Alb-Breitband-Story

Allgemeine Initiativen und Breitband Themen

Alb-Breitband-Story

Beitragvon Alb-Maulwurf » 15.02.2009 14:02

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Ich habe mir mal ein wenig Zeit genommen, um den Verlauf meiner gesamten Initiative aufzuschreiben.
Freue mich auf Rückmeldungen und Kritik ;)
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Vorwort (im Rückblick)

Was der Leser hier vor Augen hat, ist eine „Zusammenfassung“ einer langen Zeit – aufgeschrieben in „wenigen Zeilen“. Ich habe versucht den Ablauf meiner kleinen lokalen Breitbandinitiative aufs Papier zu bringen und muss im Nachhinein sagen, dass es mit Sicherheit kein großartiges literarisches Werk geworden ist. Aber das sollte der Leser vielleicht doch am besten selbst entscheiden.

Der Grund, warum ich unsere (oder meine) Story aufgeschrieben habe, ist einerseits, um irgendwelchen Bekannten, Kumpels&Co. die von „meinem Baby“ erfahren, nicht immer wieder die gleiche Story erzählen zu müssen (mündlich mach ich das gerne, aber übers Internet ist es eher nervig), und andererseits – und vor allem deswegen - aber auch, um möglicherweise neuen Initiativen zu zeigen, wie so eine Initiative ablaufen kann und was man beachten sollte.
Für diese habe ich aus diesem Grund am Ende meiner kleinen Story ein paar Tipps zusammengestellt, die ich persönlich beim Ablauf einer Initiative für wichtig halte und die ich selbst „beim nächsten Mal“ anders machen würde.


zu meiner Person:

Mein Name ist Benjamin.
Ich bin der Gründer und das „Oberhaupt“ der beiden Initiativen „DSL für Erpfingen“ und „Alb-Breitband“, die im Grunde ein und dieselbe Initiative sind.

Ich habe die Initiative mehr oder weniger ungeplant ins Leben gerufen – und bin bis heute der Meinung, dass es eines der besten Dinge war, die ich in meinem Leben auf die Beine gestellt habe.

Ich selbst habe mittlerweile das Abitur absolviert und studiere Technische Informatik bzw. Kommunikationstechnik… habe mich noch nicht ganz entschieden, aber zum Glück sind die ersten 5 Semester identisch ;-)

Ich lebe in einem netten „Kaff“ namens Erpfingen (Gemeinde Sonnenbühl) auf der schwäbischen Alb in Baden-Württemberg und darf mich noch zu den Leuten zählen, die dem Schwäbisch noch mächtig sind – und zwar fließend in Wort und Schrift (auch lesen) ;-)
Erpfingen kennt möglicherweise jemand über die Bärenhöhle, das Feriendorf Sonnenmatte, den Kinder-Freizeitpark Traumland, die Sommer-Bobbahn, den Campingplatz, als Luftkurort, oder einfach so… und genau da hat’s kein Breitbandinternet – bisher ;-)

Neben meiner Aktivität als Initiativenleiter bin ich auch auf geteilt.de aktiv (dort als
„Alb-Maulwurf“). Mittlerweile, da die Arbeit für die eigene Initiative nachlässt, verlagere ich mein Engagement mehr dorthin…

Also im Grunde bin ich glaub weitgehend ein Mensch ;-)


So… und jetzt geht’s ans eingemachte ;-)


Ich freu mich über Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge.

