Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Schreiben an die Verantwortlichen

Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon spokesman » 25.02.2012 13:41

Hallo an alle Mitstreiter,

in den letzten Monaten gingen mir vermehrt Anfragen bzgl. der Kündigung von "Altanschlüssen" nach einem erfolgten Ausbau durch einen anderen Anbieter zu. Wir hatten im Jahr 2009 eine Entscheidung durch das Amtsgericht Fürth (Az.: 340 C 3088/08) auf dem Tisch, welches hier Abhilfe schaffen kann. Ich möchte im folgenden kurz das Urteil darstellen und anschließend zur Mitarbeit eines Musterkündigungsschreiben mit euch erarbeiten.

onlineundrecht.de hat geschrieben:Fristlose Kündigung bei Nichterreichen der vereinbarten DSL-Bandbreite
Amtsgericht Fuerth, Urteil v. 07.05.2009 - Az.: 340 C 3088/08

Leitsatz:

1. Ein Kunde, der mit seinem Internet-Provider einen Vertrag über eine Flatrate mit DSL 6.000 abschließt, kann den Vertrag fristlos kündigen, wenn der Provider tatsächlich nur eine Bandbreite von 3.000 kbit/s bereitstellt.

2. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die vorsieht, dass der Provider nur die am jeweiligen Ort verfügbare maximale Bandbreite schulde, während der Kunde in jedem Fall den vereinbarten Preis zahlen müsse, ist unwirksam.



Sachverhalt:

Der Kläger bestellte bei der Beklagten, einem Internet-Provider, eine Flatrate für Telefon und DSL-Nutzung in der Tarifvariante "Doppel-Flat 6.000 inklusive Speedoption 16.000" zum monatlichen Preis von 39,99 € bei einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten.

Drei Tage nach der Bestellung teilte ihm die Beklagte mit, dass er zunächst einen Telekom-Anschluss benötige, den er für ca. 100 € einrichten ließ. Sodann konnte er über die Beklagte kostenlos telefonieren. Der DSL-Anschluss wurde nach anderthalb Monaten freigeschaltet, und zwar mit einer Bandbreite von 3.072 kbit/s. Nachdem ihm die Beklagte auf Nachfrage hin mitteile, dass eine Verbesserung der Bandbreite derzeit nicht geplant sei, kündigte der Kläger den Vertrag fristlos und forderte auch die 100 € für den Telekom-Anschluss zurück.


Entscheidung:

Die Kündigung erfolgte rechtmäßig, urteilte das Amtsgericht.

Der Vertrag sei über eine Bandbreite von 6.000 kbit/s zustande gekommen. Zudem sei die Speedoption Vertragsbestandteil geworden. An diesen Vertrag sei die Beklagte gebunden gewesen. Die bereitgestellte geringere Bandbreite stelle eine so erhebliche Pflichtverletzung dar, dass der Kläger an einem auf 24 Monate ausgelegten Vertrag nicht länger festhalten müsse.

Den Verweis der Beklagten auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die vorsehen, dass die Beklagte nur die am jeweiligen Ort maximal verfügbare Bandbreite schulde, ließ das Gericht nicht gelten. Eine solche Klausel sei unwirksam, weil sie den Kunden, der weiterhin den Preis für die höhere vereinbarte Bandbreite zahlen müsse, unangemessen benachteilige.

Dagegen erhielt der Kläger das Geld für die Einrichtung des Telekom-Anschlusses nicht zurück. Den getätigten Aufwendungen stehe der Vorteil der Möglichkeit kostenlos zu telefonieren gegenüber. Die Ersparnis für das Telefonieren gleiche die Einrichtungskosten aus.


Ich denke angesprochen sind hier besonders Nutzer, welche in "DSL light Zonen" wohnen, hier bestehen oft Verträge mit DSL 2.000 oder DSL 6.000 oder es sind sogar noch größere Bandbreiten auf der Rechnung zu finden. Pech werden wohl auch weiterhin die Leute haben, welche nur ISDN erhalten. Bei ISDN liegt eine Leitungsvermittlung mit garantierter Bandbreite zu Grunde, damit steht die gebuchte Bandbreite auch tatsächlich zur Verfügung, ähnlich verhält es sich beim Modem - sollte es hier ein instabiles Netz geben, sehe ich aber auch hier Chancen.

