neuer Antrag der Partei Die Linke im Bundestag

Die Linksfraktion hat gestern beschlossen, einen erneuten Antrag in den Bundestag einzubringen. Er wurde uns vorab vom Büro MdB Sabine Zimmermann zur Verfügung gestellt:
Der Antrag ist eingereicht und wird demnächst auch als Drucksache veröffentlicht.
Gruß
Digitale Kluft schließen, Zehntausende Arbeitsplätze schaffen!
Der Bundestag wolle beschließen:
I) Der deutsche Bundestag stellt fest:
In Zeiten der tiefsten Wirtschaftskrise lässt die Bundesregierung die Chance verstreichen, durch einen breit angelegten Ausbau von schnellen Breitband-Internet-Anschlüssen die digitale Kluft in Deutschland zu schließen und massiv Arbeitplätze zu schaffen. Dabei könnten durch eine großangelegte Breitband-Infrastrukturoffensive nicht nur unmittelbar neue Aufträge für die krisengeschüttelte Bauindustrie und viele neue Arbeitsplätze bei der Verlegung der Glasfaserkabel geschaffen werden. Auch die Breitbandnutzung selbst hätte positive Beschäftigungseffekte: In einer Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (2006) heißt es: „In den kommenden fünf Jahren lässt sich ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von 46 Milliarden Euro erzielen – vorausgesetzt, es werden jetzt die richtigen Schritte unternommen, um die Breitbandnutzung zu fördern (…) Bis 2010 können insgesamt 265.000 neue Arbeitsplätze entstehen.“
Die Bundesregierung verspricht seit Jahren, allen ländlichen Räumen Zugang zu schnellen Internetanschlüssen zu verschaffen. Im März 2008 sagte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hartmut Schauerte, zum Problem der mangelnden Breitbandversorgung: „Es wäre gelacht, wenn wir das Thema nicht (…) binnen zwölf Monaten im Wesentlichen gelöst haben“. Rund 14 Monate später ist das Problem noch nicht einmal ansatzweise gelöst.
Tatsächlich hat sich die „Breitbandkluft“ unter der jetzigen Bundesregierung noch verschärft: Während weiter Hunderttausende von Haushalten auf dem Land nicht einmal veraltete Übertragungsraten von 128 Kilobit pro Sekunde (kbit/s) nutzen können, werden die Internetanschlüsse in Ballungszentren immer schneller: Waren „herkömmliche“ DSL-Anschlüsse noch rund 15 bis 30 Mal schneller als die in ländlichen Räumen vorhandenen ISDN- oder Modem-Verbindungen, stehen in Großstädten heute oft Übertragungsraten von 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) zur Verfügung – diese Anschlüsse sind fast 800 Mal schneller als eine ISDN-Verbindung.
Die Maßnahmen der Bundesregierung zum Breitband-Ausbau in der Fläche waren und sind zaghaft und erfolglos:
• Das kürzlich aufgelegte Konjunkturpaket II – mit dem großspurig Investitionen in den Breitbandausbau angekündigt wurden – enthält keinen einzigen Euro, der speziell für neue Breitbandnetze vorgesehen ist.
• Die Hoffnung der Bundesregierung, mit einer Lockerung der Regulierung durch die Bundesnetzagentur könnten die Gewinne von Breitbandnetz-Betreibern gesteigert und Anreize zum Netz-Ausbau geschaffen werden, hat sich nicht erfüllt. Die Bundesnetzagentur hat stattdessen den Preis für die Nutzung des Telekom-Anschlussnetzes für Konkurrenten gesenkt. Die Deutsche Telekom AG befürchtet dadurch enorme Einnahmeausfälle und kündigte im Gegenzug an, weniger in den Breitbandausbau in der Fläche zu investieren als geplant.
• Der Breitbandatlas der Bundesregierung wurde wegen mangelnder Aussagekraft selbst von deren Sympathisantinnen und Sympathisanten verlacht.
• Die Vergabe von Fördergeldern war eine wirkungslose Strategie, die zudem schlecht umgesetzt wurde – von den rund 16,7 Millionen 2008 zur Verfügung gestellten Euro wurden weniger als 3,4 Prozent tatsächlich für den Breitbandausbau genutzt.
Mittlerweile verliert Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes weltweit den Anschluss: Das Wachstum auf dem DSL-Markt hat sich hierzulande im vergangenen Jahr spürbar verlangsamt. Legten sich 2006 und 2007 noch jeweils etwa 4,5 Millionen Haushalte erstmals einen Breitband-Anschluss per DSL oder Fernsehkabel zu, waren es 2008 nur noch 3,3 Millionen. Beim Anteil der Bevölkerung, der einen Breitbandanschluss nutzt, liegt Deutschland in der Europäischen Union (EU) nur auf Platz neun.
Während in Deutschland noch nicht einmal langsame Übertragungsraten von 128 kbit/s flächendeckend zur Verfügung stehen, arbeitet Südkorea mittlerweile an der vollständigen Versorgung mit fast 8000 Mal schnelleren Anschlüssen, die Übertragungsraten von einem Gigabit pro Sekunde bieten. In Australien will der Staat ein eigenes Glasfasernetz aufbauen und dafür umgerechnet 22 Milliarden Euro investieren.
So lange das deutsche Breitbandnetz kein staatliches Netz ist, muss dafür gesorgt werden, dass die privaten Netzbetreiber den flächendeckenden Ausbau aus Gewinnen in Ballungszentren finanzieren. Die Bundesregierung hätte hierzu schon längst auf europäischer Ebene für eine Ausweitung der Universaldienst-Regelungen auf Breitbandanschlüsse drängen und den gesetzlich festgeschriebenen Universaldienst in Deutschland, der bislang jedem Haushalt einen Telefonanschluss garantiert, auf schnelle Internetanschlüsse ausweiten müssen. In Frankreich und Großbritannien wird bereits eine entsprechende Lösung vorbereitet.
II) Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
ihr Versprechen, für flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen zu sorgen, endlich wahr zu machen. Das heißt:
• ihre konzeptionslose Breitbandstrategie komplett zu überarbeiten und effektive Investitionen in den flächendeckenden Glasfaser-Ausbau voranzutreiben – auch, um sofort konjunkturelle Impulse zu setzen und Arbeitsplätze neu zu schaffen;
• ihren Widerstand gegen die Ausweitung des Universaldienstes aufzugeben und Internetanschlüsse mit Übertragungsraten von zwei Megabit pro Sekunde für alle Haushalte in Deutschland gesetzlich zu garantieren.
Berlin, den 13. Mai 2009
Der Antrag ist eingereicht und wird demnächst auch als Drucksache veröffentlicht.
Gruß