Grüße



Die „Alb-Breitband-Story“


Besucht man unsere alte Homepage http://www.dsl-erpfingen.de.vu, die wider erwarten noch immer existiert, und sieht dort nach dem Verlauf von „Aktuelles“, so lautet der erste Eintrag „[21.04.07] Aktion läuft an“. Das ist so eigentlich nicht korrekt.
Angefangen hat natürlich alles viel früher…
Ich selbst war noch Schüler in der 12ten Klasse.
Da ich durch einige Umstände praktisch gezwungen war ein Laptop zu besitzen, ergaben sich für mich einige Vorteile.
Ãœber das WLan der Schule bekam ich im Grunde zum ersten Mal in meinem Leben Zugang zu Breitbandinternet.
DAS war der Anfang.
Ich weiß nicht mehr was mich dazu gebracht hat, im Internet nach „Alternativanbietern“ zu suchen – doch ich tat es.
Im Nu waren einige Anbieter entdeckt, die via Richtfunk und WLan abgeschottete Gebiete anbinden – im Falle dessen, das sich dort genügend Interessenten finden.
Schon einige Zeit vorher hatten die Kumpels und ich per WLan ein Netzwerk zwischen unseren Häusern aufgebaut um auch als ISDN-Opfer zocken zu können. Zudem lief da ein Server und wiederum auf diesem ein Forum.
In diesem Forum finde ich den ersten Eintrag zum Thema DSL am 08.12.2006.
Diesen Tag könnte man wohl als Geburtsstunde der Initiative ansehen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keiner daran dachte, eine Initiative zu starten…

Wenn ich mich jetzt durch die ersten Postings lese, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen… Furchtbar, wie ahnungslos ich damals war – doch der gute Wille zählt…
Ich war angetan davon, dass es tatsächlich Anbieter gab, die ab 25 Haushalten bereits ein Dorf anbinden.
Typische Leistungen waren damals 3Mbit/s incl. Flat… EINE FLAT!!! – davon kann ein ISDNler nur träumen (derzeit kostet die einzige echte ISDN-Flat 80€/Monat).
Dass die „Flat“ der Funkanbieter im Grunde auch keine war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht – was eine FUP (FairUsePolicy) ist, wurde mir erst sehr viel später klar…
Zum Verständnis: Eine FUP bedeutet in den meisten Fällen, dass es beispielsweise eine Volumenobergrenze gibt – wird diese überschritten, wird die Geschwindigkeit gedrosselt.
Man kann also rund um die Uhr online sein (daher Flat), aber rund um die Uhr downloaden oder ähnliches kommt nicht in die Tüte.
Schlichtweg kann man sagen, sobald es eine FUP gibt, hat man wieder Nachteile gegenüber „normalen DSL-Usern“.

Ich hatte also Funkanbieter rausgesucht und postete in unserem WLan-Forum die genaueren Leistungen von den gefundenen Anbietern.
Als „realistisch“ wurde von Anfang an nur ein einziger Anbieter gesehen.
Dieser war der besagte „25-Interessenten-benötigt“-Anbieter. Und schon war die Initiative in Gedanken vorhanden.
Es ging also darum genügend Haushalte zusammen zu bekommen und dann wäre das doch alles gar kein Problem… sooo einfach…
Ganz zu schweigen davon, dass der besagte Anbieter zum richtigen Zeitpunkt gar nicht mehr existierte, lief auch sonst noch einiges anders, als wir dachten…

Frohen Mutes gingen wir ans Werk. Der erste Flyer wurde entworfen – DinA5, schwarzweiß und ein mehr oder weniger ungleichmäßiger Druck. Das ganze in 550facher Ausfertigung, allerdings nicht um ein paar Durchschläge für Vater Staat zu haben, sondern um jeden Briefkasten in unserem Örtchen (Erpfingen) füttern zu können.
Am 05.05.2007 wurde der Flyer dann schließlich verteilt und – wer hätte das gedacht – wir fanden nicht genügend Interessenten.
Bis zum 30.06.07 gab es einen mehr oder weniger stetigen Strom von neuen Interessenten, sodass wir dann immerhin die 20er Marke erreicht hatten.
Am 30.06.07 haben wir dann schließlich den zweiten Flyer verteilt (ebenfalls DinA5 und schwarzweiß) – ohne wirklichen Erfolg. Wir hatten die 25er Marke erreicht, doch bis dahin hatte der Anbieter seine nötige Zahl auf 30-35 erhöht.
Dann kam „die Wende“.
Ich hatte mich schon zu Beginn meiner Recherchen bei geteilt.de angemeldet. Das ist ein Forum, wo sich Initiativen und Schmalband-belastete Leute austauschen und zusammenarbeiten.
Auch hier eine kurze Erläuterung: Das große Ziel von geteilt.de ist es, dass Breitband in den Katalog der Universaldienstleistungen aufgenommen wird. Also, dass Breitband gleichgestellt wird mit Wasser, Abwasser, Strom, … Ich wurde dort im Laufe der Zeit immer aktiver und muss sagen, dass ich mich wohl fühle.

