Stellungnahme zum Konsultationsverfahren der Europäischen Union zum Universaldienst in der Telekommunikation.
Die Initiative gegen digitale Spaltung -geteilt.de- besteht seit fünf Jahren und hat heute mehr als 3300 Mitglieder. Sie ist damit eine der großen Breitband-Bürgerinitiativen in Deutschland.
Gern beteiligen wir uns an der Konsultation zum Telekommunikationsuniversaldienst.
Grundbegriff
Der Universaldienst wurde im Zuge der Liberalisierung und Privatisierung des ehemals staatlichen Post- und Telekommunikationssektors eingeführt.
Er bringt den staatlich zu gewährleistenden Grundversorgungsanspruch zum Ausdruck.
Ziel war und ist es, angemessene und ausreichende Dienstleistungen unabhängig von Marktentwicklungen allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen.
Das Instrument „Universaldienst“ hat sich bewährt.
Es stellt bis heute, auch bei zurückgehenden Gewinnerwartungen der Unternehmen, eine grundlegende und bezahlbare Versorgung mit Telefondiensten sicher.
Auch wenn dies bis heute durch die Deutsche Telekom AG freiwillig erfolgt, hat
neu hat geschrieben:vermutlich
allein die gesetzliche Vorgabe
löschen hat geschrieben:vermutlich
dafür gesorgt, dass ländliche Regionen nicht längst davon abgeschnitten sind.
Der Universaldienst ist deshalb nach wie vor aktuell. Denn der Markt erweist sich
neu hat geschrieben:nachweislich
außer Stande, eine Grundversorgung flächendeckend sicherzustellen. Deshalb sollte am Universaldienst nicht nur unbedingt festgehalten werden, er sollte vielmehr auf heute zur Daseinsvorsorge zählende Breitbandinternetzugänge ausgedehnt werden.
Nur so kann unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erreicht werden, dass alle Menschen an den Segnungen des technischen Fortschritts partizipieren können. Über die Erweiterung des Begriffs „Universaldienst“ hinaus erscheint es uns wichtig, eine funktionale Trennung von Netz und Diensten durchzusetzen. Es macht volkswirtschaftlich keinen Sinn, mehrere Zugangsnetze zu errichten und zu betreiben.
neu hat geschrieben: Dies gilt für die Telekommunikation ebenso wie für den Strassenbau, die Versorgung mit Wasser oder Elektroenergie.
Nicht zuletzt deshalb ist auch im Rahmen der Liberalisierung solcher Versorgungsinfrastrukturen die Durchleitungsverpflichtung geschaffen worden, welche in der Telekommunikation ihr Pendant im Open Access Modell findet.
Wenn Netz-Inhaber zudem auf nachfolgenden Stufen der Wertschöpfung mit anderen Marktteilnehmern konkurrieren und dabei die Preise der Regulierung unterliegen, sinkt die Bereitschaft zur Investition in die Netze.
neu hat geschrieben: Solche Unternehmen haben nämlich mit der durch die Erstellung der Netzinfrastruktur begründete langfristige Bindungen von erheblichen Finanzmitteln „ein Blei am Fuß“, welches ihnen ungleich schlechtere Marktbedingungen als Ihren Wettbewerbern ohne eigene Netze aufgibt.
Dieses Dilemma muss durchbrochen werden.
Breitbanddienste
Die Versorgung mit Breitbandinternetzugängen ist heute gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Teilhabe der Menschen und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Ihr kommt eine entscheidende Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung und damit die Zukunftsfähigkeit der Regionen zu. Wie im Mittelalter der Bau von Kanälen, im 19. Jahrhundert der Eisenbahn- und im 20. Jahrhundert der Fernstraßenausbau wird im 21. Jahrhundert der angemessene Zugang zum Internet Grundlage wirtschaftlicher Prosperität sein. Deshalb kann sich eine verantwortliche Politik nicht damit zufrieden geben, dass Millionen Menschen nicht über ausreichenden Zugang zum Internet verfügen. Es ist daher zu begrüßen, dass sich sowohl das Europäische Parlament als auch nationale Regierungen dem Thema in jüngster Zeit verstärkt widmen.
