Thesen der Medienanstalten zur Netzneutralität

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Thesen der Medienanstalten zur Netzneutralität

Beitragvon spokesman » 25.01.2011 23:20

Unter der Überschrift Keine inhaltebezogene Priorisierung im offenen Internet nahmen die Medienanstalten in 9 Thesen eine einheitliche Position zum Thema Netzneutrlität ein.

Bezug nehmen die Medienanstalten hier besonders auf die aufgeworfene Diskussion der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages im Rahmen der Novellierung des TKG. Da in dieser Diskussion neue Wege des Netzwerkmanagements und weiterer Geschäftsfelder, besonders den Zugang von Nutzern zu den Medienanstalten berührt werden, gebietet es der verfassungsrechtliche Auftrag der Medienanstalten für Chancengleichheit und Zugangsoffenheit einzutreten.
Mit den erweiterten Investitionen der Medienanstalten hinsichtlich der Online-Videoplattformen und weiterer Internet-TV Dienste, erweitert sich auch das Interesse an der Infrastruktur, welche hierfür die Voraussetzung bildet.

im Folgendem zu den Thesen:

1. Plattformen und offenes Internet – geschlossene und offene Bereiche.
Die herkömmlichen Vertriebswege für Hörfunk und Fernsehen werden auf absehbare Zeit das Internet nicht in größeren Maße durchdringen. Die derzeitigen Plattformen unterliegen hier bereits der rundfunkrechtlichen Plattformregulierung, die Angebote stellen somit eine geschlossene Welt dar.

Durch diese herkömmlichen Vertriebswege wird das Internt entsprechend entlastet, eine technisch hochwertige Medienversorgung ist somit bereits kostengünstig umgesetzt.

Das Internet wird als ein Instrument der Vielfaltsicherung angesehen, durch offene Plattformfreie Räume entstehen innovative Projekte und kreative Inhalte werden mit einer nahezu perfekten Förderung durch diese Plattformen gestützt.

Praktisch gibt es derzeit 2 Angebote, zum einen aus der "geschlossenen Welt" und zum andern aus der "offenen Welt", in beiden Fällen können Inhalte gespeichert werden und stehen somit zur späteren Nutzung zur Verfügung. Die "offene Welt", also das Internet erlaubt es den Nutzer im Rahmen der Mediatheken auf weitere Vorteile zuzugreifen.


2. Ein Netz ist offen, wenn es eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Anbieter eines Inhalts und dessen Nutzer gibt.
In der "offenen Welt / offene Netze" können die Landesmedienanstalten, ohne Vorauswahl eines Plattformbetreibers, Inhalte unmittelbar zur Verfügung stellen.

Eine Offenheit ist jedoch nicht gegeben, wenn ein Netzbetreiber unterschiedliche Preise für verschiedene Inhalte erhebt, oder er eine Unterscheidung mittels der Qulität trifft. Ist diese Offenheit und die damit verbundene Chancengleichheit nicht gegeben so sind rechtliche Schritte zu prüfen.


3. Weniger die Knappheit, sondern die Suche nach neuen Geschäftsmodellen führt zu Gefährdungen für Offenheit und Netzneutralität im Internet.
Die tatsächliche Auslastung und Gefahr von Engpässe ist nicht belegt, es bedarf hier einer wissenschaftlichen Untersuchung /Forschung zur Ermittlung der tatsächlichen Lage. Aus Sicht der Medienanstalten steht hinter der Diskussion um die Engpässe derzeit eher die Suche nach neuen Geschäftsmodellen.


4. Die Netze und ihr Ausbau können durch Entgeltmodelle finanziert werden, die nach dem Datenvolumen differenzieren. Davon grundlegend zu unterscheiden wäre eine Belastung der Anbieter von Inhalten und Diensten für schnelleren Transport oder solchen in besserer Qualität (inhaltliche Priorisierung).
Vorgeschoben sollten Maßnahmen getorffen werden, welche das offene Netz aber auch die geschlossenen Bereiche schützt, später den Hebel anzusetzen um etwas zu ändern ist wohl als unmöglich einzustufen.

Den Anbietern steht es heute frei welche Datenrate/Datenmenge sie zur Verfügung stellen, ein nachfragegerechter Ausbau könnte z.B. mit einem volumenbasierten Entgeltmodell realisiert werden. Zur heutigen weit verbreiteten Situation könnte sich somit eine Veränderung der Finanzierung des Internets ergeben, Nuter müssten für bessere Qualität oder schneller Übermittlung entsprechend zahlen. Nach Auffassung der Medienanstalten würde sich somit eine Stärkung kleiner und innovativer Anbieter ergeben.