Dort hatte mir von Anfang an ein User empfohlen, mit KabelBW in Verbindung zu treten und zu versuchen den Ausbau von Kabel-Internet zu erreichen. Doch aus irgendeinem Grund war ich zu Beginn meiner Aktivitäten ziemlich blind und rannte auf das „dolle“ Funk-Zeug zu…
Nunja… wir hatten also KabelBW links liegen gelassen und die Funk-Sache war – dank fehlender Interessenten – in eine Sackgasse gelaufen.
Doch durch geteilt.de und den eigenen Dickkopf wurde ich aufgemuntert weiterzumachen und doch mal eine Zusammenarbeit mit KabelBW zu versuchen. Dank dem angesprochenen geteilt.de User kam ich bei KabelBW gleich an die halbwegs richtige Adresse.

Aber hm… auch dort lief irgendwie nicht alles so, wie erhofft.
Immerhin zeigte KabelBW Interesse an der Initiative, also starteten wir eine „neue“ Initiative.
Mit der „neuen“ Initiative änderte sich auch das Flyerformat – er wurde DinA4, farbig aber immer noch einseitig bedruckt. Diese wurden am 09.08.07 verteilt.
Dieses Mal also nicht mit dem Ziel einen Funkanbieter zu finden, sondern KabelBW zu ermuntern auszubauen.
Und – große Freude – irgendwie fanden sich plötzlich wieder Interessenten.
Bis zum 25.11.07 hatten sich 65 Interessenten registriert – doch auch das war zu wenig.
Immerhin hatten wir bis dahin glatte 1000 Besucher auf der Seite… auch wenn wir vermutlich selbst die größte Zahl ausgemacht haben… ;-)
Allerdings war wieder Schwung in die Initiative gekommen – genau genommen ging es jetzt erst richtig los. Wir haben angefangen uns genauere Gedanken zu machen und bekamen dank eines Erwachsenen, der bei uns einstieg eine ziemliche Flut an Informationen.
Ich habe damals eines Abends mit ihm telefoniert und weiß noch, wie ich hinterher ganz stolz meiner Mum erzählt hab, was ich jetzt alles weiß – verstanden hatte ich damals irgendwie das wenigste – aber das hab ich erst im Nachhinein gemerkt…

Zurück zum Thema:
Das Problem war: KabelBW hatte keine Verbindung nach oben auf die Albhochfläche, sondern nur eine popelige Richtfunkstrecke, um oben ihr TV anbieten zu können. Die Richtfunkstrecke war oder ist natürlich viel zu lahm, als dass man darüber Internet schalten könnte. Also war klar: KabelBW braucht eine Glasfaseranbindung auf die Albhochfläche – Punkt. Doch wie das realisieren?
Wieder brachte uns der Erwachsene (der stets bemüht war im Hintergrund zu agieren und in keiner Pressemitteilung zu erscheinen) die „Lösung“.
Er erfuhr, dass von der BodenseeWasserVersorgung (BWV) ein Leerrohr von „unten“ hoch auf die Albhochfläche vorhanden war – ungenutzt. Außerdem ging es oben weiter… noch mehr Leerrohre… ein ganzes Netz über eine recht enorme Fläche.

