Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Neuigkeiten zum Thema Telekommunikation und Breitband

Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon grapevine » 05.04.2013 11:54

Im Grundgesetz steht aber auch etwas von Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse...


Ich habe ja bereits ausgeführt, dass "gleichwertig" nach herrschender Meinung ganz und gar nicht "gleich" bedeutet. Aber in welchem Zusammenhang steht das nochmal mit einer möglichen Drosselung der VDSL-Angebote der Telekom? Was es (auf dem Land) nicht gibt, kann sowieso nicht gedrosselt werden.

Die Politik und Regulierung ist selber schuld das hinten und vorne nix funktioniert!


Ich habe inzwischen einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Ich habe um die 20 Jahre lang öffentliche Bildungseinrichtungen besucht. Ich hatte jeden Tag genügend zu essen, und von Naturkatastrophen bin ich bisher verschont geblieben. Die Sonne ist jeden Morgen aufgegangen. Mein Radiowecker funktioniert einwandfrei, weil sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch die halböffentliche Energieversorgung tadellos funktionieren. Aus meiner Dusche fließt Wasser von unglaublich guter Qualität in angenehmer Temperatur. Kurz nach dem Aufstehen habe ich meine E-Mails und meinen Terminkalender angesehen, um herauszufinden, was heute zu tun ist. Mein Kühlschrank ist voll mit Lebensmitteln, die mich auf eine verbleibende Lebenszeit zwischen 30 und 60 Jahren hoffen lassen. Der Bäcker bot wie üblich eine reichhaltige Auswahl frischer, schmackhafter Backwaren feil. Mein Auto stand heute morgen immer noch dort, wo ich es abgestellt habe, mit intakten Reifen. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit weder erschossen, noch bedroht worden, wie jeden Tag. Manchmal nimmt mir allerdings jemand die Vorfahrt. Die Bundesautobahnen waren frei und in gutem Zustand. Sollte ich mich am Wochenende langweilen, gibt es von Ausstellungen über Opern bis zu den Zoos eine reichhaltige Auswahl von kulturellen Angeboten.

Es gibt eine Minderheit von Menschen in diesem Land, denen ein bezahlbarer Breitbandzugang mangels Verfügbarkeit bisher verwehrt geblieben ist. Glücklicherweise kenne ich aber Dutzende von Menschen aus allen Bereichen, die sich tagtäglich damit beschäftigen, diesen Zustand abzustellen. Alle sind sich darüber einig, dass das irgendwie noch besser gehen müsste, und dass es zuviele Reibungsverluste gibt. Aber alle arbeiten hart, und die meisten mögen ihre Tätigkeit. Manchmal geht es schief, aber jede Gemeinde, jede Ortslage ist ein kleiner Erfolg.

Ich lasse mir aber gerne erklären, dass meine Sicht auf die Dinge zu sehr magentafarben ist. Vielleicht sind die handelnden Personen bei uns wirklich völlig unfähig, und überall sonst auf der Welt wäre das Leben viel besser.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Nenunikat » 05.04.2013 12:22

Auch wenn es hier wohl OT wird:
grapevine hat geschrieben:...
Ich habe inzwischen einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Ich habe um die 20 Jahre lang öffentliche Bildungseinrichtungen besucht. Ich hatte jeden Tag genügend zu essen, und von Naturkatastrophen bin ich bisher verschont geblieben.
...

Es sagt keiner, dass es uns in Deutschland grundsätzlich schlecht geht. Und es gibt wichtigere Dinge, als den Breitbandzugang. Der Breitbandzugang ist aber auch nicht unwichtig.
Hier geht es hauptsächlich um das Thema "Breitband-Versorgung".
Und die ist bekanntermaßen für immer noch zu viele Leute alles andere, als optimal.
grapevine hat geschrieben:...
Es gibt eine Minderheit von Menschen in diesem Land, denen ein bezahlbarer Breitbandzugang mangels Verfügbarkeit bisher verwehrt geblieben ist. Glücklicherweise kenne ich aber Dutzende von Menschen aus allen Bereichen, die sich tagtäglich damit beschäftigen, diesen Zustand abzustellen.
...

