Netzneutralität als wichtiges Thema

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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon grapevine » 06.06.2013 19:16

Ich hätte ja nicht geglaubt, dass wir uns in einer Sache mal so einig sind. :-)

Ich bin auch der Meinung, dass das Best-Effort-Internet nicht durch irgendwelche unlauteren Tricks abgeschafft oder verschlechtert werden darf, d.h. es muss nicht nur bleiben, sondern es muss auch weiterhin gut funktionieren.

Für manche Dienste reicht Best-Effort allerdings nicht. Bei aller Faszination für das Internet ist es leider auch bei meiner guten Netzanbindung so, dass ich mich nicht darauf verlassen kann, dass Videostreaming oder Skype reibungslos funktionieren – das ist ziemlich viel Zufall dabei. Deshalb habe ich auch gesagt, dass die Konvergenz (von Internet, Telefon und Fernsehen) die ganze Angelegenheit noch komplizierter macht. Mit Best-Effort alleine bekommt man nämlich in einem NGN-Netz keinen Telefon- oder Fernsehdienst hin, der auch nur annähernd die Qualität hat, wie man das "früher" gewohnt war.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Meester Proper » 06.06.2013 19:20

grapevine hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass das Best-Effort-Internet nicht durch irgendwelche unlauteren Tricks abgeschafft oder verschlechtert werden darf, d.h. es muss nicht nur bleiben, sondern es muss auch weiterhin gut funktionieren.
Ich glaube auch nicht, dass das kommt. Das AOL/BTX-Konzept hat sich nicht durchgesetzt und das wissen auch die Marktakteure.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon bru62 » 06.06.2013 19:42

Meester Proper hat geschrieben:Das AOL/BTX-Konzept hat sich nicht durchgesetzt und das wissen auch die Marktakteure.
Das ist falsch. Sie sind ständig dabei, auf allen Wegen, gerade dieses Prinzip wieder einzuführen. Sie wollen "Ihr Stück vom Kuchen". Ich empfehle dazu sehr die Lektüre der Berichte von Richard Sietmann in der ct, z. B. den hier: http://www.heise.de/ct/artikel/Schmalspur-1216729.html.

grapevine hat geschrieben:Ich hätte ja nicht geglaubt, dass wir uns in einer Sache mal so einig sind.
Ich auch nicht. :)
grapevine hat geschrieben:Mit Best-Effort alleine bekommt man nämlich in einem NGN-Netz keinen Telefon- oder Fernsehdienst hin, der auch nur annähernd die Qualität hat, wie man das "früher" gewohnt war.
Das QoS, was du meinst, gängelt aber nicht den Nutzer. Außerdem ist ein anforderungsgerechter (zudem vorausblickender) Ausbau das beste Mittel, Engpässen vorzubeugen. Bei uns geht es aus verschiedenen Gründen (vor allem aber aus dem des in Folge der Liberalisierung des Tk-Marktes ruinösen Wettbewerbs) nicht um bedarfsgetragenen Ausbau, sondern darum, möglichst viel Geld mit möglichst wenig Aufwand zu schöpfen. Da muss man ansetzen.

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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Meester Proper » 06.06.2013 19:48

bru62 hat geschrieben:
Meester Proper hat geschrieben:Das AOL/BTX-Konzept hat sich nicht durchgesetzt und das wissen auch die Marktakteure.
Das ist falsch. Sie sind ständig dabei, auf allen Wegen, gerade dieses Prinzip wieder einzuführen. Sie wollen "Ihr Stück vom Kuchen". Ich empfehle dazu sehr die Lektüre der Berichte von Richard Sietmann in der ct, z. B. den hier: http://www.heise.de/ct/artikel/Schmalspur-1216729.html
Richard Sietmann lässt aber einige Tatsachen unter den Tisch fallen: Beispielsweise gibt es im Backbone- als auch im Anschlussnetz starken Wettbewerb, sowohl auf Dienstebene als auch auf Infrastrukturebene. Ein abgeschlossenes System macht nur bei einer Monopolstellung Sinn und diese haben wir schon lange nicht mehr. Somit würde das Modell nicht mehr funktionieren.

Außerdem würden die Kunden ein solches Produkt nicht kaufen - sie wollen das komplette Internet mit allen Diensten. Ein geschlossenes System hätte man auch ohne NGN-Infrastruktur aufbauen können, es wurde aber bisher bewusst auf ein offenes Internet gesetzt.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon bru62 » 07.06.2013 08:35

Meester Proper hat geschrieben:Außerdem würden die Kunden ein solches Produkt nicht kaufen
Die können aber nur kaufen, was angeboten wird. Drei mal darf geraten werden, welcher Anbieter sich dem Trend verschließen wird, zusätzliche Einnahmen zu generieren. Deshalb ist Regulierung so wichtig.
Meester Proper hat geschrieben:es wurde aber bisher bewusst auf ein offenes Internet gesetzt.
Auch das erklärt Richard Sietmann. Die zu einer einfachen und damit kostengünstigen Skalierung des Traffics erforderlichen Instrumente stehen noch nicht so lange zur Verfügung. Auch gibt es das "Ärgernis" noch nicht so lange, dass Diensteanbieter wie google oder facebook wunderbar verdienen, wärend die "armen" Netzbetreiber auf den Kosten sitzen bleiben. Wie schon gesagt: Die wollen das jetzt ändern, egal auf welchem Weg. Damit wäre das Internet, wie wir es kennen, Geschichte. Das Problem diskutieren wir übrigens schon seit mehreren Jahren, z. B. hier: http://www.geteilt.de/forum/viewtopic.php?f=21&t=10256

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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon grapevine » 07.06.2013 14:39

Ich finde den Artikel von Richard Sietmann gut. Die Rahmenbedingungen rund um NGN-Technologie kommen aber falsch rüber, weil einige wichtige Aspekte fehlen. Hier entsteht der Eindruck, dass die Netzbetreiber auf NGN-Technologie setzen, um damit mehr Kontrolle auszuüben. Der wahre Kern davon ist, dass man in einem NGN-Netz Kontrolle braucht.

Historisch war es so, dass man für jeden Dienst ein eigenes Netz (im Sinne von: Infrastruktur) gebaut hat. Netz und Dienst waren damit aus einem Guss, denn jedes Netz war so aufgebaut, dass es die für den jeweiligen Dienst benötigten Merkmale möglichst gut unterstützt hat. In den "alten" Telekommunikations- und Datennetzen gab und gibt es sehr viele Kontrollmechanismen. Standards und Protokolle aus der Telekommunikationswelt (z.B. ISDN oder ATM) sind in der Tendenz sehr viel aufwändiger spezifiziert, als ihre Gegenstücke aus der Internetwelt (z.B. IP).