In der Diskussion sind verschiedene Lösungsvarianten, die sich im Prinzip auf zwei Positionen zuspitzen. Soll man in einem dynamischen Umfeld vorrangig auf wettbewerbliche Lösungen setzen oder bedarf es vielmehr einer stärkeren staatlichen Reglementierung? Um es vorweg zu nehmen: Die Initiative gegen digitale Spaltung favorisiert den zweiten Ansatz.
löschen hat geschrieben:Seit Einführung erster Breitbandangebote vor etwa zehn Jahren hat sich die Technologie ständig dynamisch weiterentwickelt. Heute sind Bandbreiten von 100 Megabit pro Sekunde auch in Deutschland für Privathaushalte verfügbar.
Der Wettbewerb hat für immer höhere Leistung und sinkende Preise gesorgt.
neu hat geschrieben: Letzteres ist aber ausschließlich der Ausfluss des Verteilungskampfes der Wettbewerber um die Kunden in den lukrativen Ballungsräumen.
Die Kunden im ländlichen Raum finden in dieser rein wettbewerbsorientierten Betrachtungsweise keinen Platz, da es hier in der Regel nicht um das Erschliessen neuen Kundenpotrentials geht, sondern ausschliesslich um eine Umverteilung des bereits vorhandenen.
Mit dem Wegfall der gesamtstaatlichen Versorgung durch die Deutsche Bundespost, später TELEKOM, wurde auch der diesem System innewohnende Solidargedanke aufgegeben.
Bis zur Aufgabe der gesamtstaatlich gleichwertigen Versorgung der Bürger mit Telekommunikationsinfrastruktur und ~dienstleistungen wurden die deutlich über den Kosten liegenden Einnahmen der Ballungsräume dafür genutzt, um die deutlich über den Einnahmen liegenden Kosten der ländlichen Räume aufzufangen und sowohl für eine gleichwertige Versorgung aller Bürger mit Telekommunikationsdienstleistungen zu sorgen als auch die im gesamten Bundesgebiet erzeugten Kosten der Infrastrukturerrichtung in flächendeckend gleichen Gebühren auf alle Diensteabnehmer umzulegen.
Eine Telefonenheit kostete von Hamburg bis zum Bodensee den gleichen Betrag, unabhängig von den gegebenenfalls unterschiedlichen Erstellungs-, Erhaltungs- und Betriebskosten. Das System entsprach in seiner Funktionsweise den aus der Physik bekannten kommunizierenden Röhren, welche durch ihre gemeinsame Verbindung an jeder Stelle des Systems unabhängig von seine Form oder seinem Durchmesser den selben Flüssigkeitsstand aufweisen.
Diese Verbindung war vormals das staatliche Versorgungsmonopol. Mit der Privatisierung dieses Wirtschaftsbereiches übernahm für die reine Telefonie die Universaldienstrichtlinie diese Aufgabe. Echte Probleme ergaben sich damals daraus nicht, da dem neue liberalisierten Markt ein zu dieser Zeit modernes Telekommunikationsnetz zur Verfügung gestellt wurde, so dass dieser Markt nicht mit zusätzlichen Infrastrukturinvestitionen belastet wurde.
Mit der Liberalisierung des Telefonmarktes wurde auch die Universaldienstrichtlinie geschaffen, um der Zerstückelung der Anbieterseite in eine Vielzahl von Wettbewerbern ein wieder verbindendes Element entgegenzuhalten, welches die Grundversorgung „trotz“ Wettbewerb sichern soll.
Demzufolge war man sich bereits bei Einführung der Liberalisierung des Telefoniemarktes darüber im Klaren, dass sich ein ungeregelter Markt, ohne Verpflichtung zur angemessenen Grundversorgung, sehr schnell aus der Fläche zurückziehen würde und ausschliesslich um die Kunden in den lukrativen Ballungsräumen kümmern würde. Dass es in all den Jahren im Telefoniemarkt nie ein ernsthaftes Problem mit der Grundversorgung im telekommunikationssektor gab, ist ausschließlich auf des Vorhandensein dieser Verpflichtung zurückzuführen.
Seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat sich jedoch die Produktpalette entscheidend verändert. Neue Produkte, mit wesentlich anspruchvolleren Anforderungen an die Telekommunikationsinfrastruktur sind entstanden und vermarktet worden.
hier wieder einfügen hat geschrieben:Seit Einführung erster Breitbandangebote vor etwa zehn Jahren hat sich die Technologie ständig dynamisch weiterentwickelt. Heute sind Bandbreiten von 100 Megabit pro Sekunde auch in Deutschland für Privathaushalte verfügbar.
Gleichwohl hat sich in all den Jahren für eine Minderheit nichts verbessert. Nach wie vor sind Millionen Menschen auf Modem- bzw. ISDN-Geschwindigkeiten angewiesen
neu hat geschrieben:, da diese neuen Produkte auch eine leistungsfähigere Infrastruktur benötigen
. Der Markt versagt hier. Er ist offenbar nicht in der Lage, eine flächendeckende angemessene Versorgung
neu hat geschrieben: über neu geschaffene Infrastukturen
zu gewährleisten. Statt nachhaltiger Versorgung steht ein schneller Return of Investment (ROI) im Vordergrund.
neu hat geschrieben:Die Erstellung langfristig zu finanzierender Infrastrukturen und ein schneller ROI schließen sich jedoch gegenseitig aus
hier löschen hat geschrieben: Ein Anerkenntnis des Marktversagens stellt
Die Bereitstellung von steuerfinanzierten Zuschüssen für Investitionen in ländlichen Räumen
hier wieder einfügen hat geschrieben: stellt ein deutliches Anerkenntnis des Marktversagens
dar.
löschen für alternative Version hat geschrieben: Wir stehen diesen Subventionen zurückhaltend gegenüber. Zum einen wird zwar punktuell eine Versorgung erreicht, zum anderen können auch gegenteilige Tendenzen erkannt werden. Unternehmen offenbaren eine „Mitnahmementalität“. Realisiert wird in der Regel eine Mindestversorgung, die nachhaltigen Ansprüchen kaum gerecht wird. Dies sollte aber jede öffentliche Investition zum Ziel haben. Nicht zuletzt sehen wir in Anbetracht der gewaltigen Gewinne, die auf dem Telekommunikationsmarkt realisiert werden, keine unbedingte Notwendigkeit zur Subvention.
neu hat geschrieben: Eine Subventionierung eines mit Unwucht laufenden freien Marktes ohne gleichzeitiges Abschöpfen überproportionaler Einnahmen an anderer Stelle führt zur Erzeugung von Dividenden auf Steuerzahlerkosten. Durch das Zurückziehen aus der unlukrativen Fläche und das Vermeiden langfristiger Geldanlagen in eigene Infrastukturen gehen diese Unternehmen im Sinne der Gewinnmaximierung allen unternehmerischen Risiken aus dem Weg. Der einzige Grund, dass dabei trotzdem noch sinkende Preise zu verzeichnen sind, ist der Verteilungskampf um die lukrativen Ballungszentren. Die übrigen Kunden aus den aufgegebenen Regionen dagegen bleiben unversorgt zurück.
Gesetzliche Auflagen zur Gewährleistung der Grundversorgung regulieren Marktversagen. Sie sorgen dafür, dass tatsächlich allen Menschen angemessene Dienstleistungen angeboten werden und gleichwertige Lebensverhältnisse bestehen. Das Instrument dafür ist der Universaldienst. Deshalb sehen wir darin und in der funktionalen Trennung die Voraussetzung für die Erreichung des Ziels „Breitband für alle“. Alle anderen Politikansätze haben in der Vergangenheit ihre Tauglichkeit für eine nachhaltige Lösung des Problems der Breitbandunterversorgung nicht nachgewiesen. Es ist Zeit für eine Änderung.
Nationale Flexibilität und koordiniertes Vorgehen der EU
... (unverändert)