Ich verhandelte also weiter mit meinem Ansprechpartner/Vertriebspartner von KabelBW und fing an, stärker auf den Bürgermeister zu zu gehen. So kam es, dass wir zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen wurden.
Dabei ging es uns vordergründig darum, finanzielle Unterstützung zu bekommen um weitere Flyer drucken zu lassen (anstatt wie bisher selbst zu drucken) und die Informationslage des BM abzuchecken.
Damit änderte sich wieder einmal einiges.
Der BM war gut vorbereitet, kam uns weitgehend entgegen, zeigte uns allerdings auch, dass er an Informationen kommt, die uns weitgehend verweigert sind…
Auch er war nicht untätig gewesen, sondern hatte mit KabelBW (und der Telekom) gesprochen. KabelBW betreffend hatte er ein paar Informationen mehr zu bieten als wir, aber es hat sich weitgehend mit unserem Stand gedeckt.
Der einzige Unterschied: Da die Gemeinde sowieso an einigen Stellen den Bau von Fahrradwegen geplant hatte, wollte sie mit KabelBW ein Gemeinschaftsprojekt machen, um auf einen Rutsch Wege zu machen und Glasfaser zu legen.
Der Unterschied zu uns: Das Glasfaserkabel käme dann „von der anderen Seite“ der Alb hoch… Das war etwas, was ich nie verstanden habe, denn dort lag anscheinend weder ein Leerrohr, noch gab es eine gute Möglichkeit das Glasfaser ‚einzuackern’. Aber es hat irgendwie nicht weiter interessiert…

Die Telekom-Sache war für uns natürlich neu.
Der BM gab uns einige Infos (die ich – keine Ahnung woher – schon längst hatte) und sagte uns auch, dass er im Gespräch mit dem rosa Riese (Telekom) wäre – ihm war ganz offensichtlich die Sache mit der Telekom angenehmer als das mit KabelBW.
Auf jeden Fall kam er uns, was die Finanzierung einer neuen Homepage und neuer Flyer anging, entgegen.
Daraus ging dann die „neue Initiative“ http://www.alb-breitband.de hervor. Die gleichen Leute, das gleiche Ziel, aber eine Homepage ohne Werbung und hübsche Flyer (gefaltete Broschüren, professionell gedruckt).
Mit der neuen Homepage und neuen Flyern haben wir die Initiative auch über den Ort hinaus ausgedehnt – die anderen Ortsteile der Gemeinde sind zwar weitgehend versorgt, aber eben nicht flächendeckend mit 16.000er DSL. Da gab es dann doch einige, die gerne KabelBW gehabt hätten – auch aus Kostengründen.
Also haben wir am 03.01.08 in der ganzen Gemeinde Flyer verteilt (grob 4000 Stück) – und die Reaktion war gar nicht so übel… Aber trotz allem haben wir die 200 Interessenten nie geknackt. Immerhin brachten wir allein in Erpfingen 100 Leute auf die Waage.

Mit der Zeit klügelten wir ein Konzept aus, wie ein Ausbau durch KabelBW wohl am sinnvollsten wäre – nämlich über das besagte Leerrohr nach oben und dann weiter im vorhandenen Leerrohrnetzwerk. Dadurch hätte KabelBW die Möglichkeit gehabt auch in andere Kommunen vorzustoßen – doch es blieb eine Kostenfrage. Zudem gerieten wir mehr und mehr in die Situation gelähmt zu werden… denn mehr und mehr wurde es eine Frage der Politik zwischen Gemeinde und KabelBW, die zusammen Dinge ausheckten, über die wir nicht informiert wurden – mit dem Erfolg, dass alles erstmal auf Eis gelegt wurde…

Doch dann kam erneut eine Wende. Denn das Land Baden-Württemberg rief mit 2008 ein Förderprogramm („Ländlicher Raum“) ins Leben, wodurch Kommunen, die aktiv am Breitbandproblem arbeiteten, die Möglichkeit bekamen Moneten aus einem Fördertopf zu bekommen. Natürlich gab es Einschränkungen – so flossen generell weniger Gelder, wenn eine Kommune einen Provider direkt unterstützte, also wenn die Fördergelder direkt an einen Anbieter weiter flossen. Da gab es die nette Grenze von 75.000€.
Ganz anders sah es aus, wenn die Kommune selbst aktiv wurde und beispielsweise selbst ein Glasfasernetz aufbaut.
Daraus entstand für uns die neue Idee, die wir bis zu dem Zeitpunkt, da ich dies hier schreibe, vertreten:
Die BWV wäre bereit, ihre Leerrohre zu vermieten. Was wäre denn nun, wenn sich die Kommunen, die an dem doch ganz ordentlichen Leerrohrnetzwerk hängen zusammenschließen und ein eigenes Glasfasernetz auf die Beine stellen?

