Bei einem Megabit ist Schluss – Telekom klagt gegen Breitbandausbau auf dem Land durch Wettbewerber
Eine verkehrte Welt mag man denken. Da verlangt die Bundesregierung den flächendeckenden Breitbandausbau mit 50 MBit/s. Die Länder stellen Fördermittel in Millionenhöhe bereit. Die Kommunen versuchen alles, damit bei Ausschreibungen möglichst viele Bürger schnelles Internet bekommen. Und die Telekom beruft sich in immer mehr Fällen auf eine Verfügung der Bundesnetzagentur, die es ihr erlaubt, den Ausbau zu verhindern, wenn in einem Ausbaugebiet 50 % der Bevölkerung bereits mit einem (!) MBit versorgt sind. Dies ist häufig dann der Fall, wenn ein Investor auch solchen Kunden einen schnellen Internetanschluss anbieten möchte, die ganz besonders weit weg vom letzten Kabelverzweiger wohnen und aufgrund der langen Kupferleitung unter einer völlig unzureichenden Breitbandversorgung leiden.
In diesen Fällen können neue Kabelverzweiger helfen, die mit Glasfaser versorgt näher an den Kunden heran gebaut werden als die alten der Telekom. Norbert Westfal, Geschäftsführer der EWE TEL GmbH: „Die Mindestversorgungsgrenze von einem MBit/s muss unverzüglich aufgegeben werden, wenn gleichzeitig die Regierung der Wirtschaft das Ziel setzt, flächendeckend 50 MBit/s anzubieten.“ Ein Ausbauverbot ab einem MBit und gleichzeitig die Drohung der Politik mit harten Universaldienstauflagen, wenn die Wirtschaft die Ausbauziele der Bundesregierung nicht erreicht, sind für Investoren mehr als unverständlich.
Michael Böttcher, Bürgermeister der Stadt Letschin, einer Gemeinde im Oderbruch: „Wir bedauern sehr, dass diese Haushalte nicht mit einem leistungsfähigen Internetzugang erschlossen werden können, weil uns die Telekom daran hindert. Die Anstrengung unseres Netzpartners und die Fördergelder des Landes Brandenburg laufen so leider ins Leere.“
„Noch unverständlicher ist aber, dass die Telekom sogar die Ausbaumöglichkeit bei unter einem MBit Versorgung für die investitionswilligen Wettbewerber kippen will“ findet Alexander Lucke, Geschäftsführer der DNS:NET Internet Service GmbH. „Wir brauchen die Ausbauverpflichtung dringend um z. B. die Stadt Ludwigsfelde mit den Ortschaften Schiaß und Mietgendorf im Brandenburger Landkreis Teltow-Fläming vollständig versorgen zu können.“ Gegen die Anordnung der BNetzA hat die Telekom vor dem VG Köln Klage eingereicht, über die das Gericht in der nächsten Woche verhandeln muss. Begründung: Das Netz gehört der Telekom und die hat kein Interesse den Wettbewerbern die Möglichkeit zu geben, die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern, wo sie selbst dies nicht tut.
„Eigentum verpflichtet, so steht es im Grundgesetz und so sollte das gemeinsame Verständnis sein, wenn es darum geht Deutschland mit Breitband zu versorgen. Mit der Forderung nach Remonopolisierung aller Kabelverzweiger auf dem Land und einem Investitionsstopp für schnelleres Vectoring der Wettbewerber wird die Telekom ihrer Verantwortung nicht mehr gerecht. Die Bundesregierung als größter Anteilseigner muss diesem Spuk endlich ein Ende machen wenn ihre enorm ambitionierten Ausbauziele nicht zur Farce werden sollen“, fordert Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM.
Hintergrundinformationen werden auf den Seiten des VATM zum Download angeboten.