Diese Menschen sind vielleicht stellenweise damit beschäftigt, Breitbandzugänge einzurichten, weil sich manche Gemeinden die Eigenmittel leisten (können), um mittels Fördermitteln den Ausbau auszuschreiben.
An anderen Stellen passiert weiter nichts. Da fehlen die Eigenmittel. Da wird nichts Zeitgemäßes ausgebaut. Da werden vorhandene Möglichkeiten nicht genutzt, weil es die vor Ort aktiven Unternehmen nicht interessiert. Da muss man schon froh sein, wenn man wenigstens LTE nutzen kann. Verbesserungen sind dort oft genug nicht in Sicht.
grapevine hat geschrieben:...
Alle sind sich darüber einig, dass das irgendwie noch besser gehen müsste, und dass es zuviele Reibungsverluste gibt.
...

Es liegt im Wesentlichen nicht an Reibungsverlusten, sondern an dem grundsätzlichen Herangehen: Der Markt wird es richten und mit Fördermitteln wird etwas nachgeholfen.
Dieses Herangehen hilft stellenweise, andere bleiben weiter unversorgt oder unterversorgt.
Reibungsverluste kommen dort dann ggf. nur noch dazu.
(Der grundsätzliche Vorwurf geht deshalb auch nicht an die Unternehmen, die nur entsprechend ihrer Rolle handeln, sondern an die Politik, welche manche Wirklichkeiten einfach ignoriert.)
grapevine hat geschrieben:...
Ich lasse mir aber gerne erklären, dass meine Sicht auf die Dinge zu sehr magentafarben ist.
...

Wenn Du davon ausgehen solltest, dass der Breitband-Markt allein die Versorgungs-Probleme löst, dann solltest Du Deine Ansichten allerdings hinterfragen.
... - erleben was verhindert.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon grapevine » 05.04.2013 12:45

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
Ich lasse mir aber gerne erklären, dass meine Sicht auf die Dinge zu sehr magentafarben ist.
...

Wenn Du davon ausgehen solltest, dass der Breitband-Markt allein die Versorgungs-Probleme löst, dann solltest Du Deine Ansichten allerdings hinterfragen.


Das denke ich durchaus nicht. Das hängt aber auch schon von der gewählten Begriffsdefinition ab: Wenn man als "Markt" den (virtuellen) Ort bezeichnet, an dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, dann könnte man auch sagen: Wo kein Angebot existiert, da gibt es auch keinen Markt. Feuer frei für den Staat also, so oder so. :)
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Fehler20 » 05.04.2013 18:41

Ich habe inzwischen einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Ich habe um die 20 Jahre lang öffentliche Bildungseinrichtungen besucht. Ich hatte jeden Tag genügend zu essen, und von Naturkatastrophen bin ich bisher verschont geblieben. Die Sonne ist jeden Morgen aufgegangen. Mein Radiowecker funktioniert einwandfrei, weil sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch die halböffentliche Energieversorgung tadellos funktionieren. Aus meiner Dusche fließt Wasser von unglaublich guter Qualität in angenehmer Temperatur. Kurz nach dem Aufstehen habe ich meine E-Mails und meinen Terminkalender angesehen, um herauszufinden, was heute zu tun ist. Mein Kühlschrank ist voll mit Lebensmitteln, die mich auf eine verbleibende Lebenszeit zwischen 30 und 60 Jahren hoffen lassen. Der Bäcker bot wie üblich eine reichhaltige Auswahl frischer, schmackhafter Backwaren feil. Mein Auto stand heute morgen immer noch dort, wo ich es abgestellt habe, mit intakten Reifen. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit weder erschossen, noch bedroht worden, wie jeden Tag. Manchmal nimmt mir allerdings jemand die Vorfahrt. Die Bundesautobahnen waren frei und in gutem Zustand. Sollte ich mich am Wochenende langweilen, gibt es von Ausstellungen über Opern bis zu den Zoos eine reichhaltige Auswahl von kulturellen Angeboten.

Es gibt eine Minderheit von Menschen in diesem Land, denen ein bezahlbarer Breitbandzugang mangels Verfügbarkeit bisher verwehrt geblieben ist. Glücklicherweise kenne ich aber Dutzende von Menschen aus allen Bereichen, die sich tagtäglich damit beschäftigen, diesen Zustand abzustellen. Alle sind sich darüber einig, dass das irgendwie noch besser gehen müsste, und dass es zuviele Reibungsverluste gibt. Aber alle arbeiten hart, und die meisten mögen ihre Tätigkeit. Manchmal geht es schief, aber jede Gemeinde, jede Ortslage ist ein kleiner Erfolg.