KabelBW hat sich auf unsere Rückfrage hin bereit erklärt, sich in das Glasfasernetz einzumieten, falls die Kommunen das auf die Reihe bringen. Außerdem klärte sich ebenso die Telekom bereit, sich in das Netz einzuklinken und so selbst ins weitere Hinterland vorzustoßen.
Tja… das war und ist unsere Idee… doch leider spielte unser Bürgermeister nicht mit – und der war von allen betroffenen BMs am wichtigsten. Er war der Auffassung, es sei nicht Aufgabe der Kommune, die Bürger mit Breitbandinternet zu versorgen, sondern es sei Aufgabe der Provider…
Nur müssen nunmal Provider, die trotz „Unwirtschaftlichkeit“ (man sollte das wirklich mal zum Unwort des Jahres wählen) ausbauen erstmal gezüchtet werden…
Aber clever wie unser BM war, hat er natürlich den Braten des Förderprogramms gerochen und einen Antrag gestellt – der prompt in die Hose ging, weil die Telekom (mit der er sich abgesprochen hatte) Kosten von 96.000€ veranschlagt hatte – und irgendwie war es unserem Bürgermeister wohl entgangen, dass nur 75.000€ zur Verfügung gestellt werden, wenn die Gelder direkt an den Provider fließen.
Leider waren wir nicht gefragt worden – dadurch war einige Zeit verloren gegangen, solange man auf die Antwort des Landes auf den Antrag wartete…

Die Zusammenarbeit von Bürgermeister und uns war noch nie gut gewesen… aber so was war unnötig…
Der Abschuss dieser fehlenden Kommunikation war allerdings kurz zuvor, als wir nur durch die Zeitung davon erfuhren, dass unser Bürgermeister unser Konzept in den Papierkorb geworfen hatte und sein eigenes Ding (Förderprogramm&Telekom) auf die Beine gestellt hatte.

Zwei Tage nachdem wir über die Zeitung vom Vorhaben unseres BMs erfuhren, war eine Veranstaltung der Jungen Union in Erpfingen – unter anderem stand das Thema Breitbandinternet auf der „Agenda“ des Abends. Wir sind natürlich hingegangen, auch wenn wir der Meinung waren, der Bürgermeister hätte uns durch sein eigenes Projekt bereits alle Möglichkeiten aus der Hand genommen. Der eigentliche Gedanke, warum wir dort waren, war eigentlich: Zuhören und mal sehen, was über dieses Thema so geredet wird. Wir wurden dann allerdings "hocherfreut" empfangen und durften ca. 45min Vortrag halten und Rede und Antwort stehen. Da einige Gemeinderatsmitglieder anwesend waren, gab es einige interessante Momente und Informationen.
So war das Thema Breitband im Gemeinderat wohl nie wirklich ein Thema, das diskutiert wurde, sondern ein ziemlicher Alleingang des Bürgermeisters.
Die Gemeinderatsmitglieder waren sich dann einig, dass man neue Eindrücke gewonnen habe und das Thema noch im Gemeinderat besprechen sollte – doch bei dieser Aussage blieb es. Später verkündete der Gemeinderat einmal über die Zeitung, dass die Mitglieder eine Blutspendeaktion durchführen würden und wir den Erlös für unsere Arbeit bekommen würden – das Geld hat nie jemand gesehen.