Bevor ich mich jetzt ran mach und wild drauf los schreibe möchte ich mit euch kurz sammeln was alles rein muss, ich mach mal den Anfang und schlage vor:

  • Anschrift aktueller Provider

  • Anschrift Kunde (ich selbst)

  • Thema/Betreff
    Kündigung des Anschlusses mit der Nr. auf Grundlage Az.: 340 C 3088/08 Amtsgericht Fürth

  • Anschreiben
    sehr gehrter etc.

  • Einleitung
    hiermit kündige ich per sofort den Anschluss Nr. Aufgrund von Nichterbringung der Downloadgeschwindigkeit. Gem. Vertrag beträgt diese 6.000 kbit/s, derzeit sind stehen nur 384kbit/s zur Verfügung.

  • Hauptteil
    Nach eingehender Prüfung steht die vertraglich geregelte Downloadgeschwindigkeit zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung, folgende Messungen wurden durchgeführt:
    • Aufzählung von Downloads, Früh, Mittag, Abend, Nacht an mehreren Tagen in der Woche - Bilder im Anhang

  • Schluss
    ich bitte Sie mir eine Bestätigung meiner Kündigung innerhalb der nächsten 2 Wochen zuzusenden und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

  • Unterschrift, Signatur, Kontaktdaten, Name in Klartext (des Anschlussinhabers!)


Ich freue mich auf eure Meinungen/Ergänzungen ;)
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon Fehler20 » 26.02.2012 00:32

2 Probleme, die ich an diesem Urteil sehe:

1.) kann es nicht auch passieren, dass der Provider einen einfach in einen günstigeren Tarif umbucht und dann hat man Pech gehabt? (bzw. ist dann der Vertrag überhaupt noch gültig).

2.) Die Telekom schaltet z.B. ja immer nur das, was auch im Vertrag steht (also Call&Surf Plus mit DSL 386kbit) wäre hier dieses Urteil überhaupt wirksam, weil man ja vor der eigentlichen SChaltung über die tatsächliche Bandbreite informiert wurde. Wie verhällt sich das bei RAM Kunden)
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon spokesman » 26.02.2012 01:09

danke für den Einstieg in die Diskussion.

Fehler20 hat geschrieben:1.) kann es nicht auch passieren, dass der Provider einen einfach in einen günstigeren Tarif umbucht und dann hat man Pech gehabt? (bzw. ist dann der Vertrag überhaupt noch gültig).
Nein es gibt wohl noch Tarife, welche tatsächlich DSL 6.000 auf der Rechnung haben, jedoch nur 384kbit/s erhalten. In dem von dir geschilderten Fall also "DSL 2.000 mit 384kbit/s" hätten wir hier schon wieder eine offene Frage, welche wir beantworten müssen ehe wir eine Musterkündigung veröffentlichen - danke nochmals an dieser Stelle.

2.) Die Telekom schaltet z.B. ja immer nur das, was auch im Vertrag steht (also Call&Surf Plus mit DSL 386kbit) wäre hier dieses Urteil überhaupt wirksam, weil man ja vor der eigentlichen SChaltung über die tatsächliche Bandbreite informiert wurde. Wie verhällt sich das bei RAM Kunden)
wie ich hier und da schon geschrieben habe scheint aus meiner Sicht die Telekom derzeit alles daran zu setzen, dass die Geschwindigkeiten auf 2.000kbit/s gebohrt werden um a) diesem Urteil aus dem Wege zu gehen und b) den Ort als nicht mehr förderfähig dastehen zu lassen.

ich fasse das wesentliche hier mal zusammen:
  • Klausel "bis zu" gilt nicht, siehe
    §308 BGB hat geschrieben:4. (Änderungsvorbehalt)

    die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
  • bei extreme Abweichung kann fristlose Kündigung eingereicht werden
es sei an dieser Stelle natürlich immer darauf verwiesen, dass hier "nur" ein Amtsgericht entschieden hat, obwohl ich bei diesem Urteil keine "komische" Rechtsprechung erwarte..