Ich lasse mir aber gerne erklären, dass meine Sicht auf die Dinge zu sehr magentafarben ist. Vielleicht sind die handelnden Personen bei uns wirklich völlig unfähig, und überall sonst auf der Welt wäre das Leben viel besser.


Alles in allem hast du recht, aber: was viele dabei glaube ich auf die Palme bringt ist, dass teilweise offensichtliche Fehler oder Fehlentscheidungen begangen werden, welche ohne (oder geringen) einen Nachteil für jemand anderen Internet ermöglichen würden (z.B. alle Wasserleitungen werden erneuert => alle Straßen eh offen, Telekom wurde bewusst von der Stadt nicht eingebunden => weiter DSL Light). Natürlich ist eine Drossel mit 400GB bei VDSL momentan kein Problem für die meisten Haushalte, wenn ich aber lese, wie viele Dinge mittlerweile so entwickelt werden, dass sie ständig nach Hause telefonieren wollen, dann mache ich mir bei den 75GB bei DSL16000 (was wahrscheinlich für die allermeisten in D bei der Telekom das Maximum sein dürfte) schon so meine Gedanken. Und da die von dir aufgezählten Dinge funktionieren fängt man halt hier an zu verbessern :). Und vielleicht kann man "nur" mit ein bisschen beschweren die Telekom davon abhalten, dieses Vorhaben auch umzusetzen. Es wäre eine Verbesserung.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Nenunikat » 05.04.2013 19:32

grapevine hat geschrieben:...
Das hängt aber auch schon von der gewählten Begriffsdefinition ab: Wenn man als "Markt" den (virtuellen) Ort bezeichnet, an dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, dann könnte man auch sagen:
Wo kein Angebot existiert, da gibt es auch keinen Markt. Feuer frei für den Staat also, so oder so. :)

Der Markt soll ja die ganzen Versorgungsprobleme lösen - also überall wo sie in Deutschland auftreten.
Da dies aber nicht passiert, versagt der Markt gegenüber diesen zu hoch gesteckten Ansprüchen.
Nebenbei:
Manche "Reibungsverluste" bestehen auch darin, dass lange vorhandene Möglichkeiten von der Anbieter-Seite nicht genutzt werden...
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon governet » 05.04.2013 22:03

Dino75195 hat geschrieben:Telekom-Plan zur Drosselung verstößt gegen Netzneutralität
http://www.golem.de/news/festnetz-telek ... 98529.html

Blos das die Überschrift falsch ist. Nicht die Drosselung verstößt gegen die Netzneutralität, sondern dass eigene Dienste außen vor gelassen werden, also nicht gedrosselt werden. Der Original-Artikel ist da viel besser:
http://www.faz.net/aktuell/technik-moto ... 32211.html

grapevine hat geschrieben:Die aktuelle Diskussion ist aus Verbrauchersicht verständlich, aber ein neutraler Beobachter kann nicht mit zweierlei Maß messen, sondern muss berechtigte Interessen abwägen.

Dann sag doch mal, wer bei diesem Thema neutral ist? Die Verbraucher nicht, die Telekom schon gar nicht und der Staat als Einteilseigner an der Telekom auch nicht. Wer bleibt da noch übrig?

grapevine hat geschrieben:Ist es so gemeint, dass die Aktionäre im Interesse der Nutzer auf Ausschüttungen bzw. Wertzuwachs verzichten sollen?

Folgendes ist dir klar?
Ausschüttungen - kurzfistdenken
Wertzuwachs langfristdenken

Damit muss entweder der Aktionär auf Ausschüttungen verzichten oder auf Wertzuwachs. Da je höher die Ausschüttungen heute umso weniger Investitionsmasse steht zur Verfügung und damit weniger Wertzuwachs und weniger Ausschüttungen zukünftig.

