bru62 hat geschrieben:Das war vielleicht einer, aber nicht der entscheidende Grund für die Privatisierungsorgie des öffentlichen Eigentums. Dem liegt eine andere Erscheinung zugrunde, die (nicht nur marxistische) Ökonomen den "tendenziellen Fall der Profitrate" nennen. Daraus folgt, dass Anlagen in produktiven Sektoren nicht mehr ausreichend profitabel sind. Auf der Suche nach Anlageformen ist man im Zuge der neoliberalen Umgestaltung dazu gekommen, öffentliche Bereiche, deren Produkte immer konsumiert werden müssen, in private (d.h., Profit abwerfende) Unternehmen umzuwandeln. Passiert auch heute noch. Siehe Bahn oder die unsäglichen PPP-Modelle, oder wieder sehr aktuell: die Wohnungsverkäufe in Städten (z.B. Dresden).
wieder was gelernt, interessante these auch wenn ihr wie bei thesen ueblich mit einer anderen these widersprochen wird. dann sagen wir das eine war die ursache und das andere der auslöser.
bru62 hat geschrieben:Um auf deine These zurückzukommen: Der Ausbau der Autobahnen und Straßen im Osten hätte aufgrund der viel höheren Investitionen demnach eine Privatisierung noch viel eher verlangt. Aber das nur am Rande.
das war nicht meine these sondern eher der "offizielle" grund warum man 1994 mit der zweiten postreform telekom, post und postbank zu aktiengesellschaften gemacht hat.
bru62 hat geschrieben:Ich denke auch, dass kein Unternehmen ... Da kann es der Staat auch gleich selbst tun.
volle zustimmung
bru62 hat geschrieben:Eine Zerschlagung der Telekom werden wir wohl nicht so bald erleben. Dazu fehlt völlig das politische Umfeld. Einem solchen Ansatz nachzurennen (so nützlich es vielleicht wäre), halte ich für wenig sinnvoll. Aber das habe ich an anderem Ort schon öfter erklärt. Es schadet nichts, wenn wir es fordern. Wir sollten die Sinnhaftigkeit und den Unsinn der damaligen Privatisierung auch immer wieder herausstellen. Aber wir sollten auch akzeptieren, dass wir damit mittelfristig keinen Erfolg haben werden.
wie meinte schon Che Guevara: "
Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche"
vor vier jahren hat niemand auch nur ansatzweise ueber eine erweiterung des universaldienst nachgedacht oder gar davon gesprochen. die die es taten (wir) wurden dafuer teilweise aufs uebelste beschimpft oder ausgelacht. heute ist das thema, auch dank dir, in der politischen, medialen und öffentlichen wahrnehmung angekommen und dies ist nicht nur ein guter sondern auch ein zwingend erforderlicher erster schritt.
warten wir ab wie es sich in vier jahren beim thema netzausgliederung verhalten wird. klar, wenn man das ganze enteignung oder zerschlagung nennt dann besteht keine chance ernst genommen zu werden. fuer eine netzausgliedern im interesse aller (aktionäre, regierung, kunden, mitarbeiter, betroffenen, kommunen, wettbewerb, steuerzahler) mit verweis auf großbritannien und österreich lässt sich aber schon ganz anders werben. nur so wird man mehr wettbewerb bei weniger regulierung erreichen und nur so sind die herausforderungen von morgen (flächendeckend ftth) zu meistern.
wenn wir schon dabei sind, ich bin der meinung, dass wir mit unserer forderung nach einer breitband grundversorgung bereits viel erreicht haben aber auch auf der stelle tappen solange sich das netz nicht wieder in öffentlicher hand oder zumindest in einer eigenständigen gesellschaft befindet. das ist meiner meinung nach die zwingende voraussetzung da nur so ein schluessiges gesamtkonzept entsteht an dessen ende eine breitband grundversorgung steht. frueher oder später muessen wir uns in dieser frage positionieren und diese position entsprechend in unser gesamtkonzept einfließen lassen oder eben auch nicht. ich fuer meinen teil werde auch weiter inoffiziell also in diskussionen hier im forum dafuer werben und zwar jetzt und nicht erst dann wenn die theoretische chance zur umsetzung besteht.
