Sehr geehrter Herr Regel,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben zur Breitbandversorgung in Deutschland auf
http://www.geteilt.de. Ich unterstütze Ihr Anliegen zum Ausbau der Breitbandversorgung in Deutschland. Der deutsche Bundestag, hier vor allem der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, haben sich in dieser Legislaturperiode intensiv mit diesem Thema beschäftigt.
Die Breitbandversorgung sämtlicher Gebiete in Deutschland ist ein wichtiger Wachstumsfaktor, teilweise wichtiger als andere Infrastrukturmaßnahmen wie Schienen- oder Straßenausbau. Beim Ausbau der Breitbandversorgung müssen sämtliche Techniken genutzt werden, d.h. neben DSL müssen Kabel- und Glasfasernetze, sowie Funk- und Satellitenverbindungen genutzt werden. Einer flächendeckenden Versorgung nur durch DSL-Verbindungen wird es derzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht geben.
Der Markt für Breitbandversorgung hat in Deutschland in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht und Deutschland ist laut Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums der größte Markt in Europa. Um die Versorgung mit Breitbandanschlüssen in Deutschland transparent zu gestalten, hat das Wirtschaftsministerium einen Breitbandatlas veröffentlicht (
http://www.zukunft-breitband.de). Die Bundesregierung hat ein Aktionsprogramm aufgelegt, welches zum Ziel hat, bis Ende 2008 die Breitbandversorgung auf 98% auszubauen. Trotzdem wird es auch weiterhin große Unterschiede zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten geben. Da dies Problem aber noch nicht behoben ist, gibt es weitere Initiativen, die sowohl im Koalitionsvertrag vermerkt sind und in der Hightech-Strategie und in der Initiative "im 2010 - Informationsgesellschaft 2010" noch einmal betont werden.
Die Bundesregierung stellt zudem Fördermittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" zur Verfügung, um die weißen Flecken im Breitbandatlas zu beseitigen. Auch auf Länderebene gibt es verschiedene Initiativen und Förderprogramme um eine flächendeckende Breitbandversorgung zu gewährleisten.
In einem Antrag der Koalitionsfraktionen vom März 2008 (Drucksache 16/8381) wurde noch einmal deutlich gemacht, dass die Initiativen der Bundesregierung zwar greifen, aber noch nicht weitreichend genug sind. Daher möchte ich Ihnen einige wichtige Aspekte dieses Antrages hier noch einmal darlegen:
1. Wettbewerbliche Lösungen
Ein funktionierender Wettbewerb ist die Grundvoraussetzung für eine schnelle und gesunde Entwicklung des Breitbandmarktes. Eine Vielfalt von Anbietern sorgt dafür, dass Breitbandzugänge für die Bürgerinnen und Bürger verfügbar und zu marktgerechten Preisen erhältlich sind. Diejenigen Länder, in denen ein Wettbewerb verschiedener Breitbandzugangstechnologien besteht, sind gleichzeitig am erfolgreichsten bei der Flächenabdeckung. Durch einen Wettbewerb verschiedener Technologien kann am besten eine flexible, auf dem Stand der Technik befindliche Versorgung auch in der Fläche zu wirtschaftlich attraktiven Konditionen erreicht und gesichert werden.
Seit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahr 1998 hat Deutschland bei der Schaffung von Infrastrukturwettbewerb große Erfolge zu verzeichnen. Es gibt eine Vielzahl von regionalen und überregionalen Anbietern, die in den Aufbau eigener Netze investieren. Dies betrifft jedoch im Wesentlichen nur eine Zugangstechnologie, nämlich DSL (Zugang über Telefonkabel). Die Herausforderung in Deutschland besteht deshalb vor allem darin, den Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Zugangtechnologien zu steigern.
