Materialien zum 3. IT-Gipfel

Allgemeine Initiativen und Breitband Themen

Materialien zum 3. IT-Gipfel

Beitragvon bru62 » 22.11.2008 11:21

Hier sind die Publikationen zum 3. IT-Gipfel nachzulesen.

Besonders dürfte die Broschüre des BMWi "Breitband der Zukunft - Strategiepapier Breitband der Zukunft für Deutschland" von Interesse sein. Einerseits sind die enthaltenen Daten und Informationen lesenswert. Bei den Aussagen zum Universaldienst, wie zu den erforderlichen Maßnahmen insgesamt, sträuben sich mir doch die Haare. Da ist es eher ein Papier der Beliebig- und Unverbindlichkeit. Hier mal der Kürze halber ein Auszug zum UD:

BMWI hat geschrieben:6.2 Warum der Universaldienst keine Lösung für die flächendeckende Breitbandversorgung ist

In der öffentlichen Diskussion über einen schnellen und effektiven Weg zur Schließung der Breitbandlücken, insbesondere im ländlichen Raum,wird regelmäßig die Erweiterung des sog. Universaldienstes um Breitbanddienste vorgeschlagen. Damit ist meistens eine Verpflichtung eines Netzbetreibers gemeint, auch in den für ihn nicht rentablen, dünn besiedelten ländlichen Regionen jedem Bürger die DSL-Technologie anzubieten. Aus folgenden Gründen ist diese Lösung weder kurzfristig möglich, noch wirtschaftlich und technologisch sinnvoll:

1. Der Universaldienst ist ein im europäischen Rechtsrahmen verankertes Konzept, mit dem eine Grundversorgung, d.h. flächendeckende Mindestversorgung mit Telekommunikationsdiensten gewährleistet werden soll. Die aktuellen Universaldienstregelungen umfassen keine Breitbanddienste. Mögliche Erweiterungen um solche Dienste werden zwar diskutiert,werden aber auf europäischer Ebene nicht vor 2009 und national nicht vor 2010/2011 in Kraft treten können. Folglich liefert das Universaldienstkonzept keinen kurzfristigen Lösungsansatz. Im Übrigen basiert das europäische Telekommunikationsrecht auf dem Grundsatz der Technologieneutralität. Insoweitwäre es zwar möglich, Breitbanddienste in den Universaldienst zu definieren, sicher aber nicht konkrete Technologien wie DSL. Auch die direkte Verpflichtung bestimmter Unternehmen ist im Regelfall nicht möglich. Nach Festlegung eines bestimmten Versorgungsniveaus müsste zunächst geprüft werden, ob entsprechende Dienste im Wettbewerb angeboten werden. Wenn nicht, müsste im Rahmen von Ausschreibungsverfahren das Unternehmen identifiziert werden, das für den gewünschten Dienst den geringsten Zuschussbedarf ausweist.

2. Eine direkte Verpflichtung bestimmter Unternehmen wäre im Übrigen auch ökonomisch wenig sinnvoll, da die Erschließung weißer Flecken durch alternative Technologien vielfach wesentlich günstiger zu bewerkstelligen ist als durch einen DSL-Ausbau. Da nach allgemeiner Auffassung in den meisten der bisher nicht oder schlecht versorgten Kommunen ökonomisch tragfähige Marktlösungen möglich sind, kommt dem Universaldienstkonzept in der Praxis ohnehin eine nur nachrangige Bedeutung zu. Im Übrigen ist zu erwarten, dass europäische Breitbanddefinitionen für den Universaldienst qualitativ den hiesigen Anforderungen nicht genügen würden. So wurde kürzlich in der Schweiz ein Universaldienst definiert, der eine Downloadrate von 600 Kbit/s vorsieht. Ein solcher Dienst ist in Deutschland bereits heute flächendeckend über Satellit verfügbar.

