MdB Dr. Martina Krogmann (CDU) WK Stade - Cuxhaven (3)

Schreiben an die Verantwortlichen

MdB Dr. Martina Krogmann (CDU) WK Stade - Cuxhaven (3)

Beitragvon bru62 » 28.06.2009 16:30

In Auswertung der Rede zur 227. Sitzung des Deutschen Bundestages habe ich Frau Dr. Martina Krogmann folgendes Schreiben übersandt:

Sehr geehrte Frau Dr. Krogmann,

mit Interesse habe ich Ihre protokollierte Rede zum Antrag „Digitale Kluft schließen …“ zur Kenntnis genommen. Gelten Sie doch auch für uns als Expertin und auf Ihre Meinung sind wir immer wieder gespannt. Ich möchte allerdings nicht verhehlen, dass sich mit fortschreitendem Lesen bei mir etwas Widerspruch regte. So entstand das Bedürfnis, Ihnen wieder einmal ausführlicher unsere Argumente näher zu bringen. Denn das Problem der digitalen Spaltung harrt nach wie vor einer Lösung. Dieser ist es auch nach der Debatte vom 18. Juni nicht viel näher gekommen.

Lassen Sie mich mit dem Ende Ihrer Rede beginnen. Satellitenlösungen haben auch heute nichts an Attraktivität hinzu gewonnen. Auch wenn die Werbung viel verspricht, sieht die Realität anders aus. Das ist ja auch kein Wunder, denn die physikalischen Grenzen lassen sich nun mal nicht eben per Reklame überwinden. Satelliten in geostationärer Umlaufbahn werden nie ein heute erforderliches Antwortzeitverhalten haben. Dies ist übrigens nicht nur für Onlinespiele wichtig, sondern für viele andere „seriöse“ Anwendungen auch. Hinzu kommt die begrenzte Verfügbarkeit als „shared Medium“. Schwankende Bandbreiten und Drosselungen ab einem vergleichsweise geringen Downloadvolumen sprechen dafür. Alles in allem sind diese Lösungen auch heute noch das, was wir in unserem Gespräch vor einem Jahr übereinstimmend festgestellt haben: Eine Notlösung für die „Almhütte“ oder den „Einödhof“. Ein Instrument zur Aufhebung der digitalen Spaltung sind sie nach wie vor nicht.

In Ihrer Rede haben Sie zur Einführung eines Universaldienstes mehrere Fragen in den Raum gestellt. Ich erlaube mir, darauf eine kurze Antwort zu formulieren. Die Definition ist m.E. nicht schwer zu finden. Es geht um einen Zugang zum Internet. Zu verwendende Technologien können, aber müssen in der Universaldienstdefinition nicht unbedingt enthalten sein. Zur vorzuschreibenden Bandbreite ist das Ziel ziemlich klar. In der Breitbandstrategie der Bundesregierung ist die Grenze von einem Megabit pro Sekunde als Parameter für die flächendeckende Versorgung benannt. Dies ist zwar nicht die heute übliche durchschnittliche Bandbreite, aber da Universaldienst eine definierte Untergrenze darstellen soll, könnte man sich doch auf diesen Wert einigen. Damit würde Millionen Un- und Unterversorgten geholfen.

Ich möchte zudem eine weitere Kenngröße in die Debatte einführen. Die Bandbreite eines Internetzuganges ist heute nicht mehr das allein Entscheidende. In wachsendem Maße kommt es auch darauf an, dass keine Begrenzung in Nutzungszeit oder –volumen erfolgt. Das Internet gilt bereits als meinungsbildungsrelevantes Medium. Vor allem junge Menschen nutzen es weit häufiger als andere Medien zur Informationsbeschaffung. Große Zuwachsraten verzeichnen deshalb mit entsprechenden Ressourcen verbundene audiovisuelle Inhalte. Deshalb müssen heutige Drosselungsgrenzen, die bei Funk- und Satellitendiensten üblich sind, zumindest stark angehoben, besser aber noch gänzlich abgeschafft werden.

Freilich muss der Universaldienst auch in regelmäßigen Abständen angepasst werden. Deshalb muss im Gegensatz zum heutigen TKG eine Überprüfungsregelung ähnlich dem Art. 15 der Universaldienstrichtlinie normiert werden.

Die heute bereits im TKG (§ 82) enthaltenen Details zur finanziellen Entlastung der universaldienstverpflichteten Unternehmen sind m.E. auch auf die Internetzugänge anwendbar. Was momentan leider aufgrund geltenden EU-Rechts nicht geht, ist die Erhebung einer Universaldienstabgabe. Ich konnte aber bisher auch keine Verlautbarung über Bestrebungen der Bundesregierung vernehmen, die auf eine Aufhebung bzw. Änderung des Art. 32 der Universaldienstrichtlinie hinausliefen. Das ist bedauerlich. Hat es doch zur Folge, dass der Staat auf den Kosten für die u.U. auftretenden Wirtschaftlichkeitslücken sitzen bleibt, während Unternehmen nicht unerhebliche Gewinne realisieren. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass heute nicht geringe finanzielle Mittel für den Breitbandausbau bereitstehen. Nur werden sie aus unterschiedlichsten Gründen nicht abgerufen. Sei es, weil die Bürgermeister mit dem Problem überfordert sind, die Gemeinden nicht über die Mittel zur Selbstbeteiligung verfügen oder in den Kommunen dringendere Dinge einer Lösung harren. Die Einführung des Universaldienstes hätte unmittelbar zur Folge, dass mit der BNetzA eine kompetente Institution mit der Beseitigung der „weißen Flecken“ betraut wäre und nicht erst Betroffene ihre Bürgermeister zum Handeln treiben müssten. Außerdem könnte endlich eine umfassende Marktbeobachtung stattfinden, die diese Flecken erst voll umfänglich ermitteln würde. Der „Breitbandatlas“ ist ja nun wirklich nicht das Maß der Dinge, wie wir beide wissen.