2. Ergänzung durch staatliche Förderung
Es gibt Kommunen, in denen aufgrund dünner Besiedlung eine Breitbandanbindung im wettbewerblichen Umfeld auch auf absehbare Zeit nicht möglich ist. In diesen Ausnahmefällen muss zusätzlich die Verwendung staatlicher Fördermittel in Betracht gezogen werden. Diese müssen technologieneutral und in Übereinstimmung mit beihilfe- und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben der EU eingesetzt werden. Die Mittel, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" zur Verfügung gestellt werden, reichen nicht aus. Die aktuellen Versteigerungen von Lizenzen und Frequenzen verschaffen dem Bund zusätzliche Einnahmen, die aus dem breiten Feld der IKT-Branche kommen. Es ist wünschenswert, dass diese der Breitbandversorgung zu Gute kommen.
Von der EU, dem Bund und den Bundesländern werden bereits heute Fördermittel zur Strukturverbesserung bereitgestellt. Diese sind auch geeignet, den Breitbandausbau zu unterstützen und sollten ausgebaut werden.
Hauptfinanzierungsinstrument für eine verbesserte Versorgung ist auf EU-Ebene der "Europäische Fonds für regionale Entwicklung" (EFRE). Ferner bieten sich die verschiedenen Strukturfonds sowie der neu eingerichtete "Fonds zur Entwicklung des ländlichen Raums" (ELER) als mögliche Finanzierungsquelle an.
3. Strategische Frequenzpolitik
Der klare Vorrang für wettbewerbliche Lösungen muss ergänzt werden durch eine flexible und effiziente Frequenzpolitik. Frequenzen sind eine der wichtigsten Ressourcen in der Informationsgesellschaft. Eine ineffiziente Nutzung von Frequenzen muss unbedingt vermieden werden, da diese Frequenzen sonst nicht für neue Funktechnologien und innovative Anwendungen genutzt werden können. Eine effiziente Nutzung der Frequenzen birgt dagegen große Chancen, auch dünn besiedelte ländliche Regionen ohne aufwendige Leitungsverlegung über Funk an Breitbandinternet anzuschließen.
Die Bundesnetzagentur hat diesem Ziel Rechnung getragen und Ende 2006 das Versteigerungsverfahren für Frequenzen im 3,5 GHz-Bereich für breitbandigen drahtlosen Netzzugang (WiMAX) erfolgreich abgeschlossen. Grundvoraussetzung für den Erhalt einer Frequenz war die Einhaltung von Versorgungsauflagen für bisher nicht angeschlossene Gebiete. Drei Unternehmen haben bundesweit Frequenzen für den Ausbau der WiMAX-Funktechnologie ersteigert. Die Unternehmen sind jetzt in der Pflicht, schnellstmöglich tragfähige Lösungen anzubieten und den Versorgungsauflagen in der Fläche nachzukommen. Die Bundesnetzagentur muss weitere Vergabeverfahren in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den digitalen zellularen Mobilfunk zeitnah durchführen. Die Nutzung weiterer Frequenzen muss sich stärker als bisher an wirtschaftlichen Kriterien ausrichten, wobei die kulturellen Erfordernisse und die Belange des Rundfunks angemessen zu berücksichtigen sind.
4. Steigerung der Breitbandnutzung
Der Ausbau der Infrastruktur und die Entwicklung von innovativen Diensten bedingen einander. Je mehr innovative Dienste angeboten werden und der Mehrwert für den einzelnen Nutzer deutlich wird, desto größer wird die Nachfrage nach Breitbandanschlüssen. Der Staat hat die Aufgabe, in den Bereichen, in denen er selbst als Anbieter von Dienstleistungen auftritt, durch innovative Anwendungen gezielt die Nachfrage zu stimulieren. Dies betrifft vor allem den Bereich der öffentlichen Verwaltung (E-Government). Auf diese Weise werden durch ein höheres Verkehrsaufkommen und eine höhere Nachfrage Investitionen in Breitbandinfrastruktur für Unternehmen lohnender und führen somit auch zu einer schnelleren Anbindung bislang unerschlossener Gebiete.
