sei eine gute Idee. Glasfasern mitzuverlegen erscheine dagegen nur sinnvoll, wenn dem eine landkreisweite Glasfaserausbauplanung zugrunde liegt.
Stefan Birkenbusch vom Bundesverband Glasfaseranschluss warnte davor, die Erwartungen an die Wirkungen des Gesetzes zu hoch anzusetzen. Der beispielsweise zur Koordinierung von Bauarbeiten notwendige Organisationsaufwand sei in vielen Fällen höher als die erzielbaren Einsparungen. Positiv bewertet er hingegen, dass der Entwurf den Schwerpunkt auf den Ausbau mit Glasfaserkabel setzt.
Das sah Franziska Löw vom Verband deutscher Kabelnetzbetreiber anderes. Benötigt werde ein Technologiemix, sagte sie und sprach sich gegen eine Fokussierung ausschließlich auf Glasfaser aus. "Die Technikneutralität muss gewahrt werden", forderte Löw.
Eine Innenverlegung von Glasfaserkabeln in Gasrohren bewertete Volker Bartsch vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches sehr kritisch. "Ich rate davon ab, die Betreiber von Gasnetzen in die Mitnutzungspflicht einzubinden", sagte er. Das eingebrachte Kabel würde die Dichtheit der notwendigen Absperrung negativ beeinflussen und diese Technik somit aus Sicht der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes unmöglich machen, sagte er.
Vor einem "Infrastruktur-Flickenteppich" warnte Claus Wedemeier vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, wenn innerhalb eines Mehrfamilienhauses verschiedene Anbieter die Kabel in verschiedene Wohnungen legen. Dies könne vorhandene Hochgeschwindigkeitsnetze entwerten und künftige Investitionen, die allen Mietern in einem Gebäude den Zugang zu einheitlichen, leistungsfähigen Breitbandnetzen ermöglichen sollen, ausbremsen, sagte er.
DigiNetz-Gesetz: Volkswirtschaftlich unsinniger Ãœberbau hochmoderner Glasfasernetze muss verhindert werden
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) sieht noch entscheidenden Nachbesserungsbedarf am vom Bundestag am gestrigen Abend verabschiedeten „Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze“ (DigiNetzG). Das Gesetz geht nun in den Bundesrat und wird dort voraussichtlich Ende September auf der Tagesordnung stehen. Mit dem DigiNetzG wird die im Mai 2014 vorgelegte „EU-Richtlinie zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen“ in nationales Recht überführt.
Das Gesetz bietet aus Sicht des BREKO zwar gute Ansätze – an entscheidenden Punkten muss nach Ansicht des Verbands aber noch nachgebessert werden. „Diese Nachbesserungen muss der Bundesrat jetzt anmahnen und den Vermittlungsausschuss anrufen“, sagt BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers.
Denn ein zusätzlicher Breitbandausbau in Gebieten, in denen bereits Hochgeschwindigkeitsnetze ausgerollt worden sind („Überbau“), macht nicht nur aus Sicht des BREKO volkswirtschaftlich keinen Sinn: Auch der Bundesrat hatte diesbezüglich bereits im Vorfeld entsprechende Kritik an der im Gesetz vorgesehenen, generellen und unbeschränkten Zugangsverpflichtung zu bestehenden und für den Breitbandausbau nutzbaren Telekommunikationsinfrastrukturen geübt.
„Dort, wo schon heute hochleistungsfähige Highspeed-Anschlüsse vorhanden sind – insbesondere solche, die direkt bis ins Gebäude (FTTB) oder bis direkt in die Wohnung (FTTH) reichen –, macht es keinen Sinn, diese zu überbauen und Investitionen auf diese Weise fehlzuleiten. Das gilt erst recht in Hinsicht auf die Anforderungen der kommenden Gigabit-Gesellschaft mit einer digitalisierten Industrie 4.0“, erläutert Albers. „Das DigiNetz-Gesetz sollte vielmehr die richtigen Anreize für Investitionen in zukunftssichere und nachhaltige, direkte Glasfaseranschlüsse (FTTB / FTTH) setzen.“
Der Verband spricht sich daher dafür aus, die vorgesehene, pauschale Zugangsverpflichtung auf diejenigen besonders unterversorgten Gebiete („weiße Flecken“) – diese liegen meist im ländlichen Raum – zu beschränken, in denen bislang noch keine schnellen Glasfaseranschlüsse verfügbar sind.
Albers unterstreicht: „Unser Fokus sollte auf einem raschen und vor allem effizienten, echten Glasfaserausbau in der Fläche liegen – und nicht dort, wo bereits heute leistungsfähige Breitbandzugänge von Privat- und Geschäftskunden gebucht werden können.“
Positiv am neuen Gesetz sieht der BREKO die Vorschrift, dass bei der Erschließung von Neubaugebieten Glasfaserleitungen künftig verpflichtend mitverlegt werden müssen. Das gilt auch bei öffentlich geförderten Bauvorhaben. Bei der Umsetzung der Mitverlegungsverpflichtungen ist aus Sicht des Verbands besonders wichtig, dass sichergestellt wird, dass die neu errichteten Infrastrukturen auch von allen Netzbetreibern gleichermaßen genutzt werden können. Der BREKO spricht sich dabei dafür aus, die Vorgaben für die zu errichtenden Infrastrukturen flexibel und möglichst offen auszugestalten.
Auch die Verpflichtung, ab dem 1. Januar 2017 alle Neubauten mit hochgeschwindigkeitsfähiger, gebäudeinterner Infrastruktur – zum Beispiel mit ultraschnellen Glasfaserleitungen als Inhouse-Verkabelung – auszustatten, kann Deutschland auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft weiter voranbringen. Das gilt auch für die im Gesetz vorgesehene Pflicht zur Koordinierung und Transparenz von Bauarbeiten – etwa bei Bauarbeiten an Straßen –, um notwendige (und teure) Tiefbauarbeiten nicht mehrfach ausführen zu müssen.
BREKO-Präsident Norbert Westfal: „Wir setzen nun auf die Expertise der Mitglieder des Bundesrats, die bereits erkannt haben, dass die Rahmenbedingungen für einen schnellen und flächendeckenden Glasfaserausbau zugunsten von Bürgern und Unternehmen richtig gesetzt werden müssen.“
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