Die Umstellung auf NGN-Technologie bedeutet in grober Vereinfachung: Man schafft die ganzen anderen Infrastrukturen ab, und es gibt nur noch eine Netz-Infrastruktur, und darin wird vorwiegend IP gesprochen. Dieses eine Netz bildet die Basis zur Realisierung von verschiedenen Diensten. Das "Internet" ist für einen NGN-Netzbetreiber nur ein Dienst bzw. ein virtuelles Netzwerk auf dieser Infrastruktur, neben anderen Diensten. Es hat deshalb eine herausgehobene Stellung, weil hier derzeit "die Musik spielt" und weil die technischen Bedingungen im NGN-Netz mit denen des Internet naturgemäß übereinstimmen.

Für das, was es schon vorher gab, und für neuartige Dienste mit besonderen Anforderungen genügen die Mechanismen eines klassischen IP-Netzwerks nicht, sondern man braucht mehr Kontrolle, also die Dinge, die hier in einen negativen Kontext rutschen.

Das "Mehr" an Kontrolle kann natürlich auch für Maßnahmen verwendet werden, die zwar dem Netzbetreiber, aber nicht der Gesellschaft nutzen. Ich bin selbst gespannt, wo wir als Gesellschaft in den nächsten Jahren Sietmanns "rote Linie" festlegen. Nach meinem Gefühl in etwa so:

* Das Internet bleibt im Kern ein gut funktionierendes Best-Effort-Netz, das alle Pakete unabhängig von Inhalt und Dienst transportiert.
* Eingriffe in die Netzneutralität sind Netzbetreibern gestattet, wenn a) dies transparent auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden geschieht, b) wenn gesetzliche Pflichten es verlangen (z.B. für Notrufe oder Katastrophenschutz) oder c) um Schaden abzuwenden (z.B. zur Abwehr von DDoS-Angriffen)
* Für klassische Dienste, die über ein NGN-Netz betrieben werden, obwohl es sie schon "vor dem Internet" gab, gelten die "Internet-Regeln" ausdrücklich nicht, sondern sie werden so behandelt, als würden sie gemäß der bestehenden Regeln über dedizierte Infrastruktur betrieben. Es wird dabei Umsetzungsdetails geben, die dem Technologiewandel entsprechend kontinuierlich angepasst werden müssen.
* Bundesnetzagentur und -kartellamt können jeden neuartigen Dienst, der auf dem NGN-Netz eingeführt wird, einer Regulierung unterwerfen, um Fehlentwicklungen zu stoppen.


Die Frage nach den Investitionen in Netzinfrastruktur muss davon unabhängig, aber gleichzeitig von der Politik beantwortet werden. Die Sache mit dem Kuchen kommt plakativ und gierig rüber, aber ohne diese Art von Gier wird der Netzausbau Probleme bekommen. Selbst, wenn der Staat (und nicht private Unternehmen) ein Glasfasernetz bauen würde, müsste er sich mit der Frage beschäftigen, warum er sich Kosten und Risiko an die Backe heftet, damit die Youtubes und Facebooks damit Geld verdienen. Der zweiseitige Marktbegriff greift da eher noch zu kurz.

Im Dreiecksverhältnis Inhalteanbieter <-> Netzbetreiber <-> Endkunde sind ja auch ganz andere Konstellationen denkbar, z.B. dass die Inhalteanbieter das Netz finanzieren und der Endkunde ausschließlich für Inhalte zahlt, aber nichts an den Netzbetreiber.

Eure Meinung?
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Nenunikat » 08.06.2013 00:00

grapevine hat geschrieben:...
Hier entsteht der Eindruck, dass die Netzbetreiber auf NGN-Technologie setzen, um damit mehr Kontrolle auszuüben.
...

Ich habe es nicht so verstanden, dass der Eindruck erweckt werden soll, dass das NGN vorwiegend dafür da sei, mehr Kontrolle und mehr "Sonderwege" zu ermöglichen. Ich habe es aber so verstanden, dass NGN jedoch dieses eben auch ermöglichen soll.
Somit kann man dann den einen Datenstrom genauer priorisieren, den anderen hinten ansetzen bzw. ausbremsen.
Ob die Netzbetreiber die Möglichkeiten auch zum Nachteil verschiedener Kunden nutzen, also wie sie diese Möglichkeiten nutzen, das können wir nur vermuten.
Diese Vermutungen gehen je nach persönlicher Sichtweise entsprechend auseinander.
Klar sollte aber sein, dass damit auch so umgegangen werden kann (nicht: muss), dass das dem gemeinen Kunden zum Nachteil wird.
Wer auf diese Möglichkeit hinweist, will - wenn es nicht gerade nur um Aufschrei und Eigennutz geht - danach suchen, wie dieser Mißbrauch möglichst verhindert werden kann. Aber er will keinen Fortschritt verhindern oder irgendwelche Netzanbieter schlecht machen.
grapevine hat geschrieben:...
Der wahre Kern davon ist, dass man in einem NGN-Netz Kontrolle braucht.
...

(Das Thema der Überwachung der reinen Funkionsfähigkeit lasse ich hier mal außen vor, weil dies jede etwas komplexere Technik braucht.)
Wann braucht ein Netz Kontrolle? Wenn ohne die Kontrolle das Netz nicht mehr vernünftig läuft. Also muss überwacht werden, dass dort, wo es eng wird, die Daten vernünftig übertragen werden. Zeitkritische Daten (Video, Sprache) sind davon besonders betroffen. Die Gefahr, dass es eng wird, tritt eher dann ein, wenn die Übertragungskapazitäten stark ausgelastet werden. Hilft da die Buchbarkeit von "Managed Services"? Ich würde sagen: Nein.
Denn:
->
Mit der Buchbarkeit ändert sich erst mal nichts an den grundsätzlichen und den lokalen Übertragungskapazitäten in der Nähe des Kunden. Die Begrenzungen bleiben also bestehen, wenn sie nicht künstliche Begrenzungen sind. Es wird dann höchstens was an den "Daten-Vorfahrtsregeln" geändert.
Wenn es aber künstliche Beschränkungen sind, sind wir schon vom Best-Effort-Netz weg.
->
Wenn Vereinbarungen zwischen Netzanbieter und Inhalteanbieter (verbunden mit entsprechenden Finanzierungsfestlegungen) zu einem entsprechenden Infrastrukturausbau im zentralen Netz geführt haben, warum soll dann der Kunde noch einmal für den Zugriff auf dieses schon vorhandene Netz zahlen?
->
Wenn der Inhalteanbieter bei einem Netzanbieter erreichen will, dass die (potentiellen) Kunden des Inhalteanbieters seine Inhalte möglichst ohne Beeinträchtigung über den Netzanbieter erhalten, dann machen mehr lokale Daten-Übergabestellen sowie Vereinbarungen nur zwischen Netzanbieter und Inhalteanbieter bezüglich Infrastrukturausbau mehr Sinn. Den Kunden als zusätzlichen Zahler an den Netzanbieter hier mit hinzuzuziehen (über buchbare "Managed Services"), führt zum Einen zu lokal unterschiedlicher Nachfrage (und damit Infrastruktur-Auslastung) und lässt sich zum Anderen schlechter planen, als Ausbauten in Folge von Vereinbarungen zwischen Netzanbieter und Inhalteanbieter. Es würde ausreichen, wenn der Kunde direkt oder indirekt an den Inhalteanbieter das bezahlt, was diese zusätzlichen Ausbauten an Kosten enstehen lassen und der Inhalteanbieter durch entsprechende Vereinbarungen und Zahlungen eventuell notwendige Ausbauten (mit) finanziert. Den Kunden zusätzlich an Netzanbieters zahlen zu lassen, ist hier überflüssig - und wegen der Gefahr der für den Normal-Kunden nachteiligen Netzgestaltung (Abkehr vom Best-Effort-Netz) sogar problematisch bis gefährlich.
grapevine hat geschrieben:...
Historisch war es so, dass man für jeden Dienst ein eigenes Netz (im Sinne von: Infrastruktur) gebaut hat. Netz und Dienst waren damit aus einem Guss, denn jedes Netz war so aufgebaut, dass es die für den jeweiligen Dienst benötigten Merkmale möglichst gut unterstützt hat. In den "alten" Telekommunikations- und Datennetzen gab und gibt es sehr viele Kontrollmechanismen. Standards und Protokolle aus der Telekommunikationswelt (z.B. ISDN oder ATM) sind in der Tendenz sehr viel aufwändiger spezifiziert, als ihre Gegenstücke aus der Internetwelt (z.B. IP).
...