5. Information und Markttransparenz
Die Politik hat den wettbewerbsfördernden Ordnungsrahmen bereitzustellen, der Anreize für den Aufbau und den Ausbau von Infrastrukturen setzt. Die Unternehmen müssen Angebote bereitstellen, die durch Kundennutzen und Mehrwert überzeugen. Aber auch die Nachfrager können in bestimmten Fällen eine aktive Rolle einnehmen und so direkt die gewünschte Entwicklung herbeiführen oder wenigstens beschleunigen. Dies beweisen die zahlreichen "Bürgernetze", die inzwischen erfolgreich in Deutschland in einigen Kommunen aufgebaut wurden. Ebenso haben bereits einige Bundesländer Informationsportale und Förderprogramme zur Verbesserung der Breitbandversorgung gestartet. Dieser Vielzahl unterschiedlicher Lösungsansätze fehlt es jedoch an Koordination und Austausch untereinander. Der Bund kann hier auf nationaler Ebene das Zusammenwirken aller Akteure optimieren. Dies ist eine wichtige Forderung des Koalitionsantrages.
6. Lösung durch Universaldienst?
Die Voraussetzungen nach dem Rechtsrahmen der EU für eine Ausweitung des Universaldienstes auf die Bereitstellung breitbandiger Internetzugänge liegen derzeit nicht vor. Der Universaldienst ist ein Instrument ausschließlich für Dienste, die faktisch von den meisten Menschen genutzt werden. Dies ist im Breitbandbereich heute noch nicht der Fall.
Angesichts der dynamischen Entwicklung der technischen Möglichkeiten und der Breitbandnachfrage wird für die Zukunft zu prüfen sein, inwieweit der Universaldienst auf Breitband-Internetanschlüsse ausgeweitet werden sollte oder ob in absehbarer Zeit eine flächendeckende Versorgung mit anderen Mitteln sichergestellt werden kann. Bei der demnächst anstehenden Überarbeitung der EU-Universaldienstrichtlinie sollte den Mitgliedsstaaten eine entsprechende Option eröffnet werden. Im Antrag wird die Bundesregierung aufgeordert, sich für das Ziel einzusetzen, dass Mitgliedsstaaten Breitband-Internetanschlüsse als Universaldienst festlegen können, sofern das "Grünbuch Universaldienst" der EU-Kommission eine Aufnahme empfiehlt.
7. Zusammenwirken aller Akteure
Telekommunikationsmärkte sind gekennzeichnet durch schnelle Innovationszyklen und rasche technologische Weiterentwicklungen. Umso wichtiger ist eine zeitnahe Information und Markttransparenz für Anbieter und Nutzer gleichermaßen. Hier besteht Handlungsbedarf. Bürgermeister und Gemeinderäte können auch vor dem Hintergrund der sich schnell weiterentwickelnden Technologien oftmals nicht beurteilen, welche Technologien für eine Breit-bandanbindung ihrer Gemeinde speziell für ihre lokalen Bedürfnisse geeignet und sinnvoll sind. Darüber hinaus fehlen ihnen oftmals notwendige Planungsparameter, um mit potenziellen Anbietern über geeignete Realisierungsmöglichkeiten zu verhandeln. Zudem wird Breitband in Deutschland immer noch zu häufig als Synonym für DSL gesehen. Dies verstellt den Blick auf die Chancen anderer Zugangstechnologien insbesondere in der Fläche. Hier bedarf es einer umfassenden Informationskampagne in Deutschland. Die für die Versorgung der Gemeinden notwendige Technologie- und Implementierungsberatung muss zentral organisiert sein. Was die Markttransparenz anbetrifft, so ist der Breitbandatlas der Bundesregierung ein richtiges Instrument. Er kann jedoch nur zu größerer Markttransparenz beitragen, wenn er geografisch in höherer Präzision dargestellt wird. Der Antrag fordert darüber hinaus, vorrangig für die nicht vollständig angeschlossenen Gemeinden eine detaillierte Darstellung der tatsächlichen Versorgung und Versorgungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen deutlich machen konnte, dass mir und auch der Koalitionsfraktionen bewusst ist und wir uns mit dem Problem beschäftigen. Um Deutschland als High-Tech Land voranzubringen, wird es unerlässlich sein, die Breitbandversorgung für alle Haushalte in Deutschland zu garantieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg MdB
Mit freundlichen Grüßen
Michael Liesner
Büro Dr. Axel Berg MdB
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