3. Im Rahmen einer etwaigen politischen Debatte um mögliche Universaldiensterweiterungen und Subventionierungen ist daher darauf zu achten, dass hierdurch vielfältige positive Marktentwicklungen nicht konterkariert werden.

4. Zielführender als die Festlegung von Universaldiensten ist eine adäquate Informationspolitik sowie investititionsfreundliche regulatorische Rahmenbedingungen. Dadurch kann Hilfe zur Selbsthilfe geleistet und die Entwicklung von Marktprozessen unterstützt werden.

Durch eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft ist es möglich, die Breitbandversorgung in Deutschland auch ohne Subventionierungen und Erweiterungen des Universaldienstes auf qualitativ hohem Niveau deutlich voranzutreiben und noch vorhandene Lücken rasch zu schließen.


Ich glaube inzwischen, mit dieser politischen Führungsriege ist an eine flächendeckende Breitbandversorgung nicht mehr zu denken.

Gruß
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bru62
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Re: Materialien zum 3. IT-Gipfel

Beitragvon Nenunikat » 22.11.2008 11:51

Für mich hört sich der Auszug auch nur wie ein "weiter so" an.
Na dann kann ich mich ja weiter "gemütlich" mit dem ISDN-Anschluss bei mir einrichten ...
...
Es ist zwar nicht alles falsch, was da steht (man muss beispielsweise schon aufpassen, dass man mit bestimmten Regelungen nicht irgend eine gute Entwicklung abwürgt oder dämpft), aber wird nicht wieder auffällig davon ausgegangen, dass die schon erfolgten Änderungen und bereitgestellten Mittel (Subventionen) die Probleme schon lösen werden?
Und dort wo sie die Probleme nicht lösen, hilft dann "eine adäquate Informationspolitik"?
Eher könnte zu erwarten sein, dass "investititionsfreundliche regulatorische Rahmenbedingungen" etwas bringen, nur, die müssen dann auch mal geschaffen werden. Welche sollen es denn überhaupt ein? Den Stein der Weisen gefunden und politisch umgesetzt hat hier scheinbar noch keiner. Die bisherigen "regulatorische Rahmenbedingungen" und das Verhalten der TK-Anbieter haben die Versorgungsprobleme jedenfalls noch nicht gelöst.
Wenn man dann noch lesen kann "Durch eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft ist es möglich, die Breitbandversorgung in Deutschland auch ohne Subventionierungen und Erweiterungen des Universaldienstes auf qualitativ hohem Niveau deutlich voranzutreiben und noch vorhandene Lücken rasch zu schließen", dann besagt dies,
dass es ja ohne die inzwischen angebotenen Subventionen geht, wenn man nur will. Dann sollte das BMWI aber mal durchblicken lassen, was für eine Ideallösung das BMWI da noch in der Hinterhand hält.
Eine "konzertierte Aktion", die dann wieder an den aktuellen Gegebenheiten scheitert (fehlende Eigenmittel, Strategien der TK-Anbieter, Handeln der entsprechenden Politiker - z. Bsp. Bürgermeister), kann diese Ideallösung wohl kaum sein.
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Re: Materialien zum 3. IT-Gipfel

Beitragvon dachscher » 22.11.2008 13:10

Das ganze hört sich stark nach Herrn Dr. Henkel vom BMWi an. Genau dies versucht er in seinen Schreiben bzw. öffentlichen Auftritten rüberzubringen. Siehe hier, hier und hier.
bru62 hat geschrieben:Ich glaube inzwischen, mit dieser politischen Führungsriege ist an eine flächendeckende Breitbandversorgung nicht mehr zu denken.

Das denke und glaube ich auch.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen, wem nützen kurzfristige Lösungen, wenn sie nicht nachhaltig sind? Doch nur unseren Verantwortlichen, denn diese können und werden sich für Jahre dann zurücklehnen, weil das Problem in ihren Augen gelöst ist.
Und der Vergleich mit der Schweiz und dem Universaldienst hinkt ganz gewaltig. Sicherlich ist es richtig, dass die Schweiz 600 kbit/s festgelegt hat. Wer aber sagt denn, dass dies für Deutschland zutreffen muss? Mittlerweile ist man in der Poltik doch schon so weit, dass Breitband bei 1 Mbit/s anfängt.
"Hilfe wird zur Selbsthilfe". Na klar, jeder muss sich selbst helfen.