Die Einführung eines Universaldienstes für Internetzugänge wird zwischenzeitlich nicht nur von unserer Initiative und der Linkspartei gefordert. Es gibt im Gegenteil eine ganze Reihe von Befürwortern aus Wissenschaft, Verbänden und Politik. Selbst in Ihrer Fraktion gibt es Abgeordnete, wie Veronika Bellmann, die diese Lösung favorisieren. Nach unserem Gespräch im vergangenen Jahr hatte ich den Eindruck, dass Sie ebenfalls nicht gänzlich gegen die Einführung des Universaldienstes wären. Ihre Vorbehalte beschränkten sich eher auf die fehlenden finanziellen Mittel. Dies zumindest erscheint heute ausgeräumt oder lösbar. Deshalb verwundert es mich, warum Sie in offiziellen Statements, wie der Behandlung des Antrages im Bundestag eine diesbezüglich eher starre Haltung einnehmen. Es ist doch unübersehbar, dass die Breitbandstrategie der Bundesregierung offenbar nicht an Fahrt aufnimmt. Die Deutsche Telekom hat ihre Investitionsmittel drastisch gekürzt, von anderen namhaften Unternehmen ist im ländlichen Raum keinerlei investive Tätigkeit zu erkennen.

Inzwischen ist die Vergabe von Frequenzen der digitalen Dividende das alleinige Moment der Hoffnung, auf das sich alles aufbaut. Vor dem Hintergrund des „Wimax-Fiaskos“ ist vor einem derartigen Hype jedoch nur zu warnen. Es wird sicher eine Stellungnahme unserer Initiative zum Entwurf der Versteigerungsrichtlinie der BNetzA geben. Aber ich kann heute schon sagen, dass die vorgeschlagenen Ausbauverpflichtungen eben gerade nicht dazu geeignet sind, einen flächenhaften Ausbau zu garantieren. Vielmehr muss befürchtet werden, dass es auch in einigen Jahren noch Gegenden geben wird, die nicht per Mobilfunk erreichbar sind. Dies wird durch die Verpflichtungen nicht ausgeschlossen und auf Selbstverpflichtungen der Unternehmen möchte ich mich nicht verlassen. Zu oft wurden Betroffene diesbezüglich enttäuscht. Im Übrigen muss aufgrund neuerer Studien bezweifelt werden, ob die relativ schmalen Kanäle der digitalen Dividende überhaupt geeignet sind, flächendeckend heute übliche Bandbreiten bereitzustellen, vor allem in dichter besiedelten Gebieten. Nicht umsonst wird selbst von den Unternehmen immer wieder betont, dass Mobilfunklösungen nicht als Festnetzersatz gedacht sind.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen, dass wir bei der Bewertung der Wichtigkeit einer flächendeckenden Versorgung mit Breitbandinternet völlig übereinstimmen. In der Bewertung der Schritte hin zu einer nachhaltigen Lösung sollten wir weiter miteinander diskutieren. Dies gilt erst recht für die Problematik der Schaffung von Hochleistungsnetzen. Dies ist eine weitere spannende Thematik, die ich hier jedoch nicht explizit ansprechen will. Ein interessanter Diskussionsgegenstand dürfte sie allerdings sein.

Ich denke und möchte Ihnen vorschlagen, dass wir über die aufgeworfenen Fragen wieder einmal ins Gespräch kommen sollten. Deshalb würde ich mich über einen Terminvorschlag sehr freuen und verbleibe bis dahin

mit freundlichen Grüßen

Bernd Rudolph
Initiative gegen digitale Spaltung
-geteilt.de-

P.S.
Nur der Vollständigkeit halber möchte ich vermerken, dass wir Schreiben unserer Initiative in und Antworten darauf gewöhnlich in unserem Forum veröffentlichen. Ich gehe davon aus, dass Sie nichts dagegen haben. Sonst genügt ein kurzer Hinweis und wir sehen selbstverständlich von einer Veröffentlichung ab.


Gruß
______________
bru62
ehemals 2. Vorsitzender des Bundesverbandes Initiative gegen digitale Spaltung -geteilt.de- e. V.

Diskriminierungsfreies "Breitband für alle" wird es nur geben, wenn Menschen sich dafür engagieren.
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Re: MdB Dr. Martina Krogmann (CDU) WK Stade - Cuxhaven (3)

Beitragvon essig » 28.06.2009 22:43

wie immer das richtige schreiben zur richtigen zeit. bin sehr auf die vermutlich ausweichende antwort gespannt.
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Re: MdB Dr. Martina Krogmann (CDU) WK Stade - Cuxhaven (3)

Beitragvon Haupti76 » 30.06.2009 16:19

Klasse geschrieben bru62! Klasse auch daß Du Veronika Bellmann erwähnt hast. ;)

viele Grüße
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