Solange das neue "Einheitsnetz" ausreichend dimensioniert ist, dass es die zusammengefassten Dienste ohne Einschränkungen auch leisten kann, gibt es keinen Grund, dass so eine Zusammenfassung zu mehr Einschränkungen für den Kunden führen muss. Die Wählbarkeit von QoS für bestimmte Dienste durch den Kunden müsste ausreichen, um zeitkritische Dienste nicht unnötig zu behindern. Das Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf die Funktionsfähigkeit des Netzes für den Netzanbieter weiter notwendig sind, wird ja nicht in Frage gestellt.
grapevine hat geschrieben:...
Die Umstellung auf NGN-Technologie bedeutet in grober Vereinfachung: Man schafft die ganzen anderen Infrastrukturen ab, und es gibt nur noch eine Netz-Infrastruktur, und darin wird vorwiegend IP gesprochen. Dieses eine Netz bildet die Basis zur Realisierung von verschiedenen Diensten. Das "Internet" ist für einen NGN-Netzbetreiber nur ein Dienst bzw. ein virtuelles Netzwerk auf dieser Infrastruktur, neben anderen Diensten. Es hat deshalb eine herausgehobene Stellung, weil hier derzeit "die Musik spielt" und weil die technischen Bedingungen im NGN-Netz mit denen des Internet naturgemäß übereinstimmen.
...

Über Infrastrukturen, die nichts mit der eigentlichen Datenübermittlung zwischen den Kunden und Inhalteanbietern bzw. Kunden und Kunden zu tun haben, brauchen wir uns wohl weniger den Kopf zerbrechen. Teile des NGN-Netz-Infrastruktur, die für Abrechnung, Funktionsüberwachung, Infrastruktur-Steuerung usw. zuständig sind, stellen das Best-Effort-Internet nicht in Frage. Anders sieht es ggf. bei der unterschiedlichen Behandlung der der eigentlichen Datenübermittlung aus.

(Edit:)
Hier ist noch anzufügen, dass solche Dienste wie das, was man bisher "Standleitungen" genannt hat, zwar auch zum Datenaustausch dienen, aber ggf. ohne Verbindung zum Internet sind. Dass in diesem Fall auch nur die Vertragspartner (Netzanbieter, Kunde) festlegen werden, wie der Dienst gestaltet wird, dürfte normal sein. Führt dieser Dienst letztendlich aber auch "nur" wieder ins Internet, kann man ihn bei dem Thema Best-Effort / Netzneutralität auch nicht außen vor lassen.
grapevine hat geschrieben:...
Für das, was es schon vorher gab, und für neuartige Dienste mit besonderen Anforderungen genügen die Mechanismen eines klassischen IP-Netzwerks nicht, sondern man braucht mehr Kontrolle, also die Dinge, die hier in einen negativen Kontext rutschen.
...

Steuerungs-Technologien, welche u.a. die reine Funktionsfähigkeit sicherstellen, sind nicht das Problem.
Technologien, die dazu genutzt werden, die Übermittlung von Daten künstlich zu bremsen oder aus reiner Netzanbieter-Sicht unterschiedlich zu priorisieren, können aber zum Problem für die Kunden werden. Wobei das Problem noch nicht mal die Technologien sind, sondern dass, was der Netzanbieter ggf. damit anstellt.
grapevine hat geschrieben:...
Das "Mehr" an Kontrolle kann natürlich auch für Maßnahmen verwendet werden, die zwar dem Netzbetreiber, aber nicht der Gesellschaft nutzen.
...

Genau darum geht es.
grapevine hat geschrieben:...
Ich bin selbst gespannt, wo wir als Gesellschaft in den nächsten Jahren Sietmanns "rote Linie" festlegen.
...

Um hier zu einem möglichst guten Ergebnsi zu kommen, ist es aber eben notwednig, die Gefahren zu benennen, auf ggf. mögliche Alternativen hinzuweisen und bei den entsprechenden Stellen (Politiker) dafür zu werben.
grapevine hat geschrieben:...
Nach meinem Gefühl in etwa so:
* Das Internet bleibt im Kern ein gut funktionierendes Best-Effort-Netz, das alle Pakete unabhängig von Inhalt und Dienst transportiert.
* Eingriffe in die Netzneutralität sind Netzbetreibern gestattet, wenn a) dies transparent auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden geschieht, b) wenn gesetzliche Pflichten es verlangen (z.B. für Notrufe oder Katastrophenschutz) oder c) um Schaden abzuwenden (z.B. zur Abwehr von DDoS-Angriffen)
...

Soweit würde ich zustimmen.
grapevine hat geschrieben:...
* Für klassische Dienste, die über ein NGN-Netz betrieben werden, obwohl es sie schon "vor dem Internet" gab, gelten die "Internet-Regeln" ausdrücklich nicht, sondern sie werden so behandelt, als würden sie gemäß der bestehenden Regeln über dedizierte Infrastruktur betrieben. Es wird dabei Umsetzungsdetails geben, die dem Technologiewandel entsprechend kontinuierlich angepasst werden müssen.
...

Hier wird es schon bedenklich. Da solche Dienste wie Telefonie oder Fernsehen heute nicht mehr nur mit Hilfe von nur einem Anbieter genutzt werden, kann damit eine Bevorzugung eines Anbieters vor einem anderen Anbieter erfolgen, ohne das dies immer vom Kunden gewünscht ist.
Dem Kunden die (Aus-) Wahl zu lassen, ob er diese "Vor-Internet"-Dienste entsprechend bevorzugt haben will, würde die Lage verbessern.
grapevine hat geschrieben:...
* Bundesnetzagentur und -kartellamt können jeden neuartigen Dienst, der auf dem NGN-Netz eingeführt wird, einer Regulierung unterwerfen, um Fehlentwicklungen zu stoppen.
...