Also ich kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn ich dies so lese.
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Re: Materialien zum 3. IT-Gipfel

Beitragvon essig » 23.11.2008 12:19

habe mich hier schon darüber ausgelassen aber der eigentlich skandal ist ja nicht das strategiepapier selbst sondern wie es entstanden ist. die arbeitsgruppe 2 bestand aus:
6 x Deutsche Telekom
3 x Nokia Siemens Network
3 x Alcatel-Lucent
2 x Cisco
1 x BITKOM, BMWi, E-Plus, Infineon, Kabel Deutschland, Telefonica o2 Germany, Ministerium für Wirtschaft Brandenburg

wo sind denn da die führenden wissenschaftler, die unabhängigen institute, die vertreter der verbraucher und betroffenen, die universitäten oder alle anderen die der arbeitsgruppe gut getan hätten? einseitiger kann eine arbeitsgruppe nicht besetzt sein und es ist erschreckend, dass sowas dann ernsthaft als strategiepapier des bundesministeriums für wirtschaft und technologie veröffentlicht und verbreitet wird. dann kann man sich die mühe auch sparen und auf den seiten des bmwi gleich die Studie Deutschland Online der deutschen telekom veröffentlichen.

wirklich unglaublich was da passiert: da werden arbeitsgruppen (die den namen nicht verdient haben) so besetzt, dass sie frei von objektiven, neutralen, kontroversen, kritischen positionen sind und dann wird das ganze nicht mal als eine von vielen studien betrachtet sondern als strategiepapier des bmwi. das strategiepapier des finanzministeriums zur lösung der bankenkrise wurde wohl auch von den banken erarbeitet? würde mich nicht mal wundern.

klar, lobbyismus wird es immer geben aber muss es denn so erschütternd offensichtlich sein? das ist ja schon überheblich frech wie einseitig da wünsche und positionen in ministerien einfließen.
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Re: Materialien zum 3. IT-Gipfel

Beitragvon essig » 24.11.2008 18:51

spiegel online sieht dies übrigens ähnlich...

spiegel online hat geschrieben:Breitbandschmusen in Darmstadt
...
Gegenstimmen waren nicht zu erwarten
...
ihre offenbar vorab produzierten Resümees hinaus in die Welt
...
Mischt euch nicht ein, wir machen das schon
...
investitionsfreundliches Regulierungsumfeld
...
Bitkom-Chef Scheer zog sein Fazit des Gipfels bereits kurz nach Beginn der Veranstaltung
...
So wird der Gipfel enden, wie er begonnen hat: mit schönen Worten, aber keinen Veränderungen

bestätigt die annahme, dass dieser gipfel ausschließlich dazu dient einseitig interessen zu vertreten und vielleicht noch ein wenig PR zu erhaschen. ich weiß nicht wie es in den anderen arbeitsgruppen war aber in arbeitsgruppe 2 scheint es nicht mal im ansatz kontroverse, kritische, gegenteilige meinungen oder positionen gegeben zu haben aber wozu dann der gipfel? kann man dann doch auch wie gewohnt machen...

nein nein, wenn man schon einen solchen gipfel veranstaltet und die ergebnisse der arbeitsgruppen dann tatsächlich beim bundesministeriums für wirtschaft und technologie als strategiepapiere publiziert werden dann darf man diese arbeitsgruppen nicht so extrem einseitig besetzen. man betont doch extra "Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft" aber wo waren denn die wissenschaftler? die universitätsprofessoren? die leute von micus, wik & co? oder die vertreter der verbraucher, betroffenen, kommunen oder kleineren tk/it unternehmen?
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