5. Keine Regulierung des offenen Bereiches, solange hier auf inhaltebezogene Priorisierung verzichtet wird.
Nach Meinung der Medienanstalten kann auf Regulierung verzichtet werden, zumindest da wo keine Auswahl durch ein Netz- Plattformbetreiber getroffen wird. Um diese Haltung bestehen zu lassen muss natürlich eine Definition zur Offenheit niedergeschrieben sein und Anwendung finden. Die Plattformsatzung der Medienanstalten gibt hier ein gutes Beispiel, natürlich müsste eine Anpassung auf entsprechende Dienste vorgenommen werden. Ein offenes Netz besteht also nur, wenn Daten vom Medienanbieter direkt und ohne Veränderung zum Nutzer gelangen.

Von offenen Netz kann nicht mehr gesprochen werden, wenn für den Transport eines Inhaltes gezahlt wird, damit dieser schneller durchs Netz kommt bzw. in besserer Qualität durchs Netz kommt als ein anderer Inhalt. Ohne Regulierung sollte nicht die Verhandlungsmacht von Plattformbetreibern wie Google, Facebook und Apple gegenüber anderen Anbietern zum Nachteil dieser zum Tragen kommen.


6. Audiovisuelle Medien sind eine Qualitätsklasse im Sinne der Thesen des fünften Nationalen IT-Gipfels, eine Priorisierung ist auszuschließen.
Die Medienanstalten teilen die Ansicht der Projektgruppe Netzneutralität, dass es Netzbetreibern untersagt ist Daten nach dem Inhalt zu kontrollieren, zumindest wenn es keine gesetzliche Regelung hierfür gibt (Verbrechen?!). Falls eine Priorisierung der Qualitätsklassen/Dienstklassen erfolgen muss, darf keine Priorisierung innerhalb dieser Klassen durchgeführt werden.


7. Sicherung der Balance zwischen Plattformen und dem offenen Internet durch eine Funktionsgarantie - Transparenz und Wettbewerb sind notwendig, reichen aber nicht aus.
Die Herstellung einer Balance zwischen offenen und geschlossenen Netzen stellen künftig eine wichtige Aufgabe dar, der offene Teil muss seine gewonnen Eigenschaften in jedem Fall halten können. Weiter reicht ein Transparentes Netzwerkmanagement nicht aus, besonders nicht bei Oligopolen wie im Mobilfunkbereich, welche hier gleichgerichtete Interessen verfolgen.

Der offene Bereich muss jedoch nicht nur aus der technischen Sicht in der Balance bleiben, es muss ebenfalls gewährleistet sein, dass Medienangebote auf dem Stand der Entwicklung qualitativ und schnell zur Verügung stehen, die reale Mitwirkung an der Meinungsbildung muss also gegeben sein.


8. Netzneutralität bei der Breitbandversorgung ländlicher Räume mit Rundfunkfrequenzen.
Eine klare position wird in diesem Punkt kurz und deutlich dargelegt. Netzneutralität muss auch und gerade bei der Nutzung von Frequenzen der Digitalen Dividende zur Verwendung kommen. Die Versorgung ländlicher Gebiete darf nicht hinter dem städtischen Bereich zurückbleiben, Einschränkungen beim Zugang zu Internetinhalten sind inakzeptabel.


9. Auch Mobilfunknetze müssen einen offenen Bereich haben und dort auf inhaltliche Priorisierung verzichten.
Der offene Bereich wie er bei vielen festen Hausanschlüssen verfügbar ist zeigt große Vorteile gegenüber den eher geschlossenen Bereich der Mobilfunkunternehmen. Jedoch ist das mobile Internet für die Meinungsbildung ein wichtiges Instrument. Mit inhaltneutralem Netzwerkmanagement und einer entsprechenden Traifregelung müssen für den Nutzer angemessene Angebote geschaffen werden, der offene Bereich ist hierbei stets zu schützen.


das zur Diskussion gestellte Papier und weitere Stellungnahmen findet ihr auf der Website des ALM
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ehemals 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Initiative gegen digitale Spaltung -geteilt.de- e.V.
aktuell Liquidator des „geteilt.de e.V.“
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