Was sollen Bundesnetzagentur und -kartellamt gegen die Buchbarkeit von "Managed Services" einzelner Inhalteanbieter machen, wenn die Möglichkeit von "Managed Services" (im derzeitig von der Telekom beworbenen Sinne) grundsätzlich zugelassen wurde und der Inhalteanbieter keine strafbaren Inhalte zur Verfügung stellt?
Das Problem der Bevorzugung einzelner Anbieter und damit der Behinderung der anderen wird damit nicht gelöst. Denn das Problem tritt im Grunde schon bei jedem neuen "Managed Services" auf - speziell wenn es nicht nur einen Anbieter in dem jeweiligen Bereich gibt.
grapevine hat geschrieben:...
Die Frage nach den Investitionen in Netzinfrastruktur muss davon unabhängig, aber gleichzeitig von der Politik beantwortet werden.
...

Auf vernünftige, zu Ende gedachte Antworten von dort warten wir schon seit Jahren...
grapevine hat geschrieben:...
Die Sache mit dem Kuchen kommt plakativ und gierig rüber, aber ohne diese Art von Gier wird der Netzausbau Probleme bekommen. Selbst, wenn der Staat (und nicht private Unternehmen) ein Glasfasernetz bauen würde, müsste er sich mit der Frage beschäftigen, warum er sich Kosten und Risiko an die Backe heftet, damit die Youtubes und Facebooks damit Geld verdienen. Der zweiseitige Marktbegriff greift da eher noch zu kurz.
...

Der Staat subventioniert auch Unternehmen, damit sie später möglichst mal Gewinn machen und dann Steuern zahlen.
Der Ausbau der Internet-Infrastruktur wird doch nicht nur wegen Youtube, Facebook usw. betrieben.
Es stehen uns doch noch andere, auch datenintensive Dienste bevor oder schon zur Verfügung.
Bestimmte Entwicklungen bei Bildung, Telearbeit, medizinischer Überwachung und Diagnose usw. werden nur nutzbar, wenn die Infrastruktur entsprechend ausgebaut ist. Dies muss nicht unbedingt ein staatliches Netz sein, aber es muss ein Netz sein, dass eben nicht nur nach den Gesetzen des Marktes aufgebaut wurde. Da der Kunde letztendlich den Ausbau immer mit bezahlt (egal ob direkt an den Netzbetreiber oder indirekt über Inhalteanbieter oder Staat), ändert sich so insgesamt nichts an den Kosten für den Kunden.
Wenn die Zahlungen des Kunden an den Netzbetreiber für den Betrieb des Netzes zu niedrig sind, dann muss der Netzbetreiber eben mehr vom Kunden verlangen. Da dieses Problem alle Netzbetreiber haben müssten, gibt es auch für alle diesen Zwang.
Führt dieses gegenseitige "Niederkonkurrieren" wegen der ggf. zu niedrigen Preise dazu, dass zu wenig Infrastruktur-Ausbau erfolgt, dann hilft nur ein entsprechender Zwang beispielsweise per entsprechender Universaldienst-Verordnung, um hier vorwärts zu kommen und die Kosten entsprechend auf die Kunden der verschiedenen Anbieter zu verteilen. Dies führt dann zu einer Erhöhung dessen, was die Kunden an ihren Anbieter zu zahlen haben.
grapevine hat geschrieben:...
Im Dreiecksverhältnis Inhalteanbieter <-> Netzbetreiber <-> Endkunde sind ja auch ganz andere Konstellationen denkbar, z.B. dass die Inhalteanbieter das Netz finanzieren und der Endkunde ausschließlich für Inhalte zahlt, aber nichts an den Netzbetreiber.
...

Das ganze Netz nicht gerade - aber einen Teil dazu beitragen - dies wäre sicherlich besser, als das bisherige Modell der "Managed Services".
Die Gefährdung des Best-Effort-Prinzips wäre hier für den Kunden geringer, da er nicht durch zusätzliche Zahlungen an den Netzbetreiber in Verbindung mit sonst möglichen Drosselungen dazu gezwungen wird, sich auf den einen Anbieter festzulegen, nur um zu vernünftigen Konditionen einen bestimmten Dienst nutzen zu können.
... - erleben was verhindert.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon grapevine » 09.06.2013 10:47

Nenunikat hat geschrieben:Hier ist noch anzufügen, dass solche Dienste wie das, was man bisher "Standleitungen" genannt hat, zwar auch zum Datenaustausch dienen, aber ggf. ohne Verbindung zum Internet sind. Dass in diesem Fall auch nur die Vertragspartner (Netzanbieter, Kunde) festlegen werden, wie der Dienst gestaltet wird, dürfte normal sein.

Gut, dass Du die klassische Standleitung erwähnst, ich hatte sie schon fast vergessen. In der NGN-Welt wäre eine Standleitung eine zwischen zwei Endpunkten geschaltete Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit vertraglich festgelegten Bedingungen zwischen dem Betreiber und dem/den Kunden. Im Unterschied zu früher wird die Verbindung aber zumindest teilweise über dieselben Kabel und dieselben Geräte realisiert, über die auch das Best-Effort-Internet realisiert wird.

Es stellt sich dann die Frage: Ist das –– gegenüber allen, die Best-Effort in diesem Netz nutzen -- nun ein verbotener Eingriff in die Netzneutralität?

Der Kern der Befürchtungen ist doch: Durch die Einführung von (besseren) Dienstklassen wird das bekannte Internet schlechter. Niemand weiß, ob diese Befürchtung berechtigt ist. Es ist ein hinkender Vergleich, aber: Einschreiben und Eilbrief haben bei der Post bisher nicht dafür gesorgt, dass normale Briefe nicht mehr zuverlässig und rechtzeitig zugestellt würden. Es ist auch weiterhin so geblieben, dass man jede Adresse auch mit normalen Briefen erreichen kann, natürlich auch dank entsprechender Gesetze.

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
Ich bin selbst gespannt, wo wir als Gesellschaft in den nächsten Jahren Sietmanns "rote Linie" festlegen.
...

Um hier zu einem möglichst guten Ergebnsi zu kommen, ist es aber eben notwednig, die Gefahren zu benennen, auf ggf. mögliche Alternativen hinzuweisen und bei den entsprechenden Stellen (Politiker) dafür zu werben.


Da stimme ich Dir zu. Umso ärgerlicher finde ich, wie wiederholt gesagt, dass dieses Thema jetzt mit Drosselungsabsichten in einen Topf geworden wird. Die Kernproblematik wird so nämlich völlig von einer Geizdiskussion überdeckt.
Nenunikat hat geschrieben:
Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
* Für klassische Dienste, die über ein NGN-Netz betrieben werden, obwohl es sie schon "vor dem Internet" gab, gelten die "Internet-Regeln" ausdrücklich nicht, sondern sie werden so behandelt, als würden sie gemäß der bestehenden Regeln über dedizierte Infrastruktur betrieben. Es wird dabei Umsetzungsdetails geben, die dem Technologiewandel entsprechend kontinuierlich angepasst werden müssen.
...