Anbei noch ein schöner Beitrag aus einem anderen Forum:
Salzaecker congstar Forum hat geschrieben:Habe direkt bei der Telekom angerufen und die meinten, sie hätten noch eine Leitung mit 2000 Bandbreite. Da congstar eine Tochter der Telekom sei, könnten sie auch die Kündigung übernehmen und ich kann ohne Probleme zur Telekom wechseln ... nur der Monatsbeitrag ist etwas höher. :) ......


Da wir derzeit einige dieser Fälle im Ort haben werde ich die Leute mal fragen ob sie nicht einfach mal probieren wollen über diese Variante raus zu kommen. Über mehr Input, Rechercheergebnisse und Meinungen würde ich mich sehr freuen. (und so richtig geklärt sind die Anmerkungen von Fehler20 ja noch nicht ;D )
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon Fehler20 » 26.02.2012 15:07

Nein es gibt wohl noch Tarife, welche tatsächlich DSL 6.000 auf der Rechnung haben
,

klar um bei 1u1 Alice und Konsorten kündigen zu können sollte es ein Schreiben mit diesem Urteil als Anhang auf jeden Fall tun. Vielleicht sollte man auch mehrere Schreiben zur Verfügung stellen, eins für s.g. Fall und eins für den Fall, das man von der Telekom wegkommen muss, weil dort ein anderer Anbieter ausgebaut hat.
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon spokesman » 01.04.2012 13:53

hallo,

in den letzten Wochen sind besonders in Regionen mit bevorstehenden Breitbandausbau Leute an unsere Initiative herangetreten und haben nachgefragt wie man aus bestehenden Verträgen herauskommt. Immer wieder musste ich mich an die Diskussion hier im Forum erinnern und konnte bisher leider keine definitive Antwort abgeben, dies soll sich nun ändern.

Ich hoffe ihr bringt euch in den nächsten Wochen mit ein wenn wir hier versuchen das beschriebene Urteil in mehrere Richtungen zu prüfen und anschließend eine kleine Anleitung für Kündigungen aufgrund zu geringer Geschwindigkeit zu erarbeiten.

Die Frage die mich hier derzeit am meisten beschäftigt liegt besonders bei Verträgen mit der Telekom vor, so hat man z.B. ein Vertrag "DSL 6.000Kbit/s (mit bis zu 3.000Kbit/s)", die Frage ist hier ob man unter der Begründung den Vertrag mit dem Anbieter per sofort kündigen kann. Man zahlt ja schließlich das gleiche Geld wie jemand der tatsächlich 6.000Kbit/s hat.

Ich habe mir erlaubt an dieser Stelle ein Pad zu erstellen, welches jedem die Mitarbeit an Anfragen und dem Leitpfaden ermöglicht. Bei geteilt.de ist dieser Versuch mit dem kostenfrei bereitgestellten Pad der erste Versuch, ich möchte sehn wie dieser bei euch ankommt, für Anregungen und Kritik ist hier natürlich immer Platz. Die Diskussion soll im weitesten Sinn weiter hier stattfinden, besonders der redaktionellen Teil soll im Pad abgearbeitet werden.

Den eben geschilderten Fall würde ich als Anfrage gern an den VZBV stellen, mit einer Meinung/Stellungnahme dieser Organisation hat man schon einiges an Rückenwind - meint ihr es ist Sinnvoll diese Anfrage auch an Anbieter oder die Verbände der Anbieter zu schicken? eine kurze Einleitung hab ich eingestellt: https://geteilt-de.piratenpad.de/kuendigung

Grüße
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon Dino75195 » 01.12.2012 13:13

Hallo zusammen

Gibts zu dem Thema Rückmeldungen?

Klappen die Kündigungen?
Sperren sich die Anbieter?
Muss man den Rechtsanwalt einschalten?

Ich würd das dann einige unterversorgte informieren, die von den 16000 nur 1000 oder weniger haben.

Gruß Robert
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Intel Xeon E3-1230V2, 4x 3.30GHz 16 GB RAM 24" TFT

Initiative für
"Schnelleres DSL in Weichs und allen Ortsteilen"
http://www.dsl-weichs.de (Webseite inzwischen abgeschalten)
DSL 16000 ist in Weichs verfügbar seit 20.6.2011
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Re: Kündigung Vertrag bei zu geringer Geschwindigkeit

Beitragvon spokesman » 01.12.2012 18:47

nein, mehr als hier ist bisher leider nicht erarbeitet getestet wurden..

Grüße
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