Mit von der Partie war an diesem Abend auch der Landtagsabgeordnete der CDU
Karl-Wilhelm Röhm. Dieser teilte uns mit, dass bis zur Deadline für Anträge auf Fördergelder (15. Juni 08) nur acht Anträge eingegangen waren - einer davon war der Antrag unseres Bürgermeisters. Damit war im Grunde für uns absolut sicher, dass dessen Antrag angenommen würde, da im Fördertopf 20 Mio. lagen… Von den 96.000€, die er beantragt hatte, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

Das hat uns dann sozusagen endgültig das Genick gebrochen. Einerseits gab es Hoffnung, dass man über den Gemeinderat etwas erreichen könnte – andererseits war die Gewissheit da, dass der Bürgermeister seinen Alleingang ins Ziel führen würde. Und da hatten wir eben die Befürchtung, dass dieser einen Pseudo-Ausbau bewirken würde, der Erpfingen nur halbherzig DSL beschert und der Ortsrand mit 1000er DSL o.ä. tuckern würde.
Aber gesetzlich wären wir dann erstmal „versorgt“ gewesen – und hätten somit keine Chance mehr gehabt an Fördergelder vom Land zu gelangen.
Nunja… wir waren nach der ganzen Sache nicht besonders wohlgesinnt gegenüber unserem Bürgermeister, der uns offensichtlich nicht so wirklich ernst nahm.
Doch dann kam das Regionalfernsehen (ReutlingerTübingerFernsehen - RTF) auf uns zu. RTF leidet selbst unter der fehlenden Breitbandanbindung der Albhochfläche. So fährt einmal am Tag jemand von RTF auf die Alb, um das neue Programm auf den Server zu laden – was zur Folge hat, dass man schon mal am Freitagmorgen das Wetter für Donnerstag vorgestellt bekommt.
Das TV-Team (Reporter und Kameramann) war sehr interessiert und lies sich den ganzen Ablauf samt unserer Idee sehr genau von mir erläutern. Er erkannte selbst, dass der Bürgermeister möglicherweise an einigen Stellen kooperativer sein könnte – und „drehte“ im wahrsten Sinne des Wortes auch sein eigenes Ding – nämlich einen einzigartigen, kurzen Spot, der die Problematik darstellte und ohne es auszusprechen klarstellte, dass wir mit dem Bürgermeister unzufrieden waren.
Der Clou war natürlich, dass bei uns (dank fehlender Breitbandanbindung) den ganzen Tag in RTF das gleiche Programm läuft – je nach Fülle derzeitiger News wiederholt sich das Programm teilweise sogar alle 30min. D.h. wir waren praktisch einen Tag lang rund um die Uhr im Fernsehen – und dann in aller Munde.

Nahezu Zeitgleich erschien ein weiterer Artikel über uns im Reutlinger Generalanzeiger.
Beides zusammen (aber vor allen Dingen das Fernsehen) hatte zur Folge, dass sich ein ziemlich genervter Bürgermeister bei mir meldete und mir ein Gespräch anbot. Dummerweise traf dieses dann genau einen Tag an dem ich keine Zeit hatte, so dass ich selbst nicht vor Ort war – dafür der Rest der Initiative. Das Resultat:
Der Bürgermeister war immer noch der Meinung, dass unser Konzept nicht das Gelbe vom Ei wäre – kurzum, er hatte seine Position keinen Millimeter verschoben – aber immerhin informierte er uns mal über sein eigenes Ding. Er plante, nachdem sein Förderantrag gescheitert war, nochmals mit der Telekom zu verhandeln.
Kurze Zeit später erfuhren wir, dass die Telekom (aus welchem Grund auch immer) von 96.000€ auf 37.000€ runter gegangen war und dass ausgehandelt wurde, dass Erpfingen 2009 DSL bekommt – mehr Informationen bekamen wir nicht.