Hier wird es schon bedenklich. Da solche Dienste wie Telefonie oder Fernsehen heute nicht mehr nur mit Hilfe von nur einem Anbieter genutzt werden, kann damit eine Bevorzugung eines Anbieters vor einem anderen Anbieter erfolgen, ohne das dies immer vom Kunden gewünscht ist.
Dem Kunden die (Aus-) Wahl zu lassen, ob er diese "Vor-Internet"-Dienste entsprechend bevorzugt haben will, würde die Lage verbessern.


Ich stimme Dir auch hier prinzipiell zu, aber faktisch wird das doch von geringer Bedeutung sein. Fernsehen wie Internet zu behandeln macht ja das Internet nicht besser, sondern das Fernsehen schlechter. Das wäre dann wirklich eine "Lösung auf der Suche nach einem Problem", wer würde das denn wollen?

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
* Bundesnetzagentur und -kartellamt können jeden neuartigen Dienst, der auf dem NGN-Netz eingeführt wird, einer Regulierung unterwerfen, um Fehlentwicklungen zu stoppen.
...

Was sollen Bundesnetzagentur und -kartellamt gegen die Buchbarkeit von "Managed Services" einzelner Inhalteanbieter machen, wenn die Möglichkeit von "Managed Services" (im derzeitig von der Telekom beworbenen Sinne) grundsätzlich zugelassen wurde und der Inhalteanbieter keine strafbaren Inhalte zur Verfügung stellt?
Das Problem der Bevorzugung einzelner Anbieter und damit der Behinderung der anderen wird damit nicht gelöst. Denn das Problem tritt im Grunde schon bei jedem neuen "Managed Services" auf - speziell wenn es nicht nur einen Anbieter in dem jeweiligen Bereich gibt.


Das Problem der Bevorzugung einzelner Anbieter kann man -- mit allen praktischen Verwerfungen, die aber auch heute schon da sind -- mit geltendem Wettbewerbsrecht lösen, z.B. durch Kontrahierungspflichten. Eine sorgsame, aufmerksame Regulierung in diesem Sinne wäre auf jeden Fall besser, als wenn man im Voraus Dinge verbietet. Wir sind alle froh, dass das Internet in den 90er Jahren nicht ohne Not "wegreguliert" wurde, also warum sollte man das jetzt bei neuartigen Diensten tun?


Nenunikat hat geschrieben:Der Staat subventioniert auch Unternehmen, damit sie später möglichst mal Gewinn machen und dann Steuern zahlen.
Der Ausbau der Internet-Infrastruktur wird doch nicht nur wegen Youtube, Facebook usw. betrieben.
Es stehen uns doch noch andere, auch datenintensive Dienste bevor oder schon zur Verfügung.


Meine Aussage war natürlich plakativ. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass die Profiteure eines Breitbandsausbaus in Deutschland heute in nennenswerter Zahl nicht in Deutschland sitzen. Die Politik kann natürlich zu dem Schluss kommen, dass es trotzdem noch eine gute Idee ist, aber die Frage nach dem volkswirtschaftlichen Nutzen wird sie nicht ignorieren können. Man würde wohl auch keine Autobahn bauen, die vorwiegend ins Einkaufszentrum des Nachbarlandes führt?

Im gleichen Zusammenhang: Ich frage mich, warum Google in der Netzgemeinde und hier im Forum für die Glasfaseraktivitäten in Kansas so sehr gelobt wird. Google ist nicht besser als alle anderen, die in der deutschen Provinz nicht ausbauen.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Nenunikat » 09.06.2013 14:01

Erst mal vorab:
Ich stelle hier nur meine Ansichten zum Thema dar und betrachte das Ganze eher formal-logisch, da ich kein Nachrichtentechniker usw. bin, sondern mit der EDV allgemein zu tun habe. Somit sind Fehler und verkürzte Denkweisen stellenweise durchaus möglich.
Deshalb wird ja auch diskutiert und es kann auf Fehler hingewiesen werden.
grapevine hat geschrieben:Gut, dass Du die klassische Standleitung erwähnst, ich hatte sie schon fast vergessen. In der NGN-Welt wäre eine Standleitung eine zwischen zwei Endpunkten geschaltete Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit vertraglich festgelegten Bedingungen zwischen dem Betreiber und dem/den Kunden. Im Unterschied zu früher wird die Verbindung aber zumindest teilweise über dieselben Kabel und dieselben Geräte realisiert, über die auch das Best-Effort-Internet realisiert wird.
Es stellt sich dann die Frage: Ist das –– gegenüber allen, die Best-Effort in diesem Netz nutzen -- nun ein verbotener Eingriff in die Netzneutralität?
...

Solange diese Standleitung keine Verbindung zum Internet (mit) herstellt, würde ich hier nicht den Zwang sehen, die für das Internet notwendigen Netzneutralität-Regeln auch hier festzulegen. Hintergrund ist für mich alleine schon, dass ein Unternehmen, was sich Standleitungen als reine Datenleitungen zwischen verschiedenen Standorten leisten kann, auch in der Lage ist, entsprechende Festlegungen gegenüber dem Netzbetreiber vertraglich durchzusetzen.
Das Problem der fehlenden Verhandlungsmacht sehe ich hier nicht - bei Privatkunden-Anschlüssen/Anbindungen und bei anderen Anschlüssen/Anbindungen von (kleineren) Unternehmen sieht es für mich schon ganz anders aus.
grapevine hat geschrieben:...
Der Kern der Befürchtungen ist doch: Durch die Einführung von (besseren) Dienstklassen wird das bekannte Internet schlechter. Niemand weiß, ob diese Befürchtung berechtigt ist. Es ist ein hinkender Vergleich, aber: Einschreiben und Eilbrief haben bei der Post bisher nicht dafür gesorgt, dass normale Briefe nicht mehr zuverlässig und rechtzeitig zugestellt würden. Es ist auch weiterhin so geblieben, dass man jede Adresse auch mit normalen Briefen erreichen kann, natürlich auch dank entsprechender Gesetze.
...

Eben - vermutlich Dank entsprechender Gesetze kann sich die Post nicht mehrere Wochen Zeit für Normalbriefe lassen oder bestimmte Gebiete aus der Briefversorgung nehmen. Auf einen vergleichbaren Universaldienst für die Breitbandversorgung warten wir aber schon seit Jahren.
Auf die Briefpost gemünzt entspricht für mich die heutige Universaldienst-Regelung vielleicht ungefähr einer Briefversorgung einmal im Monat.

grapevine hat geschrieben:...
Da stimme ich Dir zu. Umso ärgerlicher finde ich, wie wiederholt gesagt, dass dieses Thema jetzt mit Drosselungsabsichten in einen Topf geworden wird. Die Kernproblematik wird so nämlich völlig von einer Geizdiskussion überdeckt.
...