Kundenverprellung zu Gunsten höherer Ausschüttungen heute ist was?

grapevine hat geschrieben:Bevor die Aktionäre das tun, werden sie eher noch die Einstellung des Geschäftsfelds oder gar die Liquidation beschließen und ihr Geld woanders investieren.

Das möchte ich gerne sehen, dass die Telekom ihr lukratives Deutsches Festnetzgeschäft abstößt.

grapevine hat geschrieben:niemand muss eine Flatrate anbieten

Das ist richtig. Sie machen es aber.

grapevine hat geschrieben: Es ist lediglich so, dass die meisten Handlungsweisen einem Regelwerk unterliegen

Genau, nennt man auch Gesetze. Und dagegen wird verstoßen bzw. wird verstoßen werden.

Schauen wir uns heutige Verträge mit der Drosselmöglichkeit an :
Wird als Flatrate verkauft (auf Drosselung wurde, bzw. wird meist nicht hingewiesen). Der Kunde muss also nicht mit einer Drosselung rechnen. Klarer Verstoß gegen § 305c Abs 1 BGB. Diese Klauseln sind unwirksam.

Aufzeichnung des Volumens:
Obwohl Flatrates verkauft werden, werden die Volumen aufgezeichnet. Klarer Verstoß gegen § 96 Abs. 1 TKG. Sie dürften es zwar nach § 100 TKG. Das die Drosselung aber zur Eingrenzung von Störungen dient, kann wohl ausgeschlossen werden, bzw. nicht begründet werden, da damit keine Lastspitzen ausgeglichen werden.

Inklusivvolumina gelten nicht bei eigenen Diensten:
Dürfte wohl klar unter § 4 Nr. 11 UWG fallen. Vermutlich auch ein Fall fürs Bundeskartellamt. § 41a TKG sollte auch brauchbar sein.

grapevine hat geschrieben:Aber niemand ist verpflichtet, Lebensmittel anzubauen, und niemand muss eine Flatrate anbieten. Dieser Grundsatz steht im Grundgesetz sehr sehr weit vorne.

Welchen Grundsatz meinst du?

grapevine hat geschrieben:Wo kein Angebot existiert, da gibt es auch keinen Markt.
Das Angebot existiert schon auch die Nachfrage, nur sind die Kosten - Preis, eigene Arbeitskraft oder Qualität - für die Nachfrager zu hoch, um das Angebot ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Da der Staat durch Subventionen eingreift, dürfte hier auch ein Marktversagen vorliegen, was aber immer vehement bestritten wird - denn der Markt wird schon alles richten (welch widersprüchliche Feststellung).
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon governet » 05.04.2013 22:22

Nachtrag:
grapevine hat geschrieben:Hinsichtlich der Drosselung kann ich mir vorstellen, dass der Gesetzgeber dafür sorgt, dass als "Flatrate" o.ä. bezeichneter Tarif bestimmte Eigenschaften haben muss. Ich halte es aber für unrealistisch, dass es einen Zwang geben wird, überhaupt eine Flatrate anzubieten. Das würde gegen sehr wichtige Grundsätze unseres Rechtssystems verstoßen und daher wohl auch einer verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht Stand halten.

Könnte § 14 GG 2 standhalten, wenn gut begründet.

grapevine hat geschrieben:Gerade die Aktionäre der Telekom hatten wenig zu lachen, haben sie doch ihre Dividenden mit einem deutlichen Kursverlust bezahlt.

Lag wohl eher am USA Geschäftsfeld oder? Passt aber auch zu oberer These: hohe Dividenden = kein Wertzuwachs.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon grapevine » 08.04.2013 11:21

governet hat geschrieben:
Dino75195 hat geschrieben:Telekom-Plan zur Drosselung verstößt gegen Netzneutralität
http://www.golem.de/news/festnetz-telek ... 98529.html

Blos das die Überschrift falsch ist. Nicht die Drosselung verstößt gegen die Netzneutralität, sondern dass eigene Dienste außen vor gelassen werden, also nicht gedrosselt werden. Der Original-Artikel ist da viel besser:
http://www.faz.net/aktuell/technik-moto ... 32211.html


Exakt. Deshalb habe ich von "Drosselung mit Ausnahmen" gesprochen.

governet hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:Die aktuelle Diskussion ist aus Verbrauchersicht verständlich, aber ein neutraler Beobachter kann nicht mit zweierlei Maß messen, sondern muss berechtigte Interessen abwägen.

