Michael Siebel (SPD): Kommunen müssen selbst bauen können

Michael Siebel (SPD): Kommunen müssen selbst bauen können

Beitragvon spokesman » 06.10.2011 18:01

Das Hessen Tageblatt berichtet heute von einer Forderung des Landtagabgeordneten Michael Siebel (SPD), nach dieser Forderung soll § 121 der hessischen Kommunalordnung geändert werden. Das Ziel ist hierbei den Kommunen mehr Möglichkeiten zum Ausbau eigener Infrastrukturen einzuräumen. Kommunen sollen demnach also wirtschaftlich selbst tätig werden können und somit die derzeitigen Defizite beim Breitbandausbau selbst lösen

Die bisherigen Erfolge wurden von Siebel zwar gelobt, jedoch sieht er eine Versorgung von 75% mit 50Mbit/s als zu gering für den Wirtschaftsstandort Hessen, seiner Meinung nach müsse der Ausbau möglichst flächendeckend erfolgen. Weiter sollen seiner Meinung nach die bereitstehenden EU-Mittel auch zur Umsetzung gelangen, bisher sieht er hier Defizite.

HGO hat geschrieben:Hessische Gemeindeordnung (HGO)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005
§ 121
Wirtschaftliche Betätigung


(1) Die Gemeinde darf sich wirtschaftlich betätigen, wenn

1. der öffentliche Zweck die Betätigung rechtfertigt,
2. die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und
3. der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

Soweit Tätigkeiten vor dem 1. April 2004 ausgeübt wurden, sind sie ohne die in Satz 1 Nr. 3 genannten Einschränkungen zulässig.

(2) Als wirtschaftliche Betätigung gelten nicht Tätigkeiten

1. zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,
2. auf den Gebieten des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens, der Kultur, des Sports, der Erholung, der Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie
3. zur Deckung des Eigenbedarfs.

Auch diese Unternehmen und Einrichtungen sind, soweit es mit ihrem öffentlichen Zweck vereinbar ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten und können entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt werden.

(3) Die für das Kommunalrecht zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Unternehmen und Einrichtungen, die Tätigkeiten nach Abs. 2 wahrnehmen und die nach Art und Umfang eine selbständige Verwaltung und Wirtschaftsführung erfordern, ganz oder teilweise nach den für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften zu führen sind; hierbei können auch Regelungen getroffen werden, die von einzelnen für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften abweichen.

(4) Ist eine Betätigung zulässig, sind verbundene Tätigkeiten, die üblicherweise im Wettbewerb zusammen mit der Haupttätigkeit erbracht werden, ebenfalls zulässig; mit der Ausführung dieser Tätigkeiten sollen private Dritte beauftragt werden, soweit das nicht unwirtschaftlich ist.

(5) Die Betätigung außerhalb des Gemeindegebietes ist zulässig, wenn

1. bei wirtschaftlicher Betätigung die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen und
2. die berechtigten Interessen der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften gewahrt sind. Bei gesetzlich liberalisierten Tätigkeiten gelten nur die Interessen als berechtigt, die nach den maßgeblichen Vorschriften eine Einschränkung des Wettbewerbs zulassen.

(6) Vor der Entscheidung über die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung von wirtschaftlichen Unternehmen sowie über eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung ist die Gemeindevertretung auf der Grundlage einer Markterkundung umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren zu erwartende Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft zu unterrichten. Vor der Befassung in der Gemeindevertretung ist den örtlichen Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit ihr Geschäftsbereich betroffen ist. Die Stellungnahmen sind der Gemeindevertretung zur Kenntnis zu geben.

(7) Die Gemeinden haben mindestens einmal in jeder Wahlzeit zu prüfen, inwieweit ihre wirtschaftliche Betätigung noch die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt und inwieweit die Tätigkeiten privaten Dritten übertragen werden können.

(8) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind so zu führen, dass sie einen Überschuss für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dies mit der Erfüllung des öffentlichen Zwecks in Einklang zu bringen ist. Die Erträge jedes Unternehmens sollen mindestens so hoch sein, dass

1. alle Aufwendungen und kalkulatorischen Kosten gedeckt werden,
2. die Zuführungen zum Eigenkapital (Rücklagen) ermöglicht werden, die zur Erhaltung des Vermögens des Unternehmens sowie zu seiner technischen und wirtschaftlichen Fortentwicklung notwendig sind und
3. eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erzielt wird.

Lieferungen und Leistungen von anderen Unternehmen und Verwaltungszweigen der Gemeinde an das Unternehmen sowie Lieferungen und Leistungen des Unternehmens an andere Unternehmen und Verwaltungszweige der Gemeinde sind kostendeckend zu vergüten.

(9) Bankunternehmen darf die Gemeinde nicht errichten, übernehmen oder betreiben. Für das öffentliche Sparkassenwesen verbleibt es bei den besonderen Vorschriften.
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Re: Michael Siebel (SPD): Kommunen müssen selbst bauen könne

Beitragvon bkt » 06.10.2011 18:57

spokesman hat geschrieben:Das Hessen Tageblatt berichtet heute von einer Forderung des Landtagabgeordneten Michael Siebel (SPD), nach dieser Forderung soll § 121 der hessischen Kommunalordnung geändert werden. Das Ziel ist hierbei den Kommunen mehr Möglichkeiten zum Ausbau eigener Infrastrukturen einzuräumen. Kommunen sollen demnach also wirtschaftlich selbst tätig werden können und somit die derzeitigen Defizite beim Breitbandausbau selbst lösen

Kommunen, die nichteinmal den Eigenanteil zu einem Geförderten Ausbau gestemmt kriegen - undda geht es nur um einen Teil (kommunaler Eigenanteil) eines Teils (Wirtschaftlichkeitslücke) der Gesamtkosten, werden wohl kaum die gesamte Maßnahme selber stemmen können.

Das ist ein Paragraph für Gemeinden, die im Geld schwimmen (da es immer noch freiwillige Leistung ist) und sich bislang wegen der fehlenden Ermächtigungsgrundlage nur nicht betätigen dürfen. Zu empfehlen ist hier der Text aus NRW. Könnten alle anderen Bundesländer einfach 1:1 übernehmen.

Allen anderen Gemeinden ist damit genau 0% geholfen.
Solange das keine Pflichtaufgabe der Gemeinden ist (und dann gehört auch eine auskömmliche Finanzierung der Gemeinden dazu) hilft das den echten Problemregionen nicht weiter. Und bis dahin werden sich die Kommunen ohnehin so gut es geht verweigern, eine weitere Aufgabe als Pflichtaufgabe aufs Auge gedrückt zu bekommen. Das versuchen die Länder schon bei allen möglichen anderen Themen am laufenden Band.
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Re: Michael Siebel (SPD): Kommunen müssen selbst bauen könne

Beitragvon spokesman » 06.10.2011 19:08

Ja, damit scheinen sich eben nur Leute auszukennen, welche öfters mal in den Gemeinden unterwegs sind oder hin und wieder mal etwas Zeitung lesen. Zunächst müssen die Anbieter in die Verantwortung genommen werden, als nächster meiner Ansicht nach der Bund..
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