Es wird hier tatsächlich von manchen Leuten zuviel vermischt. Denn die Drosselung allein hat mit der Netzneutralität nichts zu tun.
Eher mit den Kosten und Breitband-Versorgungsmöglichkeiten für die Betroffenen.
Wenn es für einen Aufpreis auch eine Fullflat (also ohne Drosselung ab einem bestimmten Volumenverbrauch) gibt, ist die Drosselung alleine erst einmal nichts anderes, als eine Preiserhöhung.
Gibt es diese Variante allerdings ab Aktivierung der Drosselung nicht, dann sieht die Lage anders aus.
Wo man allerdings die Drosselung auch bei dem Thema Netzneutralität nicht außen vor lassen kann, sind die Managed Services.
Denn Drosselung in Verbindung mit ungedrosselten Managed Services betreffen die Netzneutralität schon.
Der eine Dienst wird gedrosselt, der andere - da ein Managed Services - nicht. Schon ist es mit Best-Effort vorbei und "Vorzugsbehandlungen" sind da.

grapevine hat geschrieben:...
Ich stimme Dir auch hier prinzipiell zu, aber faktisch wird das doch von geringer Bedeutung sein. Fernsehen wie Internet zu behandeln macht ja das Internet nicht besser, sondern das Fernsehen schlechter. Das wäre dann wirklich eine "Lösung auf der Suche nach einem Problem", wer würde das denn wollen?
...

Es würde hier schon reichen, wenn der Kunde - ohne Aufpreis - wählen kann, ob er im Zugangsnetz (also seiner DSL-Anbindung) die Daten des Fernsehdienstes per QoS bevorzugt erhält. Gleiches bei der Telefonie. Damit schafft man ja keine neuen Probleme. Neue Probleme sehe ich nur, wenn man die QoS auf Kundenwunsch verbieten würde und das Netz bis zum Kunden nicht für diese Dienste ausreicht, ohne Einschränkungen bei der Nutzung zu bekommen.
Der wesentliche Punkt ist hier: Priorisierung / QoS nur auf Kundenwunsch - nicht als Vorgabe vom Netzanbieter.
Die Telekom (und andere Anbieter) könnten mit ihren Diensten wie Entertain usw. deshalb durchaus noch Geld verdienen, da der Dienst selber (nicht die Übertragung) kostenpflichtig gemacht bzw. gelassen werden kann.
grapevine hat geschrieben:...
Das Problem der Bevorzugung einzelner Anbieter kann man -- mit allen praktischen Verwerfungen, die aber auch heute schon da sind -- mit geltendem Wettbewerbsrecht lösen, z.B. durch Kontrahierungspflichten.
Eine sorgsame, aufmerksame Regulierung in diesem Sinne wäre auf jeden Fall besser, als wenn man im Voraus Dinge verbietet.
Wir sind alle froh, dass das Internet in den 90er Jahren nicht ohne Not "wegreguliert" wurde, also warum sollte man das jetzt bei neuartigen Diensten tun?
...

"Wegreguliert" werden sollen nur einseitige Bevorzugungen.
Eine Kontrahierungspflicht verhindert nicht, dass ggf. bestimmte Anbieter auf Grund geringerer Finanzkraft gar nicht erst dazu kommen, Managed Services zu vereinbaren. Für sie wird mit der Einführung von Managed Services eine erhöhte Hürde für den Einstieg in den Markt geschaffen.
Andererseits werden die Managed Services ggf. auch für die Kunden eine zusätzliche Hürde, diesen oder jenen Dienst noch sinnvoll zu nutzen.
Die Gefahr, dass sich Netzbetreiber wie die Telekom dann bevorzugt um den Ausbau (also die Infrastruktur-Versorgung) für die Managed Services kümmern und den Rest des Internets zu einer Sammlung von "Feldwegen" verkommen lassen, ist ohne entsprechende, gesetzliche Festlegungen auch nicht gebannt.
Oder gibt es da - neben einer ausreichenden Internet-Anbindung und auch sonst ausreichender Internet-Infrastruktur - eine Alternative - ohne Regulierung bzw. gesetzliche Festlegungen?
Gerade die Gefahr, dass das Internet allgemein neben "Managed-Services-Schnellstraßen" zu einer Sammlung von "Feldwegen" verkommt und Dienste für manche Kunden nicht mehr vernünftig/bezahlbar erreichbar bleiben, ist aus meiner Sicht doch der Kern, warum Netzneutralität so eine große Rolle spielt.

Wenn der Internet-Zugang ausreichend dimensioniert den Kunden zur Verfügung gestellt wird, dass alle angebotenen Dienste auch vernünftig nutzbar sind, erübrigen sich Drosselung und Managed Services mehr oder weniger von selbst. Es geht hier also wohl eher um eine Art der Mangelverwaltung: Wie gehe ich mit eingeschränkten Resourcen um. Gegen Mängel kann - schon aus Eigeninteresse - ja auch der Inhalteanbieter etwas tun, indem er seine Daten an verschiedenen lokalen Stellen zur Verfügung stellt und damit andere Infrastrukturen entlastet. Wird - wie man hier und dort liest - von manchen Inhalteanbietern wohl auch schon gemacht.
grapevine hat geschrieben:...
Meine Aussage war natürlich plakativ. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass die Profiteure eines Breitbandsausbaus in Deutschland heute in nennenswerter Zahl nicht in Deutschland sitzen. Die Politik kann natürlich zu dem Schluss kommen, dass es trotzdem noch eine gute Idee ist, aber die Frage nach dem volkswirtschaftlichen Nutzen wird sie nicht ignorieren können. Man würde wohl auch keine Autobahn bauen, die vorwiegend ins Einkaufszentrum des Nachbarlandes führt?
...

Die Frage ist hier ja dann:
Nützt oder schadet man mit einer Versorgung bzw. deren Einschränkung mehr den ausländischen Inhalteanbietern - oder mehr sich selbst.
Weiterhin stellt sich die Frage, ob man sich auch andere Möglichkeiten (neue Dienste, lokaler Datenaustausch, elektronische Wege statt realer, ...) mit einer Einschränkung der Versorgung verbaut. Ob bestimmte Entwicklungen für die geschäftlichen und privaten Kunden nicht behindert werden, wenn Netzanbieter die Internet-Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Ansichten einschränken/festlegen können, sollte mit bedacht werden.
Wer fängt noch mit Online-Backup, Telemedizin usw. an, wenn ein Internet mit merklichen Einschränkungen soetwas nicht nutzbar oder für den Kunden bezahlbar werden lässt - oder ggf. auch nur den Eindruck davon erweckt?
grapevine hat geschrieben:...
Im gleichen Zusammenhang: Ich frage mich, warum Google in der Netzgemeinde und hier im Forum für die Glasfaseraktivitäten in Kansas so sehr gelobt wird. Google ist nicht besser als alle anderen, die in der deutschen Provinz nicht ausbauen.