Dann sag doch mal, wer bei diesem Thema neutral ist? Die Verbraucher nicht, die Telekom schon gar nicht und der Staat als Einteilseigner an der Telekom auch nicht. Wer bleibt da noch übrig?


Zunächst einmal geht der Neutralitätsanspruch an den Staat. Auch wenn Beteiligung (ca. 32% inkl. KfW) am ehemaligen Staatsbetrieb diese Betrachtung nicht einfacher macht, wird der Staat bzw. die Politik nicht alleine das Wohl der Beteiligung im Blick haben. Das hat er in der Vergangenheit ja auch nicht (vgl. dazu zum Beispiel die Erwägung der KfW, ihre Dividende zu reinvestieren aus dem Dezember oder die TKG-Novelle). Im übrigen gäbe es dann wohl sehr lautstarken Protest von den anderen Marktteilnehmern und ggf. von der EU-Kommission.

Wenn es hart auf hart käme, wäre ein Richter gefragt. Neutraler geht es realistischerweise wohl nicht.

governet hat geschrieben:Folgendes ist dir klar?
Ausschüttungen - kurzfistdenken
Wertzuwachs langfristdenken


Ist mir klar, taugt aber nicht zu mehr, als einer sehr groben Faustregel.

governet hat geschrieben:Damit muss entweder der Aktionär auf Ausschüttungen verzichten oder auf Wertzuwachs. Da je höher die Ausschüttungen heute umso weniger Investitionsmasse steht zur Verfügung und damit weniger Wertzuwachs und weniger Ausschüttungen zukünftig.


Aktuell kann man also sehen, dass die Telekom-Aktionäre lieber heute eine Dividende sehen. Man müsste sie also davon überzeugen, dass eine Investition in Zukunftsinfrastruktur sich lohnen könnte?

governet hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:Bevor die Aktionäre das tun, werden sie eher noch die Einstellung des Geschäftsfelds oder gar die Liquidation beschließen und ihr Geld woanders investieren.

Das möchte ich gerne sehen, dass die Telekom ihr lukratives Deutsches Festnetzgeschäft abstößt.


Soweit wird es nicht kommen.

governet hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:niemand muss eine Flatrate anbieten

Das ist richtig. Sie machen es aber. Es hat Vorteile für alle Beteiligten. Wenn das nicht mehr der Fall ist, hört man damit auf. Das ist doch die Diskussion, die gerade geführt wird.

governet hat geschrieben:Schauen wir uns heutige Verträge mit der Drosselmöglichkeit an :
Wird als Flatrate verkauft (auf Drosselung wurde, bzw. wird meist nicht hingewiesen). Der Kunde muss also nicht mit einer Drosselung rechnen. Klarer Verstoß gegen § 305c Abs 1 BGB. Diese Klauseln sind unwirksam.


Könnte passieren, muss aber nicht. Man kann vortrefflich darüber diskutieren, womit ein Verbraucher rechnen muss.

governet hat geschrieben:Aufzeichnung des Volumens:
Obwohl Flatrates verkauft werden, werden die Volumen aufgezeichnet. Klarer Verstoß gegen § 96 Abs. 1 TKG. Sie dürften es zwar nach § 100 TKG. Das die Drosselung aber zur Eingrenzung von Störungen dient, kann wohl ausgeschlossen werden, bzw. nicht begründet werden, da damit keine Lastspitzen ausgeglichen werden.


Das sehe ich ganz und gar nicht klar. Es handelt sich um einen Volumentarif, weil ab einer abgerufen Inklusivleistung die Leistungsparameter geändert werden. Damit ist die Erhebung des Volumens entgeltrelevant, und deshalb ist sie erlaubt. Ich werde aber nochmal nachlesen, sobald ich einen neuen TKG-Kommentar da habe - mein Exemplar bezieht sich noch auf den Stand vor der Novelle. Die Novelle ist deshalb relevant, weil das TKG erst seit dem vergangenen Jahr eindeutig auch "das Internet" regelt, und weil der Geist der Norm auf weit sensiblere Teilnehmerdaten (Nummern, Zeitpunkte, Standortdaten) abzielt.

governet hat geschrieben:Inklusivvolumina gelten nicht bei eigenen Diensten:
Dürfte wohl klar unter § 4 Nr. 11 UWG fallen. Vermutlich auch ein Fall fürs Bundeskartellamt. § 41a TKG sollte auch brauchbar sein.