das thema netzabspaltung ist in der öffentlichen wahrnehmung schlicht nicht vorhanden, weder politisch, noch medial und wer soll dies ändern wenn nicht wir?
fruli hat geschrieben:bzgl Österreich: wäre schön, wenn es da klappt mit der Netzauslagerung - nur sind auch dort nach dem, was man so hört, sieht und liest die Widerstände sehr groß
aber dort ist es in der öffentlichen diskussion und davon sind wir noch weit entfernt. hier scheint es in weiten kreisen ein tabu.
fruli hat geschrieben:Ich bin da skeptisch, ob es klappt. Selbst eine nur halbgare Auslagerung bei Verbleib des Eigentums der Netzgesellschaft beim Incubement nach dem Bsp. OpenReach in GB ist IMHO mit unserer Politikerkaste und dem Telekom-Führungspersonal auch auf mittlere Sicht kaum durchführbar.
ich bin da nicht nur skeptisch ob es klappt sondern sogar sicher, dass es (noch) nicht klappt aber es war in der diskussion und das ist bei solch heiklen dingen der wichtige erste schritt. zukuenftig wird man bei problemen und defiziten diese option dann immer und immer wieder zumindest in erwägung ziehen.
fruli hat geschrieben:Wenn man bei der Telekom die Regulierungsschraube anzieht, hat sie in der Vergangenheit sehr aggresiv reagiert ... dazu erpresst man mit angedrohtem generellem Arbeitsplatzabbau und der Bund kuscht.
das kann doch auch nicht ewig funktionieren.
fruli hat geschrieben:Zu den FTTH-Projekten/Initiativen vor Ort: damit kann man erstmal gut testen und ausloten, inwieweit sowas als von der "grass root"-Ebene her zu schultern ist. Wenn es klappt, dann sind solche Lösungen nicht schlecht und es entwickelt sich sicher dadurch ein Wettlauf um die FTTH-Realisierung zu den niedrigsten Einstandskosten.
dagegen spricht ja auch nichts und man kann ja gar nichts gegen diese projekte haben aber mit einer flächendeckenden ftth versorgung werden sie dennoch wenig zu tun haben. das kann meiner meinung nach nur ueber einen solidarischen bundesweiten ausbau funktionieren.
fruli hat geschrieben:Bzgl. 900€ Anschlussgebühr an FTTH in Oerel: wer ein Haus baut, zahlt bei der Telekom für den Anschluss an eine einzige Kupferdoppelader auch ab ca. 350€ aufwärts, selbst wenn nur ISDN funktioniert.
das ist richtig aber ich meinte nicht den fall, dass jemand neu baut sondern den fall, dass nicht alle haushalte aus welchen gruenden auch immer nicht gleich von anfang an dabei sein wollen oder können (vertragslaufzeit, kein bedarf usw). bei "Nachzügler können für 800 oder 900 Euro nachrüsten." entsteht schon ein gewisser zwang oder zumindest druck aber das sind nur details. insgesamt ist oerel natuerlich genial aber eben nicht ueberall machbar, schon gar nicht flächendeckend.
fruli hat geschrieben:Wenn denn mal FTTH-Bandbreiten absolut üblich sind und man damit Richtung Universaldienst steuert, müsste man sehen, wie man diesen sicherstellt - das kann auch mit solchem Wildwuchs geschehen.
daran will ich gar nicht denken
fruli hat geschrieben:das muss aber nicht zwingend alles unter dem Mantel einer bundesweiten Netzgesellschaft laufen - gerade auch, weil sich dort nur schwer verhindern liesse, dass die von der DTAG bekannte Bürokratie, fehlende Flexibilität und Ausrichtung des Geschäftsbetriebs an den Ballungsgebieten weiter vorherrscht - das Führungspersonal incl. mittlere Führungsebene, das Denken in diesen Bahnen gewöhnt ist, bliebe schliesslich weitgehend das gleiche.
da sind wir uns doch einig. auf die fragen wann man ausgliedern sollte, wie man ausgliedern sollte, welche teile man ausgliedern sollte, in was oder an wen man ausgliedern sollte gibt es sicher viele modelle und meinungen die aber erst sinn machen wenn man das ob geklärt hat.