Dass ist wohl die Vermutung, dass dort FTTH-mäßig in größerem Umfang ausgebaut wird und hier für Betroffene noch nicht mal DSL in Sichtweite kommt.
Genauere Informationen, wie , unter welchen Bedingungen und wo beispielsweise Google in den USA ausbauen, rückt da ggf. manches in ein anderes Licht...
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon bru62 » 09.06.2013 14:36

Nenunikat hat geschrieben:Es wird hier tatsächlich von manchen Leuten zuviel vermischt. Denn die Drosselung allein hat mit der Netzneutralität nichts zu tun.
Eher mit den Kosten und Breitband-Versorgungsmöglichkeiten für die Betroffenen.
Wenn es für einen Aufpreis auch eine Fullflat (also ohne Drosselung ab einem bestimmten Volumenverbrauch) gibt, ist die Drosselung alleine erst einmal nichts anderes, als eine Preiserhöhung.
Gibt es diese Variante allerdings ab Aktivierung der Drosselung nicht, dann sieht die Lage anders aus.
Wo man allerdings die Drosselung auch bei dem Thema Netzneutralität nicht außen vor lassen kann, sind die Managed Services.
Denn Drosselung in Verbindung mit ungedrosselten Managed Services betreffen die Netzneutralität schon.
Der eine Dienst wird gedrosselt, der andere - da ein Managed Services - nicht. Schon ist es mit Best-Effort vorbei und "Vorzugsbehandlungen" sind da.
Danke für die schöne Zusammenfassung. Muss man nichts hinzufügen.

Nenunikat hat geschrieben:Es würde hier schon reichen, wenn der Kunde - ohne Aufpreis - wählen kann, ob er im Zugangsnetz (also seiner DSL-Anbindung) die Daten des Fernsehdienstes per QoS bevorzugt erhält. Gleiches bei der Telefonie.
QoS für diese Dienste sollte selbstverständlich sein und ist es m. E. auch. Wohl kaum ein Router im Netz dürfte ohne laufen. Sonst würde VoIP nicht funktionieren. Das Ganz hat aber nichts mit Netzneutralität zu tun.

Nenunikat hat geschrieben:Eine Kontrahierungspflicht verhindert nicht, dass ggf. bestimmte Anbieter auf Grund geringerer Finanzkraft gar nicht erst dazu kommen, Managed Services zu vereinbaren. Für sie wird mit der Einführung von Managed Services eine erhöhte Hürde für den Einstieg in den Markt geschaffen.
Andererseits werden die Managed Services ggf. auch für die Kunden eine zusätzliche Hürde, diesen oder jenen Dienst noch sinnvoll zu nutzen.
Die Gefahr, dass sich Netzbetreiber wie die Telekom dann bevorzugt um den Ausbau (also die Infrastruktur-Versorgung) für die Managed Services kümmern und den Rest des Internets zu einer Sammlung von "Feldwegen" verkommen lassen, ist ohne entsprechende, gesetzliche Festlegungen auch nicht gebannt.
Oder gibt es da - neben einer ausreichenden Internet-Anbindung und auch sonst ausreichender Internet-Infrastruktur - eine Alternative - ohne Regulierung bzw. gesetzliche Festlegungen?
Gerade die Gefahr, dass das Internet allgemein neben "Managed-Services-Schnellstraßen" zu einer Sammlung von "Feldwegen" verkommt und Dienste für manche Kunden nicht mehr vernünftig/bezahlbar erreichbar bleiben, ist aus meiner Sicht doch der Kern, warum Netzneutralität so eine große Rolle spielt.
Auch hier danke für die gute Zusammenfassung. Die Verletzung der Netzneutralität beginnt, wenn gezielt Dienste bevorzugt oder diskriminiert werden. Wenn also nur Sprachpakete aus dem T-Netz oder nur Videos von Videoload bevorzugt behandelt werden und andere gleiche Dienste künstlich gedrosselt. Darum geht es. Und das gilt es zu verhindern. Nicht, weil ich der Telekom das Stück vom Kuchen nicht gönne. Auch nicht, weil google oder facebook geschont werden sollen. Einfach nur, weil Innovation und Gerechtigkeit im Netz sterben würden, käme es zu einer solchen Entwicklung.

Gruß
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Nenunikat » 09.06.2013 22:19

bru62 hat geschrieben:...
Nenunikat hat geschrieben:Es würde hier schon reichen, wenn der Kunde - ohne Aufpreis - wählen kann, ob er im Zugangsnetz (also seiner DSL-Anbindung) die Daten des Fernsehdienstes per QoS bevorzugt erhält. Gleiches bei der Telefonie.

QoS für diese Dienste sollte selbstverständlich sein und ist es m. E. auch. Wohl kaum ein Router im Netz dürfte ohne laufen. Sonst würde VoIP nicht funktionieren. Das Ganz hat aber nichts mit Netzneutralität zu tun.
...

Es geht mir hier um ein Gegenmodell zu den Managed Services.
Als Begründung für die Notwendigkeit der Managed Services wird ja an verschiedenen Stellen genannt:
Damit der Kunde die gewünschten Daten möglichst ohne Verzögerung/Verhinderung erhält.
Und ich frage mich hier:
Reicht da nicht für das Zugangsnetz (also die "Verbindung" vom Kernnnetz zum Kunden) ein entsprechend konfiguriertes QoS aus?
Hält man den Kunden als Managed-Services-Zahler nicht besser aus der Finanzierung der Infrastruktur zum Inhalteanbieter heraus,
um einen Anreiz für "separate Schnellstraßen" für einzelne Inhalte/Dienste zu beseitigen?

Ob in den derzeitigen Privatkunden-Routern schon QoS im notwendigen Umfang im Einsatz ist, weiß ich nicht.
Die Schilderungen mancher Leute zu verschiedenen VoIP-Umsetzungen (wie bei Alice) lässt mich da etwas zweifeln.
Bei VoIP der Telekom (beispielsweise) sieht es ja vielleicht schon wieder anders (besser) aus.
Solange die Bandbreite ohne Unterbrechungen ausreicht, funktioniert auch VoIP ja auch ohne QoS. Aber eben nur solange.

QoS weicht genau genommen ja auch schon von der Netzneutralität ab. Aber solange es QoS ausschließlich auf Kundenwunsch ist, beeinträchtigt es den Kunden nicht und führt somit nicht zu störenden "Verlieren" bei der Datenübertragung.

Oder geht es Dir um etwas anderes bzw. habe ich etwas falsch verstanden?

Die Unterscheidung zwischen Internet und sonstigem NGN-Netz, auf welche grapevine schon hingewiesen hat, kann das Thema "Netzneutralität" bei der passenden Abgrenzung schon noch kompliziert werden lassen. Vor allen Dingen dann, wenn der Netzanbieter und der Inhalteanbieter der gleiche ist.
Entertain und Telefonie wurden als Beispiel im Thread ja schon genannt.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Dino75195 » 11.06.2013 18:36

Telekom - Netz der Zukunft
http://www.youtube.com/watch?client=mv- ... nomobile=1

In meinen Augen ein passendes Video zum Thema Drosselung und Netzneutralität.
Einige werden das natürlich anderes sehen.