Der von Dir angesprochene Teil des UWG würde aber eine entsprechende Gesetzesnorm verlangen, die mit der Drossel gebrochen würde. § 41a sagt nicht mehr, als dass die Exekutive Regeln verordnen darf, wenn es nötig ist.

governet hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:Aber niemand ist verpflichtet, Lebensmittel anzubauen, und niemand muss eine Flatrate anbieten. Dieser Grundsatz steht im Grundgesetz sehr sehr weit vorne.

Welchen Grundsatz meinst du?


Die gute alte Handlungsfreiheit in Artikel 2.


governet hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:Hinsichtlich der Drosselung kann ich mir vorstellen, dass der Gesetzgeber dafür sorgt, dass als "Flatrate" o.ä. bezeichneter Tarif bestimmte Eigenschaften haben muss. Ich halte es aber für unrealistisch, dass es einen Zwang geben wird, überhaupt eine Flatrate anzubieten. Das würde gegen sehr wichtige Grundsätze unseres Rechtssystems verstoßen und daher wohl auch einer verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht Stand halten.

Könnte § 14 GG 2 standhalten, wenn gut begründet.


Also
a) die überwiegende Mehrheit benötigt einen ungedrosselten Anschluss nicht, und
b) die verbleibende Minderheit kann ihn im Zweifel gegen höheres Entgelt (Volumentarif) erhalten, wenn sie genug zahlt.

Dass ein Verbraucher für eine überdurchschnittliche Leistung nicht mehr zahlen möchte, ist mit Sicherheit keine Frage des Gemeinwohls. Eingriffe in die Vertragsfreiheit dieser Art gibt es im Arbeits- oder Mietrecht, wo die Gesellschaft vermeiden möchte, dass Menschen ohne wichtigen Grund auf der Straße sitzen und zum Sozialfall werden. Rund um die Uhr am Anschlag surfen zu wollen ist dagegen purer Luxus.

Bevor das kommt, sehe ich eher noch Lebensmittelgutscheine für Bedürftige.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Nenunikat » 08.04.2013 11:48

grapevine hat geschrieben:...
Zunächst einmal geht der Neutralitätsanspruch an den Staat.
...

Da der Staat durch Bundestag und Bundesrat "geleitet" wird und dort Vertreter der gewählten Parteien sitzen, ist hier mit Neutralität nicht viel los...
... - erleben was verhindert.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon grapevine » 08.04.2013 13:30

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
Zunächst einmal geht der Neutralitätsanspruch an den Staat.
...

Da der Staat durch Bundestag und Bundesrat "geleitet" wird und dort Vertreter der gewählten Parteien sitzen, ist hier mit Neutralität nicht viel los...


Der Bundestag muss nicht neutral sein, um im Interesse des Volkes zu handeln, sondern er ist ja gerade das vom Volk gewählte Organ. Und jeder Wahlberechtigte kann kandidieren.

Es ist dann im weiteren nichts weiter als Normalität und gelebter Interessenausgleich, dass die Politik nicht nur die Vorstellungen einer Gruppe berücksichtigt, sondern Themen priorisiert und Kompromisse findet. Es ist ziemlich weit hergeholt, die Probleme im Breitbandausbau ausgerechnet auf eine schlecht funktionierende Demokratie zurückzuführen. Interessengeleitete Kritik an Politik sagt nichts über die Qualität von Politik aus, sondern ist in einer pluralistischen Gesellschaft gerade der erwünschte Normalfall.

Was ich im Kern sagen wollte: Wenn die Politik eine Regelung bezüglich der Drosselung finden müsste, wären die berechtigten Interessen der Verbraucher dafür mit Sicherheit nicht die einzige Entscheidungsgrundlage. Ob sie sich überhaupt mit diesem Thema beschäftigen wird, ist im übrigen noch gar nicht klar.
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Nenunikat » 09.04.2013 12:57

grapevine hat geschrieben:...
Der Bundestag muss nicht neutral sein, um im Interesse des Volkes zu handeln, sondern er ist ja gerade das vom Volk gewählte Organ. Und jeder Wahlberechtigte kann kandidieren.
...

