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Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefragt.

Verfasst:
22.01.2012 14:39
von bru62
In einem Gastbeitrag für das
Informationsportal portel.de am 19.01.2012 beschäftigt sich der Chef der Unternehmensberatung STZ-Consulting Group, Dr. Jürgen Kaack mit dem Stand der Breitbandversorgung in Deutschland. Dabei stellt er zunächst richtig fest: "Entsprechend dem weiter steigenden Bandbreiten-Bedarf wird die Situation insbesondere in unterversorgten Gebieten im ländlichen Raum immer weniger akzeptabel. Während in den Ballungsgebieten in der Regel mehrere Netzbetreiber im Wettbewerb immer höhere Bandbreiten anbieten und auch in steigendem Maße Glasfaser-Hausanschlüsse gebaut werden, stagniert der Ausbau in vielen ländlichen Regionen selbst bei der Sicherstellung der Grundversorgung." Auch ist richtig, dass "Die Breitbandversorgung als ein Element der Daseins-Vorsorge erkannt und behandelt werden" sollte.
Allerdings muss seiner Auffassung, dass "heute schlecht versorgte Regionen die im Wettbewerb arbeitenden TK-Netzbetreiber in den meisten Fällen tatsächlich nicht wirtschaftlich ausbauen" können, widersprochen werden. Das Problem existiert doch nur, weil die Unternehmen im Wettbewerb stehen. Gäbe es eine Ausbauverpflichtung, sprich den Universaldienst, würde eine Mischkalkulation auch zu wirtschaftlichem Ausbau führen. Kaacks Schlussfolgerungen, was zu tun sei, sind es wert, hinterfragt zu werden. So wird es seiner Meinung nach nur "durch eigene Initiativen der betroffenen Kommunen und Kreise für den Aufbau passiver Infrastrukturen (Leerrohre als Kabelschutzrohre für Glasfaserleitungen) zwischen den Netzknoten und den einzelnen Hausanschlüssen eine Verbesserung der Versorgungssituation möglich sein." Es sollen also öffentliche Mittel bereitgestellt werden, damit das unternehmerische Risiko gesenkt wird. Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne nennt man das. Ob sich die klammen öffentlichen Haushalte eine solche Herangehensweise werden leisten können, darf wohl getrost bezweifelt werden. Besonders heute schon benachteiligte Regionen werden so noch weiter an den Rand gedrängt. Mit vorausschauender Politik hat das alles nichts zu tun. Dass solche Positionen trotzdem die Denkweise der an der Macht befindlichen Eliten widerspiegeln, wirft ein bezeichnendes Bild auf die realen Herrschaftsverhältnisse in unserem Land.
Gruß
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
22.01.2012 15:11
von Nenunikat
Bru62 zitiert Herrn Kaack hat geschrieben:...
Kaacks Schlussfolgerungen, was zu tun sei, sind es wert, hinterfragt zu werden. So wird es seiner Meinung nach nur "durch eigene Initiativen der betroffenen Kommunen und Kreise für den Aufbau passiver Infrastrukturen (Leerrohre als Kabelschutzrohre für Glasfaserleitungen) zwischen den Netzknoten und den einzelnen Hausanschlüssen eine Verbesserung der Versorgungssituation möglich sein."
Solche Schluusfolgerungen müssen allerdings hinterfragt werden. Denn wenn es nur an Leerrohren für Glasfaserkabel liegt, müsste es in den OPAL-Gebieten schon lange eine ordentliche Breitbandversorgung geben.
Bru62 zitiert Herrn Kaack hat geschrieben:...
Es sollen also öffentliche Mittel bereitgestellt werden, damit das unternehmerische Risiko gesenkt wird.
...
Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne nennt man das.
...
Wenn man sich nicht vorstellen kann (oder es vielleicht auch nur nicht offen zugeben will), dass der Markt nicht alle Probleme löst, dann geht man genau so vor.
Dann sind an Misserfolgen alle anderen schuld, aber nicht die Wirtschaftspolitik und nicht die Vorgehensweise im TK-Bereich usw. ...
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
23.01.2012 23:36
von bkt
Nenunikat hat geschrieben: Denn wenn es nur an Leerrohren für Glasfaserkabel liegt, müsste es in den OPAL-Gebieten schon lange eine ordentliche Breitbandversorgung geben.
Das wäre nur der Fall, wenn es eine unabdingbare Verpflichtung zur Mitnutzung für ALLE verfügbaren Leerrohre der Telekom gäbe.
Dem ist aber laut Aussage der BNEtzA nicht so, da sich die TELEKOM eine Grundkapazität von einem Rohr als Operative Reserve vorhalten darf. Diese sind für Defekt vorgesehen, deren Behebung z.B. durch aufwändige Fehlersuche auf der Trasse länger dauern könnte (etwa durch Fremdeinflüsse auftretende Zugbelastung gerissene Leitung oder Beschädigung in der Trasse durch Blitzeinschlag o.ä.). Damit ist sie in die Lage versetzt, einfach das Reserve-Leerrohr neu zu beschicken, die Kunden aufzulegen und dann in Ruhe den Fehler zu suchen. (Neutral betrachtet erstmal sinnvoll)
Da aber die meisten betroffenen Orte, wenn überhaupt, nur ein Leerrohr liegen haben, ist die Masse der TELEKOM-Trassen von der Auflage zur Überlassung ausgenommen.
Unter Netzmonopolsicht daher kontraproduktiv.
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
24.01.2012 13:49
von Nenunikat
@bkt
Mir ging es um etwas anderes:
Es ist nicht so, dass allein fehlende Leerrohre eine ordentliche Breitbandversorgung verhindern.