Also immerhin Erpfingen… dass aber die anderen drei Ortsteile (bis auf einen) auch nicht gerade perfekt angebunden sind, wurde wohl über den Albtrauf geschoben und ist runtergefallen…

Nach Rücksprache mit allen Initiativlern wurde beschlossen, die Sache nicht ruhen zu lassen, sondern weiter unser Projekt zu verfolgen.
Wie man seitens KabelBW erfuhr, wurde unsere Idee mit dem Leerrohrnetzwerk dort nicht auf Eis gelegt, sondern man war am überlegen, ob man doch selbst Glasfaser verlegen sollte und so die Grenze aufs Land überwinden könnte.

So erreichen wir das „Jetzt“.
Zur Zeit warte ich auf die Telekom, die anfängt zu buddeln (angeblich soll bis Ostern das ersehnte Glasfaser liegen und DSL geschaltet werden, aber wie jeder weiß, fällt in unserer verrückten Welt Ostern ja inzwischen auf Weihnachten…).

Ansonsten bin ich selbst grade nicht mehr großartig für die private Initiative am arbeiten, sondern überlasse dies weitgehend unserem Erwachsenen – er hat mittlerweile die besseren Connections – und leider muss man feststellen, dass „Jugendliche“ bei Politkern und Geschäftsführern nun mal schlichtweg nicht so richtig ernst genommen werden… dabei sind eigentlich wir „Kinder“ die Leidtragenden, die den sauren Regen trinken, denn Sonnenbrand vom Ozonloch bekommen, in die Stadt ziehen um Breitband zu bekommen… und vermutlich irgendwann mal auch nicht auf unsere Kinder hören… ;-)


So jetzt hab ich „viel“ geredet, aber das war natürlich längst nicht alles… wir hatten einige „Pressekonferenzen“ mit der lokalen Presse, die ich jetzt einfach weitgehend weggelassen habe, und noch einiges mehr. Aber ich denke das wichtigste ist gesagt – und je länger es wird, desto weniger lesen es… Falls jemandem Details fehlen, oder wenn jemand eine Lücke entdeckt, wo irgendwie was fehlt, lasst es mich wissen.

Festhalten kann ich, dass ich in diesen zwei Jahren viel gelernt habe – schon allein aus diesem Grund hat es sich gelohnt. Es ist interessant zu erfahren, wie sehr einem so eine lokale Initiative „ans Herz wächst“, wie die Stimmung mit dem Verlauf der Initiative steigt und fällt und wie man immer wieder versucht das unmögliche zu vollbringen.
Ich selbst habe ein wenig unter dem Motto gearbeitet: „Wir die guten Willens sind, geführt von Ahnungslosen, versuchen für die Undankbaren das Unmögliche zu vollbringen. Wir haben soviel mit so wenig so lange versucht, dass wir jetzt qualifiziert sind, fast alles mit nichts zu bewerkstelligen.“
Unser Bürgermeister sah diesen Satz (in meiner Signatur im Forum) sogar einmal als Provokation – er sah sich wohl selbst als der „ahnungslose Führende“ – kein weiterer Kommentar…

Ich habe während dieser Zeit natürlich auch viele gute Erfahrungen gemacht, habe viele persönliche Hemmungen überschritten und bemerkt, dass es furchtbar Spaß macht, so eine Initiative durchzuziehen.
Irgendwann steht man da, schaut auf den Ort runter (falls das geht – bei mir geht es), und denkt „unter anderem dir ist es zu verdanken, dass dieses schöne Fleckchen Erde mit in die Zukunft geht“ – so was ist gut fürs Ego ;-)

Generell sollte jedem klar sein, dass es kein Hexenwerk ist, eine Initiative zu starten und durchzuführen. Dank Communitys wie geteilt.de ist es inzwischen auf jeden Fall jedem möglich, so etwas durchzuziehen – denn dort bekommt man den nötigen Rückhalt, die nötigen Infos und die nötige Erfahrung.

Auf jeden Fall gilt: Try it! Im schlimmsten Fall ist man wenn es in die Hose geht am gleichen Punkt wie da wo man angefangen hat, nämlich an dem Punkt, durchs Internet zu kriechen…
Allerdings mit dem Unterschied, dass man was gelernt hat.