Gruß Robert
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Initiative für
"Schnelleres DSL in Weichs und allen Ortsteilen"
http://www.dsl-weichs.de (Webseite inzwischen abgeschalten)
DSL 16000 ist in Weichs verfügbar seit 20.6.2011
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon grapevine » 11.06.2013 18:45

Dino75195 hat geschrieben:Telekom - Netz der Zukunft
http://www.youtube.com/watch?client=mv- ... nomobile=1

In meinen Augen ein passendes Video zum Thema Drosselung und Netzneutralität.


Zugespitzt, aber gut gemacht. :-)

Es trifft den wichtigen Kern:

grapevine hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass das Best-Effort-Internet nicht durch irgendwelche unlauteren Tricks abgeschafft oder verschlechtert werden darf, d.h. es muss nicht nur bleiben, sondern es muss auch weiterhin gut funktionieren.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon Meester Proper » 11.06.2013 18:51

Reiht sich natürlich perfekt in die Reihe der Alexander Lehmann Videos ein.
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Re: Netzneutralität als wichtiges Thema

Beitragvon grapevine » 11.06.2013 19:22

Nenunikat hat geschrieben:Erst mal vorab:
Ich stelle hier nur meine Ansichten zum Thema dar und betrachte das Ganze eher formal-logisch, da ich kein Nachrichtentechniker usw. bin, sondern mit der EDV allgemein zu tun habe. Somit sind Fehler und verkürzte Denkweisen stellenweise durchaus möglich.
Deshalb wird ja auch diskutiert und es kann auf Fehler hingewiesen werden.


Alle geben ihr bestes, aber den Stein der Weisen hat hier wohl noch niemand gefunden. Kein Grund, Dein Licht unter den Scheffel zu stellen. Ich für meinen Teil diskutiere hier, um dabei meinen Horizont zu erweitern.

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
Ich stimme Dir auch hier prinzipiell zu, aber faktisch wird das doch von geringer Bedeutung sein. Fernsehen wie Internet zu behandeln macht ja das Internet nicht besser, sondern das Fernsehen schlechter. Das wäre dann wirklich eine "Lösung auf der Suche nach einem Problem", wer würde das denn wollen?
...

Es würde hier schon reichen, wenn der Kunde - ohne Aufpreis - wählen kann, ob er im Zugangsnetz (also seiner DSL-Anbindung) die Daten des Fernsehdienstes per QoS bevorzugt erhält. Gleiches bei der Telefonie. Damit schafft man ja keine neuen Probleme.
Neue Probleme sehe ich nur, wenn man die QoS auf Kundenwunsch verbieten würde und das Netz bis zum Kunden nicht für diese Dienste ausreicht, ohne Einschränkungen bei der Nutzung zu bekommen.
Der wesentliche Punkt ist hier: Priorisierung / QoS nur auf Kundenwunsch - nicht als Vorgabe vom Netzanbieter.


Kundenfreundlich wäre auf jeden Fall, wenn man als Kunde direkt beeinflussen könnte, wie bestimmte Datenpakete vom und zum eigenen Anschluss behandelt werden, d.h. dass man selbst die Ungleichbehandlung festlegen kann. Technisch ist das machbar. Wirtschaftlich stellen sich dann zwei Fragen: Was ist diese Möglichkeit dem Kunden wert? Ist ein solches Produkt für den Massenmarkt geeignet?

Nenunikat hat geschrieben:
grapevine hat geschrieben:...
Das Problem der Bevorzugung einzelner Anbieter kann man -- mit allen praktischen Verwerfungen, die aber auch heute schon da sind -- mit geltendem Wettbewerbsrecht lösen, z.B. durch Kontrahierungspflichten.
Eine sorgsame, aufmerksame Regulierung in diesem Sinne wäre auf jeden Fall besser, als wenn man im Voraus Dinge verbietet.
Wir sind alle froh, dass das Internet in den 90er Jahren nicht ohne Not "wegreguliert" wurde, also warum sollte man das jetzt bei neuartigen Diensten tun?
...

"Wegreguliert" werden sollen nur einseitige Bevorzugungen.
Eine Kontrahierungspflicht verhindert nicht, dass ggf. bestimmte Anbieter auf Grund geringerer Finanzkraft gar nicht erst dazu kommen, Managed Services zu vereinbaren. Für sie wird mit der Einführung von Managed Services eine erhöhte Hürde für den Einstieg in den Markt geschaffen.


Zweifellos. Aber warum soll ein Netzbetreiber ohne eigenen Vorteil einen Dienst subventionieren, der auf wackeligen Beinen steht, aber trotzdem unbedingt etwas besseres als Best-Effort braucht?

Nenunikat hat geschrieben:Die Gefahr, dass sich Netzbetreiber wie die Telekom dann bevorzugt um den Ausbau (also die Infrastruktur-Versorgung) für die Managed Services kümmern und den Rest des Internets zu einer Sammlung von "Feldwegen" verkommen lassen, ist ohne entsprechende, gesetzliche Festlegungen auch nicht gebannt.


Mit Blick auf eine NGN-Architektur droht allerdings gerade das nicht. Das Teure am Netz ist -- da besteht hoffentlich Einigkeit -- die Verfügbarkeit in der Fläche ("Access"). Wem ich in der Provinz keinen schnellen Internetanschluss liefern kann, dem kann ich erst recht keine Managed Services verkaufen. Wie ich schon gesagt habe, ist "Internet" nur ein kleiner Teil einer NGN-Infrastruktur.


bru62 hat geschrieben:
Nenunikat hat geschrieben:Es würde hier schon reichen, wenn der Kunde - ohne Aufpreis - wählen kann, ob er im Zugangsnetz (also seiner DSL-Anbindung) die Daten des Fernsehdienstes per QoS bevorzugt erhält. Gleiches bei der Telefonie.
QoS für diese Dienste sollte selbstverständlich sein und ist es m. E. auch. Wohl kaum ein Router im Netz dürfte ohne laufen. Sonst würde VoIP nicht funktionieren. Das Ganz hat aber nichts mit Netzneutralität zu tun.


Ich will ja nicht unnötig hartnäckig sein, aber die Formulierung "im Netz" ist doch der Knackpunkt. Wenn "im Netz" das NGN-Netz des eigenen Anbieters betrifft, dann stimmt das heute meistens, und es ist in diesem Fall ein Verstoß gegen die Netzneutralität im Sinne des Kunden.

Wenn mit "Netz" aber das Internet gemeint ist, dann ist es so, dass man QoS über Netzgrenzen hinweg vergessen kann. Sobald man Netzgrenzen überschreitet, herrscht meistens Netzneutralität aus technischer Unzulänglichkeit.
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