Turbo-Internet per Funk: Nur noch Gries im TV?
Klagen gegen geplante Frequenzversteigerung
von Alfred Krüger
Breitband für alle bis Ende 2010 - das verspricht die Bundesregierung. Große Hoffnungen setzt sie in das Internet per Funk - die dafür nötigen Frequenzen sollen im Frühjahr versteigert werden. Doch dagegen regt sich Widerstand.
Die Zeit drängt. Bis zum Jahresende soll jeder Bundesbürger einen schnellen Zugang zur Datenautobahn bekommen. Auch auf dem flachen Land soll Breitbandinternet dann Standard sein. Selbst entlegene Gebiete würden mit Bandbreiten von mindestens einem Megabit pro Sekunde versorgt. So hat es die Bundesregierung versprochen.
"Breitband muss Universaldienst werden"
Flächendeckendes Breitbandinternet gibt es nirgendwo zum Nulltarif. Für Branchengrößen wie die Deutsche Telekom lohnt es sich nicht, jedes kleine Dorf per Kabel an die schnelle Datenautobahn anzuschließen. Bernd Rudolph von Geteilt.de,(Externer Link - Öffnet in neuem Fenster) einer bundesweiten Initiative, die sich "Breitband für alle" auf ihre Fahnen geschrieben hat, urteilt: "Investitionen in diesen Gegenden versprechen keinen schnellen 'Return on Invest'", will heißen: Wirtschaftlich lohnt sich das für die Betreiber nicht.
Der Markt habe versagt, nun sei die Politik gefordert, so Rudolph. Breitbandinternet sei für den Bürger längst genauso wichtig wie das Telefon- und Stromnetz. Die Breitbandversorgung müsse deshalb in den Katalog der sogenannten Universaldienste aufgenommen werden, auf die jeder Bürger einen Anspruch hat. Die Netzbetreiber würden dann zum Netzausbau verpflichtet, die Kosten auf alle am Markt tätigen Unternehmen umgelegt.
Digitale Dividende wird versteigert
Die Bundesregierung lehnt einen solchen Universaldienst ab und setzt stattdessen weiter auf den Markt. Ein Mix verschiedener Übertragungstechniken soll dafür sorgen, dass das versprochene Breitbandinternet rechtzeitig zum Jahresende zur Verfügung steht. Große Hoffnungen werden dabei auf das Internet per Funk gesetzt.
Denn Breitband per Funk ist billiger und schneller zu haben als kabelgestützte Übertragungstechniken. Auch die nötigen Funkfrequenzen stehen schon bereit. Seit der Umstellung des Antennenfernsehens auf die digitale Übertragungstechnik DVB-T sind die bislang für den Fernsehempfang genutzten Frequenzbereiche zwischen 790 und 862 Megahertz frei - die sogenannte Digitale Dividende. Die Bundesnetzagentur will sie im Frühjahr meistbietend versteigern.
Versteigerungsregeln umstritten
Gegen diese Pläne regt sich Widerstand. Streit gibt es zunächst um die komplizierten Versteigerungsregeln. Sie sollen eigentlich sicherstellen, dass nicht nur große Unternehmen wie Telekom und Vodafone, sondern auch kleinere Anbieter wie E-Plus und O2 bei der Versteigerung nicht leer ausgehen. Die aber fühlen sich trotzdem benachteiligt und haben die Bundesnetzagentur verklagt.
Auch zwei Kabelnetzbetreiber sowie drei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten haben Klagen eingereicht. Der Grund: Es wird befürchtet, dass der Fernsehempfang durch die Mobilfunksignale gestört werden könnte. Millionen Endgeräte von Kabelkunden, aber auch Nutzer von DVB-T seien betroffen, behauptet etwa Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland.
"Schäden in Millionenhöhe"
Die Deutsche TV-Plattform, ein Zusammenschluss von privaten Programmanbietern, öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Geräteherstellern, hat den Sachverhalt geprüft. Ihr "Unverträglichkeits-Bericht"(Externer Link - Öffnet in neuem Fenster) bestätigt die Befürchtungen der Kabelnetzbetreiber. "Die heute produzierten Fernseh-Empfangsgeräte sind nicht auf Mobilfunksignale im Bereich 790 - 862 MHz eingerichtet", heißt es in diesem Bericht.
Konkret seien die Geräte nicht abgeschirmt. Empfangsstörungen seien die Folge. Betroffen seien zum Beispiel die Set-Top-Boxen der Kabelfernsehbetreiber und Flachbildschirme mit integriertem Empfänger. Eine "adäquate Schirmung vor Einstrahlungen" sei in diesen Geräten bisher nicht vorgesehen. Im Übrigen sei nicht die Datenübertragung vom Sendemast zum Endkunden das Problem, sondern die Rücksendung der Daten vom mobilen Endgerät in der Wohnung des Internetnutzers.
"Auktionsverfahren wird fortgeführt"
Sendeanstalten, Netzbetreiber und Endgeräteindustrie seien alarmiert und würden mit Hochdruck daran arbeiten, "den zuständigen Behörden die Ernsthaftigkeit der Störproblematik aufzuzeigen sowie Lösungsansätze (...) zu entwerfen", heißt es weiter. Die Frequenzversteigerung sollte deshalb erst beginnen, wenn die technischen Probleme gelöst seien, raten die Verfasser des Berichts. "Andernfalls drohen Schäden in Millionenhöhe."
Der Bundesnetzagentur sind die Probleme bekannt. Es sei geplant, die Funkfrequenzen so zu legen, dass die Endgeräte, die in der Wohnung des Internetnutzers für den Betrieb des Internets per Funk erforderlich sind, möglichst weit weg von den TV-Frequenzen senden. Das eingeleitete Auktionsverfahren werde trotz der Klagen fortgeführt.