Das ändert aber nichts am Neutralitätsanspruch. Der Bundestag ist nicht neutral, Kandidaten für den Bundestag sind es auch nicht.
grapevine hat geschrieben:...
Es ist dann im weiteren nichts weiter als Normalität und gelebter Interessenausgleich, dass die Politik nicht nur die Vorstellungen einer Gruppe berücksichtigt, sondern Themen priorisiert und Kompromisse findet.
...

Das kommt auf die Gruppen, Themen und Kompromisse an...
grapevine hat geschrieben:...
Es ist ziemlich weit hergeholt, die Probleme im Breitbandausbau ausgerechnet auf eine schlecht funktionierende Demokratie zurückzuführen.
...

Der wesentliche Knackpunkt liegt schon bei den politischen Entscheidungen - dem Verzicht auf eine zeitgemäße Universaldienstregelung.
Somit führen bestimmte Entscheidungen schon zu den Problemen.
grapevine hat geschrieben:...
Interessengeleitete Kritik an Politik sagt nichts über die Qualität von Politik aus, sondern ist in einer pluralistischen Gesellschaft gerade der erwünschte Normalfall.
...

Kritik kann begründet sein, kann auch rein interessengeleitet sein, kann gut durchdacht sein, muss es aber nicht, ...
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Fehler20 » 22.04.2013 15:55

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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon grapevine » 22.04.2013 16:54

Das ist nachteilig für Verbraucher. Aber ich bin immer noch der Meinung, dass eine Drosselung
a) rechtlich zulässig ist, Netzneutralität und die Aufzeichnung des Volumens halte ich für Nebelkerzen und
b) die nun einsetzende Diskussion ein Sturm im Wasserglas sein wird, weil nur wenige Kunden wirklich betroffen sein werden.

In diesem Sinne: Feuer frei!
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Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon Meester Proper » 22.04.2013 17:02

Siehe hierzu auch die offizielle Pressemitteilung: https://www.telekom.com/medien/produkte ... den/184370
Meester Proper
 

Re: Baldige Drosselung der Telekom-Festnetztarife?

Beitragvon spokesman » 22.04.2013 17:21

Danke für den Link, das macht die Satire perfekt.

Da fließen über Jahre Unmengen an Fördermillionen in einen geförderten Breitbandausbau und jetzt gibt man weiter bekannt, dass sich das Geschäft selbst mit den Fördermillionen nicht rechnen soll?
Der Wettbewerb hat also ohne Fördermillionen nicht zum Ausbau geführt, hier musste und muss der Steuerzahler ran und auf der anderen Seite muss jetzt der Kunde (am Ende der Steuerzahler/Bürger oder wie man uns nennen möchte) ran und nach einem Ausbau ebenfalls in die Tasche greifen.

Im letzten Teil der PM wird deutlich gemacht, das derzeit 15-20GB der Durchschnitt sein soll - 200GB gibt man den Kunden bei 50Mbit/s im Download, da frag ich mich was mit den LTE Volumina ist?

Hier wird rein nach Gewinnmaximierung entschieden, für die ersten 2 Wochen im Monat ergibt sich wohl kaum eine andere Netzlast - wenn ich mein Netz ausgeglichener haben möchte muss ich die Bandbreite einzelnen Kunden senken - also so ist mein Verständnis.

grapevine hat geschrieben:a) rechtlich zulässig ist, Netzneutralität und die Aufzeichnung des Volumens halte ich für Nebelkerzen und
dann muss man hier eben den Hebel ansetzen..

grapevine hat geschrieben:b) die nun einsetzende Diskussion ein Sturm im Wasserglas sein wird, weil nur wenige Kunden wirklich betroffen sein werden.
wie ich das sehe wirst du wohl kaum eine Welle wegen dieser Einführung machen..

Am Freitag war ich auf einer Infoveranstaltung eines kleineren ISP in meiner Region, Drosselung ist bei diesem kein Thema und sogar verpönt (also warum nur?), jetzt bin ich mal gespannt in wie weit sich dieser Trend fortsetzt..
______________
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