Aber durchs Internet kriechen muss nicht sein… Aktiv werden kann viel ändern – und wenn man dann noch bei geteilt.de mitarbeitet, kann man vielleicht auch noch mehr erreichen, als nur Breitband fürs eigene Dorf… ;-)
Also…

Just try it!



Tipps für andere Initiativen


Was folgt sind keine Gesetze, aber es sind Ratschläge, die mir persönlich am Herzen liegen. Dinge, die bei uns teilweise schief gelaufen sind, oder hätten mehr/besser gemacht werden können. Natürlich ist unsere Initiative der beste Beweis, dass es auch (mehr oder weniger) funktionieren kann, wenn man bei den folgenden Dingen Fehler macht, aber es ist sicherlich nicht förderlich das zu versuchen…
Also überlegt euch, ob ihr euch doch einige Tipps zu Herzen nehmt ;-)


• Sucht von Anfang an den Kontakt zur lokalen Presse

• Holt euch von Anfang an eine seriöse Domain (.de – nicht .de.vu oder ähnliches)

• Geht von Anfang an auf euren Bürgermeister zu, berichtet ihm regelmäßig von euren Fortschritten, Überlegungen, Vorschlägen

• Fordert von ihm das selbe ein – lasst euch informieren – unbedingt

• Konzentriert euch auf gar keinen Fall auf einen einzelnen Anbieter, sondern seid offen für alles, was auf euch zukommt – es wird garantiert anders laufen, als ihr es euch vorstellt.

• Lasst eure Flyer drucken – das kommt seriöser – und macht garantiert einen Unterschied

• Macht gegenüber eurer Gemeinde/den Bürgern nichts verbindlich – nennt ihnen keine (Ausbau-)Termine, die mehr oder weniger Spekulation sind

• Sucht euch (falls ihr Jugendliche seid) einen Erwachsenen, der hinter euch steht, aber gebt trotzdem nicht die Zügel aus der Hand…

• Recherchiert ordentlich – auch wenn ihr nur ISDN habt… das ist es wert

• Registriert euch auf geteilt.de (falls ihr das nicht schon habt) und beteiligt euch dort

• Lest auf geteilt.de sämtliche FAQs zu den unterschiedlichen Techniken und sämtliche Initiativenratgeber – und vor allen Dingen: FRAGT! Wenn ich heute meine ersten Beiträge dort lesen, denke ich „Gott, warum reden die mit so einem unwissenden Kind?“ – vielleicht haben sie erkannt, dass es trotz Kind was werden kann… ;-) Ihr werdet dort auf jeden Fall Hilfe bekommen – auch von mir, vorausgesetzt ich bemerke euch und habe Zeit ;-)

• Lasst euch von niemandem einschüchtern – probiert alles aus. Vieles kann nach hinten losgehen, aber oft hat man die Möglichkeit einen „Neuanfang“ zu machen und trotzdem ernst genommen zu werden.

• Informiert eure Interessenten vor Ort – nicht nur auf der Homepage, sondern regelmäßig per Mail – die müssen wissen, dass es euch gibt – dann bleibt ihr im Gespräch.

• Falls euch jemand, der nicht einmal die geringste Ahnung hat, anspricht, informiert ihn – erklärt ihm, was ihr vorhabt, warum ich das macht und wie es funktioniert… wenn er es kapiert, wird er es weiter erzählen…

• Kontaktiert mich (auf geteilt.de), falls ihr Fragen habt

• Denkt an all die Sachen, die ich jetzt vergessen hab ;-)

• Raucht nicht – ihr könntet sterben, bevor ihr fertig seid

• Widerlegt den Spruch „Optimisten sind in der Regel Zeitgenossen, die am ungenügendsten informiert sind“ – Optimismus bedeutet nicht unbedingt Sieg, aber wer nicht hofft/glaubt dass es klappen kann hat verloren…

• Deshalb das wichtigste: Gebt die Hoffnung NIEMALS auf!

• Schlaft gut ;-)

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Alb-Maulwurf

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