In den OPAL-Gebiet liegt die Glasfaser weitestgehend schon und müsste nur effektiver genutzt werden.
Da es sich mit einer abgeschriebenen OPAL-Technik aber besser Gewinn machen lässt, unterbleibt hier die bessere Versorgung und die OPAL-Technik (beispielsweise HYTAS) blockiert die Glasfasern, welche eine ordentliche Breitbandversorgung möglich machen würden.
Somit ist es falsch, wenn (laut Zitat) Herr Kaack sagt, dass eine Breitbandversorgung nur an den fehlenden Leerrohren scheitert.
Wo die notwendigen Glasfasern schon liegen, scheitert es eben an anderen Gründen...
(Immerhin sind immer noch nicht alle FTTC- und FTTB-Standorte der Telekom breitbandfähig gemacht worden.)
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
25.01.2012 11:29
von spokesman
die Vorstellungen von Heern Kaack sind leider nicht bis ans Ende gedacht. Es wird jedoch deutlich, dass eine Mischkalkulation nur aufgeht wenn man den Kreis groß genug um die unterversorgten Regionen zieht, legt man jetzt FTTH zu Grunde wird dies besonders deutlich. Gerade unter der Ausnutzung von Fördermitteln scheint man bisher eher einen umgekehrten Weg gegangen zu sein, man splittet Projekte (VG's/Einheitsgemeinden) lieber in einzelne Projekte um mehr Fördermittel abgreifen zu können, dies kann mal gut mal schlecht sein. Bru62 liegt schon richtig, ziehen wir den Kreis der Mischkalkulation von Frankreich nach Polen und von Österreich nach Dänemark, so wird zumindest mal keine Gemeinde vergessen.
Denkt man also wirklich über eine Daseinsvorsorge nach, also eine Infrastruktur die jedem Nutzen bringen soll, so muss sich auch jeder daran Beteiligen. Beteiligte sind in diesem Fall zunächst alle Unternehmen am Breitbandmarkt, egal ob Telekom, NetCologne oder DNS:Net, sollten diese Mittel am Ende wirklich nicht reichen, so muss eben der Versorgte Bürger mit seinem 1.000Mbit/s Anschluss durch HLKomm in Leipzig ebenso mit seinen Steuermitteln an die Kasse wie jemand aus dem hohen Havelland. Genau dieses Prinzip wurde schon oft eingesetzt und führt zur 100% Versorgung.
Bru62 hat weiter die Herrschaftsverhältnisse angesprochen, der Begriff mutet Mittelalterlich an scheint jedoch auch heute "state of the art" zu sein. Wir führen hier seit Jahren eine Sachdebatte zum Thema Universaldienst und wie man am besten Deutschland versorgt, wer was ist und wer wen kennt spielt bei unserer Debatte keine Rolle - im täglichen politischen Krieg unserer "Herrscher"/gewählten politischen Vertreter ist dies eben anders. Vllt. ruft bkt in den letzten Monaten auch aus diesem Grund immer mehr nach einer "Piratisierung" der pol. Landschaft - wenn die Piraten an dem eben genannten System etwas ändern bevor sie selbst dazu werden, wäre dies ein guter Weg. Wir jedenfalls werden 2013 sehen wer Wort hält und wer Begriffe wie "Herrschaftsverhältnisse" in die Richtung des Volkes aufweicht.
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
28.01.2012 18:46
von rr1
In anderen Ländern (England z.B.) ist es üblich, dass jeder Anbieter eine Abgabe zahlen muss um damit die ländlichen Gebiete zu versorgen. Das wäre auch in Deutschland möglich und sinnvoll. Es ist doch eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen, wenn in den Großstädten dieselbe Straße zum fünften mal aufgebaggert wird, nur damit jeder Breitbandanbieter sein eigenes Glasfaserkabel verlegen kann. Nur um damit die Gebühren an den Konkurrenten zu sparen, der bereits ein Kabel liegen hat.
Mit der obengenannten Abgabe, würden sich die Grundkosten jedes Anbieters verteuern und doppelte Kabelverlegungen würden unrentabler werden. Gleichzeitig ist die Versorgung der ländlichen Gebiete gesichert - ganz ohne die Staatskasse zu belasten.
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
28.01.2012 20:11
von spokesman
besser kann ich es auch nicht ausdrücken und gesetzliche Möglichkeiten zur Verpflichtung gibt es bereits - gut man müsste sie Updaten und wirklich zur Umsetzung bringen und genau hier liegt das Problem an dem wir uns die letzten Jahre schon die Zähne ausbeißen..
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
28.01.2012 21:17
von bkt
Wenn ihr nochmal die Stellungnahmen lest, die zum TKG eingereicht wurden, dann kann ich mich erinnern, dass wohl die Grünen in ihrer stehen haben, dass bei (ich sage jetzt mal "mutiger") sachgerechter Anwendung des bestehenden Universaldienstes durch die BNetzA schon jetzt eine Ausbauverpflichtung ableitbar wäre. Ist leider in der Gesamtdiskussion völlig untergegangen. Dazu müßte aber der (neue) Chef der BNetzA sich aber zu einer Grundversorgung auf zeitgemäßem Niveau bekennen.
Re: Kaack: "Eigeninitiative der Kommunen und Landkreise gefr

Verfasst:
29.01.2012 01:50
von spokesman
ja natürlich, den Weg hätte ich auch erst versucht - wenn das nichts hilft greift man eben zu Plan B oder C - leider sitzt hier der falsche am Drücker..