19.02.2009
Seite 6
Autor: Mario Ulbrich
Bundesregierung verabschiedet Breitbandstrategie
Behörden und Kommunen sollen ihre Kabelschächte für Dritte öffnen - Minister stellt bessere Förderung und Regulierung in Aussicht
Wer Kabelschächte oder Funktürme besitzt, soll diese künftig mit Firmen teilen, die Breitbandverbindungen installieren wollen. Das ist ein Teil der Breitbandstrategie der Bundesregierung, die gestern verabschiedet worden ist. Bundes- und Landesbehörden, Kommunen, aber auch Stadtwerke und Privatfirmen sollen ihre Infrastruktur für Dritte öffnen. Und: Werden künftig Kabeltrassen in die Erde gebracht, sollen Leerrohre mitverlegt werden, die später unkompliziert für Breitbandkabel genutzt werden können. Das wird nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) dazu beitragen, die ehrgeizigen Ziele der Regierung in Sachen Breitbandausbau zu erreichen. Da mindestens 70 Prozent der Kosten für einen Anschluss auf die Tiefbauarbeiten entfallen, könnten investitionswillige Unternehmen auf diese Weise eine Menge Geld sparen.
Auch will die Bundesregierung zusätzliche Fördermittel bereitstellen, wobei gestern offen blieb, um wie viel Geld es konkret geht. Im Dezember hatte das Wirtschaftsministerium von 50 Millionen Euro gesprochen, die bis Ende 2010 zur Verfügung stehen und durch EU-Fördermittel auf bis zu 100 Millionen Euro aufgestockt werden könnten. „Die Breitbandstrategie ist ein Maßnahmenpaket mit Durchschlagskraft", gab sich Wirtschaftsminister Guttenberg zuversichtlich.
Den Telekommunikationsunternehmen sagte die Regierung zu, durch neue Grundsätze bei der Regulierung für Planungs- und Investitionssicherheit zu sorgen. Auch hierbei blieb zunächst offen, was das konkret bedeutet. Durch die Bundesnetzagentur reguliert wird unter anderem das so genannte TAL-Entgelt. Das ist das Geld, welches das Unternehmen, dem die Leitungen gehören, von den Internetanbietern bekommt, die die Leitungen nutzen. Derzeit sind es 10,50 Euro pro Anschluss und Monat. Doch während die Deutsche Telekom als Leitungsinhaber künftig mindestens 12,90 Euro kassieren will, möchten Leitungsnutzer wie das spanische Unternehmen Telefonica nicht mehr als 7,50 Euro zahlen. Jede Seite versteht also etwas anderes unter Investitionssicherheit.
Während der Branchenverband Bitkom die Breitbandstrategie der Bundesregierung begrüßte, sah Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, „Gesprächsbedarf".
Enttäuscht äußerte sich Bernd Rudolph, Sprecher der bundesweit agierenden Bürgerinitiative Geteilt.de: „Die Regierung ist offenbar nicht bereit, unseren Vorschlag aufzugreifen, Breitband zur garantierten Grundversorgung zu machen. Damit bleibt letztlich alles eine unverbindliche Absichtserklärung." Rudolph kritisierte zudem, dass die Regierung für den Breitbandausbau auf die so genannte digitale Dividende setzt. Das sind Funkfrequenzen, die durch die Digitalisierung des Rundfunks frei werden. Sie sollen genutzt werden, um schnelles Internet per Funk zu realisieren. „Diese Frequenzen stehen jedoch erst ab 2011 zur Verfügung", so Rudolph. „Sie kommen viel zu spät."